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Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping will sein Land zur Weltmacht machen.

© AFP/Florence Lo

Update

Neuer China-Kurs der G7: Peking spricht von einem „Angriff“ und der „Einmischung in innere Angelegenheiten“

Chinas Ambitionen als Großmacht werden immer stärker. Nun einigen sich die G7-Länder auf fünf Ansätze für eine neue Politik gegenüber der Volksrepublik.

| Update:

China hat den G7-Staaten verunglimpfende Angriffe und „Einmischung in innere Angelegenheiten“ vorgeworfen. In einer ungewöhnlich scharfen Reaktion auf den Gipfel der sieben großen demokratischen Industrienationen im japanischen Hiroshima sagte ein Außenamtssprecher am Samstag in Peking: „Die G7-Gruppe ignoriert die ernsten Bedenken Chinas und besteht darauf, Angelegenheiten im Zusammenhang mit China zu manipulieren, China zu verleumden und anzugreifen und sich grob in die inneren Angelegenheiten Chinas einzumischen.“

Die G7 singe das Lied einer friedlichen Welt, aber „unterdrückt die Entwicklung anderer Länder“ und beeinträchtige Frieden und regionale Stabilität. China äußere seine starke Unzufriedenheit und habe beim G7-Gastgeber Japan und den betreffenden Ländern protestiert.

Der Sprecher beschrieb die G7 als kleine Gruppe, die den „eigennützigen Interessen“ der USA diene. Zur G7 gehören neben den USA auch Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Kanada sowie die Europäische Union.

China eines der zentralen Themen des Gipfels

Zuvor hatten Diplomaten bei dem G7-Treffen im japanischen Hiroshima betont, dass es kein Anti-China-Gipfel werden solle. Und doch war die Volksrepublik neben Russland eines der zentralen Themen bei den Beratungen der sieben Staats- und Regierungschefs.

„Familienfoto“ der G7.
„Familienfoto“ der G7.

© AFP/JONATHAN ERNST

Am Samstagmorgen verabschiedete die Gruppe der großen demokratischen Industrieländer (G7) schließlich ein Positionspapier, das zu großen Teilen den künftigen Kurs gegenüber China absteckte.

„Es ist notwendig, mit China bei globalen Herausforderungen und in Bereichen gemeinsamer Interessen zu kooperieren“, heißt es in dem Kommuniqué. Die G7-Staaten verwiesen dabei auf Chinas „Rolle in der internationalen Gemeinschaft und die Größe seiner Wirtschaft“. Demnach streben sie ein „stabiles und konstruktives Verhältnis zu China“ an. 

Zugleich forderten sie Peking zur Zusammenarbeit bei Klimaschutz, Gesundheitspolitik, der Schuldenproblematik armer Länder und Wirtschaftsstabilität auf. „Unser Politikansatz ist es nicht, China zu schaden. Wir wollen Chinas wirtschaftlichen Fortschritt und die Entwicklung nicht behindern“, betonten die G7.

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Peking hatte bereits Tage vor Gipfel-Beginn prophylaktisch gekontert, tat die G7 als „kleine Clique“ ab und nannte sie „Marionetten“, die von den USA in eine Konfrontation mit China gesteuert würden.

Das Verhältnis der USA und Chinas ist derzeit auf einem Tiefpunkt. Und auch Japan, Kanada und die EU hadern mit Pekings zunehmend aggressiver und nationalistischer Politik, seinen Menschenrechtsverletzungen gegen Minderheiten wie die Uiguren und militärischen Drohungen gegen das demokratisch regierte Taiwan. Zudem hat Partei- und Staatschef Xi Jinping bis heute Russlands Angriffskrieg nicht verurteilt.

Auch zu diesem Thema positionierte sich die G7-Gruppe. Sie forderte China auf, Druck auf Russland auszuüben, um seine „militärische Aggression“ in der Ukraine umgehend zu beenden und seine Truppen zurückzuziehen. 

Wirtschaftsdiversifizierung

Während die USA unter US-Präsident Joe Biden wirtschaflich einen harten Kurs gegenüber China fahren, warnen andere G7-Mitglieder, allen voran Deutschland, davor, sich loszulösen. Stattdessen wollen sie eine Diversifizierung ihrer Industrien mit dem Ziel, die Abhängigkeit von der Volksrepublik abzubauen.

Die Welt kann sich nicht entkoppeln und braucht keine Risikominderung mit China als Ziel.

