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Blick auf einen fast fertigen, aber für ungültig erklärten Radweg in der Ollenhauerstraße im Bezirk Reinickendorf.

© picture alliance / Jörg Carstensen/Joerg Carstensen

Update

Streit um Radweg in Berlin: Umwelthilfe wirft Senat Missachtung des Gerichts vor

Die Berliner Justiz wartet auf eine Stellungnahme der Verkehrsverwaltung zum Radweg auf der Ollenhauerstraße. Senatorin Schreiner wusste wohl mehr, als sie zugeben mochte.

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Als der Radfahrstreifen in der Ollenhauerstraße praktisch fertig war, ließ Verkehrsstadträtin Julia Schrod-Thiel (CDU) ihn nicht eröffnen, sondern mit gelben Kreuzen überkleben. Das war Mitte Juni, zur Zeit des von der neuen Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) erlassenen Bau- und Planungsstopps für neue Radwege. Einen Monat und viele Proteste später stellte Schreiner am 17. Juli in einer Pressemitteilung die „zeitnahe Freigabe“ der Spur in Aussicht – einen Tag vor Ablauf einer Frist, bis zu der das Bezirksamt die Verwaltungsvorgänge offenlegen sollte, die die plötzliche Blockade des Projekts rechtfertigen oder eben als rein politisch motiviert entlarven könnten.

Diese Frist ergab sich nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe (DUH) aus dem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht. Der Verband wollte im Namen eines Mitglieds die Freigabe des über Jahre geplanten, etwa 280.000 Euro teuren Radfahrstreifens durchsetzen. „Solange der Radweg nicht für den Fahrradverkehr freigegeben ist, bleibt der Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Berlin bestehen“, erklärte die DUH damals.

Aus der „zeitnahen Freigabe“ wurde bislang nichts

Jetzt, nach weiteren sechs Wochen, ist der Radweg immer noch nicht freigegeben – und die DUH wirft dem Senat vor, Vorgaben der Justiz zu missachten. In einem Schreiben vom 25. August habe das Gericht bestätigt, dass es die Verkehrsverwaltung zur Abgabe einer geforderten Stellungnahme ermahnt habe. „Erst sorgt die Senatsverwaltung für Verkehr durch den absurden Radwegestopp für maximale Verwirrung und untergräbt dann die Aufklärung, indem sie gerichtliche Schreiben ignoriert“, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch am Dienstag.

Dreistes Behörden-Pingpong.

Jens Augner, Grünen-Bezirksverordneter von Reinickendorf

„Das Gericht hat an die ausstehende Stellungnahme erinnert“, bestätigte eine Gerichtssprecherin dem Tagesspiegel. Allerdings sei das Verfahren zunächst gegen das Bezirksamt gerichtet gewesen. Nachdem dieses auf die Zuständigkeit der Senatsverwaltung verwiesen habe, habe sich das Gericht dorthin gewandt. Nach Tagesspiegel-Informationen geschah das am 2. August mit einer Frist von zehn Tagen. Praktisch kann der zeitliche Ablauf geringfügig abweichen, aber abgelaufen ist die Frist inzwischen in jedem Fall.

Dem Tagesspiegel teilte die Verwaltung mit, die Stellungnahme sei „in Arbeit und geht dem Gericht kurzfristig zu“. Die Bearbeitung habe sich krankheitsbedingt verzögert. 

Der Reinickendorfer Grünen-Bezirksverordnete Jens Augner konnte nach eigenen Angaben am Dienstag die Akten zu dem gestoppten Radweg einsehen. „Die Initiative, den Radweg nicht freizugeben, ging von der Bezirksbürgermeisterin aus“, sagte er anschließend dem Tagesspiegel. Am 12. Juni habe Verkehrssenatorin Schreiner der Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner (CDU) per Mail mitgeteilt, dass es aus ihrer Sicht kein Problem sei, den Schwebezustand noch eine Weile zu belassen.

Das ist insofern brisant, als Schreiner bei einem Pressetermin am 21. Juni noch behauptete, nicht in die Entscheidung in Reinickendorf eingebunden gewesen zu sein: „Da kann ich im Moment gar keine Antwort zu geben. Ich kenne das Projekt gar nicht so genau“, sagte sie damals – neun Tage nach der Mail, über die Augner berichtet.

Die anschließende Kommunikation in der Verwaltung ist nach Auskunft des Bezirksverordneten nur lückenhaft zu rekonstruieren. Zurzeit laufe offenbar noch eine Anhörung zu den geplanten Änderungen, konkret zum nächtlichen Parken. „Dann stünde einer Eröffnung wohl nichts mehr im Wege“, sagt Augner. Er bezeichnet das bisherige wechselseitige Zuschieben der Verantwortung zwischen Bezirk und Senat als „dreistes Behörden-Pingpong“.

Wann der Radweg freigegeben wird? „Zeitnah“, erklärt der Senat – und verweist auf den Bezirk.

Auf Tagesspiegel-Anfrage erklärte die Senatsverwaltung am Mittwoch: „Es bleibt bei der bisherigen Planung.“ Gemeinsam mit dem Bezirk sei im Juli ein Konsens gefunden worden. Demnach könne „in Ruhezeiten neben dem Radstreifen geparkt werden“, was „ein guter Kompromiss für Radfahrer, Anlieger und Anwohner“ sei. Der Radweg an der Ollenhauerstraße werde „zeitnah freigegeben“, hieß es einmal mehr. Aber: „Die Freigabe liegt in den Händen des Bezirks. Über den genauen Freigabezeitpunkt kann das Bezirksamt Reinickendorf Auskunft erteilen.“ Eine Rückmeldung aus dem Rathaus stand bei Redaktionsschluss noch aus.

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