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Die Abrams-Panzer sollen noch im September in der Ukraine eintreffen.

© AFP/JONATHAN NACKSTRAND

Eskalation im Ukraine-Konflikt?: USA wollen Uranmunition liefern – Russland spricht von „Unmenschlichkeit“

Washington will umstrittene Geschosse mit abgereichertem Uran liefern. Die Meinungen über das Risiko für die Bevölkerung gehen auseinander.

| Update:

Die USA wollen erstmals panzerbrechende Munition mit abgereichertem Uran (Depleted Uranium, DU) an die Ukraine liefern. Das gab das Pentagon am Mittwoch bei der Ankündigung eines neuen Rüstungspakets für die Ukraine im Umfang von 175 Millionen Dollar (rund 163 Millionen Euro) bekannt. 

Es ist nicht die erste Lieferung dieser umstrittenen Geschosse: Die britische Regierung hatte schon Ende April mitgeteilt, DU-Munition Anfang des Jahres geschickt zu haben.

Die Uranmunition kann von amerikanischen Abrams-Panzern abgefeuert werden, die wohl noch im September in der Ukraine eintreffen sollen. Washington hatte die Lieferung von 31 Abrams-Panzern Ende Januar zugesagt, bisher wurde aber noch kein einziger geliefert.

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Die Munition stammt aus Lagerbeständen. Solche Bestände kann US-Präsident Joe Biden in Notfällen auch ohne Zustimmung des US-Kongresses verschicken.

Großbritannien lieferte bereits

Mit der Bekanntgabe wächst aber auch die Sorge vor einer Eskalation: Schon nach der britischen Mitteilung im April hatte der russische Präsident Wladimir Putin damit gedroht, seine Streitkräfte ebenfalls mit solcher Munition zu beliefern.

Nun hat die russische Botschaft in Washington die Pläne der USA als „klares Zeichen der Unmenschlichkeit“ verurteilt. „Washington, das von der Idee besessen ist, Russland eine ‘strategische Niederlage’ zuzufügen, ist bereit, nicht nur bis zum letzten Ukrainer zu kämpfen“, erklärte die russische Botschaft am Mittwoch (Ortszeit) im Onlinedienst Telegram. Es sei auch bereit, künftige Generationen abzuschreiben.

Die USA lieferten „vorsätzlich Waffen mit willkürlicher Wirkung“, erklärte die Botschaft weiter. „Sie sind sich der Folgen voll bewusst: Die Explosion (...) führt zur Bildung einer sich bewegenden radioaktiven Wolke“.

Dies zeige, dass die USA „zutiefst gleichgültig“ gegenüber der Gegenwart und der Zukunft der Ukraine und ihrer europäischen Nachbarn seien, erklärte die Botschaft weiter und fügte hinzu, die russische Armee werde die an die Ukraine gelieferten Waffen weiterhin methodisch zerstören.

Abgereichertes Uran ist ein Abfallprodukt, das bei der Anreicherung von Uran für den Einsatz in Atomkraftwerken oder bei der Herstellung von Atomwaffen entsteht. Aufgrund seiner extremen Dichte können die Geschosse leicht Panzerungen durchschlagen.

Der russische Staatschef Putin drohte schon im April, seine Streitkräfte ebenfalls mit Uranmunition zu beliefern.

© AFP/Mikhail Klimentyev

Nicht verboten, aber umstritten

Die Verwendung von Uranmunition ist nach internationalem Recht nicht verboten. Der Einsatz ist aber umstritten, weil das Metall giftig ist und damit sowohl Soldaten als Menschen gefährdet, die im Kriegsgebiet leben. Abgereichertes Uran ist etwa 60 Prozent weniger radioaktiv als Uran im Naturzustand.

Die International Coalition to Ban Uranium Weapons warnt, die Aufnahme oder das Einatmen von abgereichertem Uranstaub sei gesundheitsgefährdend. Die Munition wird unter anderem mit Fehlgeburten und Krebs in Verbindung gebracht.

Die USA setzten Uranmunition in den beiden Irak- und in den Jugoslawien-Kriegen ein. Manchen Studien zufolge stieg anschließend die Zahl bestimmter Krebsraten in der Bevölkerung deutlich an.

IAEO sieht kein signifikantes Strahlenrisiko

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) wiederum erklärten mit Verweis auf Studien in Jugoslawien, Kuwait, Irak und Libanon, dass die Einsätze der Munition für die Bevölkerung kein signifikantes Strahlenrisiko darstelle.

Darauf verwies auch die Bundesregierung Mitte Mai in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion. Darin wies die Bundesregierung die russische Behauptung, dass die britische Lieferung von DU-Munition „eine ‚nukleare Komponente‘ besitze, „in aller Deutlichkeit“ zurück. Es sei keine signifikante Strahlenexposition der Bevölkerung zu erwarten, hieß es.

Immer wieder wird das Thema auch bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen debattiert, dann werden meist weitere Untersuchungen der Auswirkungen gefordert. Während die USA regelmäßig gegen Resolutionen stimmen, die zu einem zurückhaltenden Einsatz aufrufen, enthielt sich Berlin in den vergangenen Jahren.

Anfang Juli hatte die US-Regierung mitgeteilt, Streumunition an die Ukraine zu liefern. Auch hier gab es große Kritik an der Entscheidung, da diese Waffen eine große Gefahr für die Zivilbevölkerung darstellen.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters hat sich die Zahl der durch Streumunition getöteten oder verletzten Menschen im vergangenen Jahr auf mehr als 1000 verachtfacht. Das sei vor allem auf den Einsatz von Streumunition im Ukraine-Krieg, insbesondere durch Russland, zurückzuführen, erklärte die Cluster Munition Coalition in dieser Woche.

Gleichzeitig helfen zusätzliche Arten von Munition aber auch der Ukraine bei der Abwehr der russischen Aggression. Nach der Entscheidung Washingtons, Streumunition zu liefern, sagte Peter Schroeder, Russland-Experte beim Center for a New American Security in Washington, dies zeige, dass sich das Argument, diese Waffen würden der Ukraine auf dem Schlachtfeld helfen, durchgesetzt habe.

Die USA sind der wichtigste Unterstützer der Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland. Washington hat Kiew seit Kriegsbeginn schon mehr als 43 Milliarden Dollar an Militärhilfen zugesagt.

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