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Bundeskanzler Olaf Scholz gemeinsam mit Jens Stoltenberg, NATO-Generalsekretär im Bundeskanzleramt in Berlin.

© picture alliance/Jens Krick

Ehemalige Nato-Mitarbeiterin kritisiert Militärbündnis: „Brauchen Debatte über das grundsätzliche Verhältnis zu Russland“

Die ehemalige Nato-Mitarbeiterin fordert eine gezielte Eindämmung Putins. Ohne strategischen Plan sei Europa mittelfristig nicht in der Lage, sich selbst zu verteidigen.

Vor dem 75. Gründungstag der Nato hat die langjährige Bündnismitarbeiterin Stefanie Babst strategische und militärische Defizite der Allianz kritisiert. Gut zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs habe die Nato „keinen strategischen Plan“, sagt Babst der Nachrichtenagentur AFP.

„Wir brauchen eine Debatte über das grundsätzliche Verhältnis zu Russland, das über die eigene Abschreckung und Verteidigung hinausgeht“, sagt Babst, die bis 2020 in leitender Funktion im Nato-Generalsekretariat tätig war. Die Nato müsse überlegen, wie sie „den russischen Expansionismus in Europa wirkungsorientiert eindämmen“ könne.

Gegenüber der Ukraine bekunde das Bündnis zwar, „so lange wie nötig“ Unterstützung zu leisten. Was das konkret bedeute, werde aber „in keiner Weise ausbuchstabiert“.

Diskussion um Bodentruppen in der Ukraine

Nach Einschätzung der deutschen Politologin liegt das „vor allem am mangelnden Interesse in Washington und in Berlin“. Zu Beginn der russischen Invasion habe US-Präsident Joe Biden vorgegeben, die Nato dürfe nicht zur Kriegspartei werden und keine Soldaten in die Ukraine schicken.

Von 2006 bis 2020 war die Politologin Stefanie Babst die ranghöchste Deutsche im Nato-Generalsekretariat.

© imago/Jürgen Heinrich/imago/Jürgen Heinrich

„Diese Parameter nutzt Russlands Präsident seit mehr als zwei Jahren gnadenlos aus, denn er weiß, dass seine Truppen auf dem Schlachtfeld keinen anderen begegnen werden als denen der Ukraine“, sagt Babst. Das Mindeste sei, Putin im Unklaren über die Absichten und nächsten Schritte der Nato zu lassen.

Diese „strategische Ambiguität“ habe nun Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit der Bodentruppen-Diskussion ins Spiel gebracht. Die Debatte sei zwar stark verkürzt, Macrons Äußerungen bezeichnet Babst dennoch als „ein wichtiges strategisches Signal“.

Kritik an Bundeskanzler Scholz

In diesem Zusammenhang kritisierte sie Deutschland für eine „Eskalationsvermeidung mit Russland“. Berlin müsse die „Deeskalationsrhetorik beenden“, fordert die frühere Nato-Mitarbeiterin. „Bundeskanzler Olaf Scholz sollte zudem aufhören, Deutschland immer als Musterschüler darzustellen. Das kommt bei den Verbündeten nicht besonders gut an.“

Mit Blick auf die zunehmende China-Orientierung der USA und eine mögliche Wiederwahl von Ex-Präsident Donald Trump müsse zudem der europäische Pfeiler im Bündnis dringend gestärkt werden. Denn gegenwärtig und auch mittelfristig seien die Europäer nicht in der Lage, sich selbst zu verteidigen.

Auch Deutschland habe noch „einen ganzen Katalog von Dingen“ zu tun, sagt Babst. In die von Scholz ausgerufene „Zeitenwende“ müsse „viel mehr Dampf rein, viel mehr Energie“. (AFP)

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