zum Hauptinhalt
18.10.2022, Deutschland, NRW, Mülheim, Kunst, Kultur, Ausstellungen, Street Art, Graffiti, Banksy, Ausstellung öThe Mystery of Banksy - A Genius Mind mit Graffitis, Fotografien, Skulpturen, Videoinstallationen und Drucken. Banksy ist ein weltberühmter aber anonymer Künstler, ein Phantom und Mysterium. FOLLOW YOUR DREAMS, CANCELLED, Mülheim NRW Deutschland *** 18 10 2022, Germany, NRW, Mülheim, art, culture, exhibitions, street art, graffiti, Banksy, exhibition öThe Mystery of Banksy A Genius Mind with graffiti, photographs, sculptures, video installations and prints Banksy is a world famous but anonymous artist, a phantom and mystery FOLLOW YOUR DREAMS, CANCELLED, Mülheim NRW Germany Copyright: xRalfxIbing/SnowfieldxPhotographyx SF181022BanksyR86

© IMAGO/Ralf Ibing

Der Kulturbetrieb duckt sich beim Israel-Konflikt weg: Angst essen Worte auf

Durch die Absage von Vorträgen, Diskussionsrunden, ganzer Ausstellungen gibt der Kulturbetrieb sein Kostbarstes auf - die Offenheit und gegenseitige Neugierde.

Ein Kommentar von Nicola Kuhn

Ein Wort geht um im Kulturbetrieb: tönende Stille, dröhnendes Schweigen. Vermisst werden klare Positionierungen gegen den Terror der Hamas, eindeutige Solidaritätsbekundungen für Israel. Manche Institutionen tun sich schwer, andere platzieren auf ihren Websites gestanzte Stellungnahmen, in denen kaum mehr steht, als dass man sich den Statements des UN-Generalsekretärs oder DAAD anschließt. Die Unsicherheit ist mit Händen greifbar, niemand will das Falsche sagen.

Dabei müsste es gerade jetzt diejenigen zum Gespräch einladen, die professionell Worte abwägen, an den Hochschulen, Bildungswerken, Theatern und Museen, um die Sprachlosigkeit zu überwinden. Das Gegenteil ist der Fall.

So hat die Universität Münster den israelischen Historiker Moshe Zimmermann ausgeladen, der einen Vortrag halten sollte zum Thema „Aus dem Holocaust eine Tugend machen“. Aus Gründen der Sicherheit, wie es hieß, solle er nicht öffentlich stattfinden oder verschoben werden. Der Historiker hat nun selbst abgesagt.

Vergleichbares erlebte Meron Mendel, der Direktor der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, der nach seinem Einsatz auf der durch antisemitische Kunstwerke überschatteten Documenta 15 erneut gefragt ist. Ursprünglich zum Talk über die Beziehungen zwischen Juden und Muslimen eingeladen, wurde den Veranstaltern das Thema zu sensibel.

Ähnlich wie Zimmermann und Mendel hätten auch die Künstlerin Candice Breitz und der Historiker Michael Rothberg ihre Konferenz „We still have to talk“ bei der Bundeszentrale für politische Bildung gerne abgehalten. Auch sie wurden vom Gastgeber ausgebremst, dem das Gespräch über politische Gewalt, Antisemitismus, Rassismus und eine Einordnung des Holocaust zu heikel wurde.

Nicht nur das Gespräch wird gefürchtet, den Worten nicht mehr getraut. Auch die Kunst steht unter Verdacht. Kuratoren und Künstlerinnen, die sich durch Likes zu Pro-Hamas-Demos und hämische Kommentare zu Mordopfern diskreditieren, schüren ihn und zerstören eine Grundlage des Kulturbetriebs: die Offenheit, Neugierde auf den anderen. Schon hat das Frick Museum in Pittsburgh seine Ausstellung „Treasured Ornament“ zu zehn Jahrhunderten islamischer Kunst abgesagt, da sie missverstanden werden könne.

Der Kulturbetrieb knickt ein, wo er am meisten gebraucht wird: sei es aus Gründen der Sicherheit oder weil die Härte der Auseinandersetzung gefürchtet wird, das Aufeinanderprallen der verschiedenen Seiten, wenn sie es an Empathie für das Leid des anderen fehlen lassen. Dabei liefert der Kulturbetrieb den Ort, an dem Annäherungen möglich sind. Die letzte Documenta demonstrierte die Fragilität dieses Freiraums. Auch Ängstlichkeit gefährdet ihn.        

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false