Wang Wenbin, Sprecher des chinesischen Außenministeriums

China hatte zuvor die Überlegungen der G7-Staaten, wegen wachsender Risiken ihre Abhängigkeit von der zweitgrößten Volkswirtschaft zu verringern, als unbegründet zurückgewiesen. „Die Welt kann sich nicht entkoppeln und braucht keine Risikominderung mit China als Ziel“, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Freitag in Peking.

Gipfel-Gastgeber Japan machte in der Vergangenheit jedoch ganz andere Erfahrungen: 2010 stoppte Peking in der Folge von Grenzstreitigkeiten abrupt den Export Seltener Erden nach Japan. Damals wurden 90 Prozent und heute immerhin noch 70 Prozent des weltweiten Bedarfs in China gefördert. Japans High-Tech-Sektor musste schlagartig Alternativen finden.

Sanktionen bei Militärhilfe

Die EU arbeitet derzeit an einem neuen Sanktionspaket, das den Verkauf von militärisch nutzbaren Gütern an Russland verhindern soll. Davon wären mit großer Wahrscheinlichkeit auch chinesische Firmen betroffen.

Neue Verbündete sollen künftig stärker eingebunden werden. Aus diesem Grund rücken sogar Südkorea und Japan nach jahrzehntelangen Spannungen wieder enger zusammen. Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen wird im Anschluss an G7 für einen EU-Korea-Gipfel nach Seoul reisen.

600
Milliarden Euro wollen die G7 in Infrastrukturprojekte in Asien und Afrika stecken.

Gemeinsam ist den G7 die Sorge wegen einer möglichen Eskalation des Konflikts um Taiwan, das China als abtrünniges Gebiet betrachtet und sich notfalls auch militärisch wieder einverleiben will. In ihrer Gipfel-Erklärung bekräftigten sie „die Wichtigkeit von Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan für Sicherheit und Wohlstand der internationalen Gemeinschaft“.

Der britische Premier schießt ein Selfie mit Kanadas Premier Trudeau, Bundeskanzler Scholz, EU-Ratschef Michel und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen.
Der britische Premier schießt ein Selfie mit Kanadas Premier Trudeau, Bundeskanzler Scholz, EU-Ratschef Michel und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen.

© REUTERS/MINISTRY OF FOREIGN AFFAIRS OF JAPAN

„Wir lehnen entschieden jeden einseitigen Versuch ab, den Status quo durch Gewalt und Zwang zu ändern“, heißt es in der Erklärung. Darin betonen die G7-Länder, dass es „keine Veränderung“ in ihrer Grundhaltung zu Taiwan gebe. Sie riefen „zu einer friedlichen Lösung“ von Konflikten zwischen Peking und Taipeh auf.

Überdies warnten die G7 vor „Militarisierungsaktivitäten“ in der asiatisch-pazifischen Region. Für Chinas Territorialansprüche im Südchinesischen Meer gebe es „keine rechtliche Grundlage“, heißt es im Positionspapier. Demnach seien die G7-Staaten „sehr besorgt“ über die aktuelle Lage in der Region.

Alternativen zur Seidenstraße

Im Juni 2022 stellten die G7 ihr Programm „Global Gateway“ vor: Bis 2027 sollen 600 Milliarden Euro in Infrastrukturprojekte in Asien und Afrika investiert werden. Ziel ist, Chinas „Neuer Seidenstraße“ etwas entgegenzusetzen. Mit diesem Förderprogramm baut die Volksrepublik seit 2013 interkontinentale Handels- und Infrastrukturen aus.

Die „Neue Seidenstraße“ sei für Schwellen- und Entwicklungsländer zunächst attraktiv gewesen, doch dann hätten diese EU-Kommissionschefin von der Leyen zufolge schlechte Erfahrungen mit chinesischen Geschäften gemacht.

Konkret geht es um wirtschaftliche Abhängigkeiten, die im Rahmen von Chinas Seidenstraßen-Projekt entstehen: Länder binden sich an die Volksrepublik mit großen Krediten, die sie teilweise nicht bedienen können – und dafür im Falle der Zahlungsunfähigkeit in Gegenleistung treten müssen. Zudem befürchten Kritiker, dass Peking diese Abhängigkeiten für politische Forderungen nutzen könnte.

Am Rande des Gipfels wollen die EU-Kommissionspräsidentin, Präsident Biden und Japans Premier Fumio Kishida deshalb neue Möglichkeiten für „Global Gateway“ ausloten. Dazu sagte von der Leyen: „Wir sollten Schwellenländern, die bereit sind, mit uns zusammenzuarbeiten, Partnerschaften anbieten, von denen beide Seite profitieren.“ (aktualisiert mit Agenturen)

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