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Die Feuerwehr mit Blaulicht auf einem Weg zum Einsatz.

© IMAGO/Sabine Gudath

Exklusiv

Streit zwischen SPD und Grünen: Gesundheitssenatorin blockiert Rettungsdienst-Reform in Berlin

Die Reform von Innensenatorin Spranger (SPD) soll die Dauerkrise beim Rettungsdienst entschärfen. Doch die grüne Senatsgesundheitsverwaltung lehnt die Vorschläge ab.

Die Grünen blockieren eine von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) geplante Reform des Rettungsdienstes der Berliner Feuerwehr, mit der die Dauernotlage bekämpft werden soll. Die von Ulrike Gothe (Grüne) geführte Senatsgesundheitsverwaltung lehnt ein von Spranger vorgelegtes Reformpaket ab.

Damit kann der rot-grün-rote Senat am Dienstag Sprangers Entwurf zur Änderung des Rettungsdienstgesetzes nicht beschließen und in das Abgeordnetenhaus einbringen, um vor der Wahl im Februar das Ruder beim Rettungsdienst herumzureißen. Zuvor hatten die Grünen schon in der Koalition Reformversuche versanden lassen.

Beim Rettungsdienst ist nahezu täglich Ausnahmezustand, am Donnerstag sogar drei Mal. Dann sind zu wenige Rettungswagen frei und im Einsatz. Es fuhren auch schon Löschfahrzeuge Verletzte ins Krankenhaus, Rettungswagen mussten quer durch die Stadt. Die Gewerkschaften warnen davor, dass Menschen wegen der Krise der Retter sterben könnten.

Spranger will deshalb zwei Punkte ändern, um die Lage akut zu entschärfen: Bislang müssen gut ausgebildete Notfallsanitäter ans Steuer, um Notärzte zu fahren. Sie fehlen dann auf den Rettungswagen. Weil es zu wenige Notfallsanitäter gibt, sind von eigentlich 140 Rettungswagen teils nur 70 im Einsatz.

Spranger schlägt vor, dass die bisherige Vorschrift ausgesetzt werden kann: „Zur Bewältigung von besonderen Lagen“ – neben Großeinsätzen auch Personalmangel und Dauerauslastung – sollen geringer qualifizierte Rettungssanitäter für längstens sechs Monate Notärzte, Notfalltransporter oder Intensivtransportwagen fahren können.

Ungeklärte Hierarchie in der Feuerwehr-Chefetage

Eine Bedingung dafür betrifft auch das bislang ungeklärte Machtverhältnis zwischen Landesbranddirektor Karsten Homrighausen und dem Ärztlichen Leiter Stefan Poloczek. Auf die Ausnahmeregel für die Notarztautos soll Homrighausen „im Benehmen“ mit Poloczek zurückgreifen können.

Zudem soll im Gesetz klargestellt werden, wer der Chef der Berliner Feuerwehr ist: Die Gesamtverantwortung trägt der Landesbranddirektor, der wie Spranger eine Reform gefordert hat. Wenn die Versorgung der Bevölkerung gefährdet ist und es um die gesamte Feuerwehr geht, liegt die „finale Entscheidung“ bei Homrighausen.

Der Ärztliche Leiter, der bislang als unantastbar und Grünen-nah gilt, soll lediglich „in medizinischen Fragen nicht an Weisungen gebunden“ und gegenüber dem Personal weisungsbefugt sein, er muss sich aber mit dem Landesbranddirektor abstimmen. Mit der Klärung soll zugleich verhindert werden, dass es in der Chefetage zu Blockaden kommt.

Poloczek wird vorgeworfen, ernsthafte Schritte gegen den Dauerausnahmezustand torpediert zu haben. So war es bei dem Check von Einsatzcodes – wenn zu einfachen Bauchschmerzen oder Mückenstichen ein Rettungswagen geschickt wurde.

Doch die Gesundheitsverwaltung lehnt die Reform ab: Ausnahmen von der Pflicht zu Notfallsanitätern am Steuer will sie nur für nicht lebensbedrohliche und weniger dringliche Fälle zulassen. Selbst im Ausnahmezustand sollen rare Notfallsanitäter die Notärzte fahren.

Auch Poloczeks Macht wird gestützt. Obwohl die medizinische Versorgung durch die Lage beim Rettungsdienst längst massiv eingeschränkt ist, sieht Gesundheitsstaatssekretär Thomas Götz (Grüne) erst durch die Reform „eine Gefährdung der medizinischen Versorgungsqualität“.

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