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Der britische Premier Rishi Sunak (bei einer Wahlveranstaltung vor den Lokalwahlen.

© AFP/Frank Augstein

Britische Regierung fürchtet Denkzettel: Wirtschaftskrise beherrscht die Lokalwahlen

Die Abstimmung ist ein erster Stimmungstest für den neuen Premier Sunak. Aber Labour hat die Nase vorn.

Für die Kommunalwahlen an diesem Donnerstag sagen die Demoskopen den regierenden Konservativen bis zu 1000 Mandatsverluste voraus. Dementsprechend verzweifelt versuchen Tory-Sprecher, die Erwartungen für die Labour-Opposition ins Himmelhohe zu schrauben.

„Dann können sie hinterher behaupten: ‚Schaut hin, Labour steht gar nicht gut da´“, prophezeit Tony Travers, Politikprofessor an der Londoner School of Economics (LSE).

Seit vielen Jahrzehnten amüsiert er sich über die mehr oder weniger eleganten Versuche britischer Parteien, schon vorab ihre Wahlergebnisse schönzureden.

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Lokalwahlen läuteten einst Ende von Theresa May ein

In allen großen Gemeinden Englands bis auf London, nicht aber in Schottland oder Wales bewerben sich mehrere Zehntausend Männer und Frauen um das Recht, in den kommenden vier Jahren über Müllabfuhr, Gewerbegebiete und Straßenreparaturen mitzubestimmen.

Wie immer werden viele Wähler den Urnengang als Denkzettel für die Regierungspartei verwenden – oder als Abstimmung über ein nationales Thema, das die Debatte beherrscht.

Vor vier Jahren war dies der damals noch unvollendete Brexit; die schlechten Ergebnisse bei der Kommunal- und der anschließenden Europawahl läuteten das Ende von Premier Theresa Mays Amtszeit ein.

Unterhauswahlen sind 2024 dran

Diesmal steht für die meisten Engländer die schwierige Wirtschaftslage und der Verlust ihrer Kaufkraft im Vordergrund. Für ihren Nach-Nach-Nachfolger Rishi Sunak stellt die Wahl am Donnerstag den wichtigsten und womöglich letzten Stimmungstest dar, ehe er im kommenden Jahr – die Spekulationen konzentrieren sich auf den Herbst 2024 – zur Unterhauswahl rufen muss.

Der 42-jährige Regierungschef hat nach den Chaostagen unter Boris Johnson und Liz Truss manches Problem aus dem Weg geräumt und ein pragmatischeres Verhältnis zur EU auf den Weg gebracht.

Die Wirtschaft anzukurbeln und die Inflation zu senken sind zwei seiner Versprechen. Freilich liegt die Teuerungsrate noch immer bei 10,1 Prozent, die Wirtschaft wuchs zuletzt nur ganz knapp um 0,1 Prozent.

Ein Pub in Ayot St Lawrence wird als Wahllokal genutzt.
Ein Pub in Ayot St Lawrence wird als Wahllokal genutzt.

© REUTERS/PETER CZIBORRA

Trösten kann sich Sunak vor allem damit, dass Oppositionsführer Keir Starmer die Leute auch nicht gerade in Wallung bringt. „Das sind beides keine Politiker, die für Begeisterung sorgen“, hat LSE-Professorin Sara Hobolt den Umfragen entnommen.

40
Prozent würden Labour wählen laut Umfragen

Für den Premier und den 60jährigenLabour-Chef liegen die Zustimmungsraten jeweils unter 30 Prozent. Starmer hat immerhin den Vorteil, dass die Menschen seiner Partei den Vorzug geben: Labour lag zuletzt bei 40, die Konservativen bei 30 Prozent.

Für heftigen Streit sorgte vorab ein neues Gesetz, wonach die Bürger bei dieser Wahl zum ersten Mal außer ihrer Wahlkarte auch ein mit Foto versehenes Ausweispapier zeigen müssen. Da es auf der Insel bis heute keine Personalausweise gibt und immerhin 13,5 Prozent der Bevölkerung keinen Reisepass besitzen, witterte die Opposition, die Konservativen wollten die ärmeren Briten von der Wahl ausschließen.

Die Regierungspartei hingegen behauptet, man wolle dem angeblich weitverbreiteten Wahlbetrug beikommen. Warum aber ältere Menschen ab 60 Jahre den Ausweis des örtlichen Verkehrsbetriebs vorzeigen dürfen, Studierende hingegen nicht, blieb das Geheimnis der Parlamentarier. „Das ist eindeutig politisch begründet“, glaubt Andy Burnham, Labour-Bürgermeister von Manchester.

Die Krönungsferiern für König Charles III. an diesem Wochenende dürften die erst am Freitag erwarteten Ergebnisse rasch von der Tagesordnung verdrängen.

In Nordirland wurde die Wahl sogar kurzerhand um vierzehn Tage nach hinten geschoben: Wegen des dort geltenden Präferenzwahlsystems dauern Auszählungen dort oft mehrere Tage. Die Planer des festlichen Spektakels in der Westminster Abbey wollten vermeiden, dass Ergebnisse aus Antrim und Armagh den royalen Burgfrieden stören.

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