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© dpa/Annette Riedl

Update

Neues Gutachten soll Klarheit bringen: Berlin verschiebt Klima-Sondervermögen nach Urteil aus Karlsruhe

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse bremst Berlin bei den geplanten Klima-Milliarden. Schwarz-Rot will zunächst ein Rechtsgutachten einholen.

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Das von CDU und SPD initiierte Berliner Klima-Sondervermögen wird nicht wie geplant noch in diesem Jahr verabschiedet. Darauf hat sich die schwarz-rote Koalition verständigt.

Demnach plant der Senat, nach dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse zunächst ein Rechtsgutachten einzuholen. In diesem soll geklärt werden, inwiefern die Entscheidung der Karlsruher Richter auch das geplante Sondervermögen in Berlin betrifft. „Uns allen ist bewusst, dass es sich um ein Urteil von erheblicher Tragweite handelt“, sagte Finanzsenator Stefan Evers (CDU) am Mittwoch im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. Gleichzeitig liege es auf der Hand, dass die Auswirkungen „noch nicht umfassend erfasst“ seien.

Ursprünglich wollten CDU- und SPD-Fraktion das mit fünf Milliarden Euro ausgestattete Klima-Sondervermögen Ende dieses Jahres im Abgeordnetenhaus beschließen. Ein Gesetzentwurf des Senats liegt seit Juli vor. Aus dem Sondervermögen sollen unter anderem Maßnahmen zur Gebäudesanierung und zur klimaneutralen Transformation der Wirtschaft finanziert werden.

Giffey: Offene Fragen bis Februar 2024 klären

In der Koalition rechnet man durch die Beauftragung und Erstellung des Gutachtens mit einer Verzögerung von wenigen Monaten. Dabei gehe „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“, sagte Evers. Das Gutachten solle Parlament und Senat die Möglichkeit geben, das Gesetz auf „ein rechtssicheres Fundament“ zu stellen.

Die Errichtung eines Klima-Sondervermögens hält der Senat im Grundsatz weiterhin für möglich. Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) sagte dem Tagesspiegel: „Wir brauchen diese Investitionen in die Zukunft. Es führt kein Weg daran vorbei, erneuerbare Energien auszubauen, die Gebäude energieeffizient zu sanieren sowie den Verkehr und unsere Wirtschaft und Industrie klimafreundlich zu transformieren.“ Dies müsse „mit rechtssicheren Finanzierungsinstrumenten“ geschehen. Laut Giffey setze man alles daran, die offenen Fragen „bis Februar 2024“ zu klären.

Bundesverfassungsgericht kritisiert zeitlich unbegrenzte Kreditermächtigung

Das Bundesverfassungsgericht hatte am 15. November die Finanzierung des sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF) auf Bundesebene mit Blick auf die Schuldenbremse für verfassungswidrig erklärt. 2022 hatten SPD, Grüne und FDP Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in den Klima-Fonds übertragen.

Laut Bundesverfassungsgericht verstößt dies gleich gegen mehrere Verfassungsgebote. Unter anderem habe die Ampel unzureichend begründet, inwieweit die Kreditermächtigungen der Bekämpfung der Notlage – in dem Fall die Folgen der Pandemie – dienen. Zudem dürften die Kredite nicht einfach über mehrere Jahre gestreckt vergeben werden.

Insbesondere der zweite Aspekt dürfte nun auch die Koalition in Berlin beschäftigen. Die Kreditermächtigung aus dem geplanten Berliner Klima-Sondervermögen ist zeitlich nicht befristet. Im aktuellen Gesetzentwurf heißt es, dass die Ermächtigung erlischt, sobald die fünf Milliarden „vollständig ausgeschöpft“ sind. Dies hatte zuletzt auch der Berliner Rechnungshof kritisiert.

Doch auch die Begründung der Notlage, die zu einem Aussetzen der Schuldenbremse berechtigt, könnte angesichts des Karlsruher Urteils deutlich umfassender ausfallen. Zurzeit stützt sich der Senat auf zwei Notsituationen: der voranschreitende Klimawandel sowie der Energiepreisschock infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Beides wird im Gesetzentwurf derzeit relativ knapp auf drei Seiten aufgeführt. Fraglich ist zudem, ob die Erklärung der Notlage regelmäßig erneuert werden muss, um den Anforderungen der Schuldenbremse gerecht zu werden.

Trotz des Urteils aus Karlsruhe ist man sich in der Koalition sicher, dass das Berliner Klima-Sondervermögen rechtssicher ausgestaltet werden kann. Sowohl Finanzsenator Evers als auch Wirtschaftssenatorin Giffey betonten in den vergangenen Tagen, dass das Vorhaben nicht mit der Finanzierung des KTF zu vergleichen sei.

Insbesondere würden für das Berliner Gesetz keine Kreditermächtigungen genutzt, die eigentlich zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gedacht waren. Zudem widme die Koalition nicht einfach alte Kreditermächtigungen um, sondern schaffe neue. Auch dieses Vorgehen der Bundesregierung hatten die Karlsruher Richter in ihrem Urteil kritisiert.

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