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Ismail Hanijah (links), Chef der Hamas, geht mit Mohammed Al Emadi (r), dem Botschafter Katars für die Palästinensischen Autonomiegebiete, aus dem Haus.

© picture alliance/dpa/APA Images/Mahmoud Ajjour

„Kein Cent davon ist nach Gaza geflossen“: Hamas-Spitze soll mehr als 700 Millionen Dollar im Ausland bunkern

Die Führung der Terrororganisation um ihren Chef Hanijah hat für sich einem Bericht zufolge „ein goldenes Sicherheitsnetz“ aufgebaut. Auch deutsche Banken sollen in die Geschäfte involviert sein.

Immer wieder wird der palästinensischen Terrororganisation Hamas vorgeworfen, ihre Aktivitäten auch auf dem Rücken der Bevölkerung im Gazastreifen auszutragen, wo vor Kriegsbeginn rund zwei Millionen Menschen lebten.

Israel hat die Hamas bereits mehrfach beschuldigt, die Bevölkerung des Gazastreifens als „menschliche Schutzschilde“ zu benutzen. In einem von der Armee veröffentlichten Gespräch berichtet ein Palästinenser zudem von Schüssen auf Zivilisten, die flüchten wollten. Diese Angaben lassen sich unabhängig nicht überprüfen.

Fest steht aber auch, dass die Organisation neben ihren terroristischen Aktivitäten auch stark in der Zivilgesellschaft des Gazastreifens verankert ist. Die Hamas wird nicht nur von Israel, sondern auch von EU und USA als Terrororganisation eingestuft.

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Man müsse berücksichtigen, sagte der Terrorismusforscher Peter Neumann vom King’s College in London der Nachrichtenagentur dpa, „dass die Hamas eben nicht nur eine militärische oder eine terroristische Organisation ist, sondern ab den späten 1980ern, wo sie entstanden ist, eine umfassende soziale Bewegung aufgebaut hat, die über Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser verfügt.“

Sie haben ganz bewusst einen finanziellen Sicherheitsschirm aufgebaut, für den Tag, an dem Saudi-Arabien, Katar oder die Türkei ihre finanzielle Unterstützung für die Hamas einstellen.

Ein Experte für Geldwäsche

Nun skizziert ein Medienbericht ein weiteres Bild der Terrororganisation und deren Führung. Wie die „Welt am Sonntag“ (WamS) berichtet, residieren die Hamas-Bosse wie Ismail Hanijah (Bild oben), Khaled Maschal, Saleh al Arouri und andere in Luxushotels im Ausland.

Sie sollen demnach über Bankkonten auf der ganzen Welt verfügen, während die eigene Bevölkerung in dem abgeriegelten Gebiet unter den Konsequenzen des Hamas-Angriffs auf Israel leidet, dort sind Wasser, Benzin und Brot rationiert. In ihrer Not begannen die Menschen am Sonntag, UN-Hilfszentren zu plündern.

Wie die „WamS“ unter Berufung auf ihr nach eigenen Angaben vorliegende Dokumente sowie Informationen eines früheren Beamten des israelischen Geheimdienstes berichtet, sollen die Top-Leute der Hamas außerhalb des Gazastreifens ein Firmen- und Finanzimperium aufgebaut haben, dessen Wert rund 700 Millionen US-Dollar betragen soll.

Demnach umfasst das geheime Portfolio der Terrororganisation zwischen 30 und 40 Firmen, die vor allem im Bausektor und Immobiliengeschäft tätig sind. Diese von der Hamas kontrollierten Unternehmen säßen in der Türkei, Katar, Algerien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und im Sudan, heißt es in dem Bericht. „Das ist das goldene Sicherheitsnetz für die Führungsriege der Hamas und ihre Familien“, sagt der Finanzermittler. „Kein Cent davon ist in den Gazastreifen geflossen.“

Wie die Zeitung unter Berufung auf weitere Dokumente schreibt, soll die Hamas-Führung Zugriff auf Dutzende Konten bei türkischen Banken wie etwa der Türkiye Finans, Albaraka, Kuveyt Türk, Vakif Katilim und der staatseigenen Bank Ziraat Katilim, welche in Euro und US-Dollar geführt werden, haben.

Die Türkei unterstützt die Hamas

Als Korrespondenzbanken, die etwa Überweisungen nach Europa für die türkischen Filialen tätigen, werden demnach unter anderem die Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank in Düsseldorf, die Unicredit Bank in München, sowie die Frankfurter Filialen der Deutschen Bank, Commerzbank und Citibank Europe angegeben.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich in der vergangenen Tagen wiederholt auf die Seite der radikalislamischen Palästinenserorganisation gestellt. Hamas sei keine Terrorgruppe, sondern eine „Gruppe von Befreiern“, die ihr Land verteidigt. „Wir werden laut und deutlich bekräftigen, dass wir an der Seite des palästinensischen Volkes gegen die Verfolgung durch Israel stehen“, fügte Erdogan hinzu.

Wie die WamS weiter schreibt, habe die Hamas bereits vor rund zwei Jahrzehnten damit begonnen, Spendengelder in ausländische Firmen, statt in die zivile Infrastruktur des Gazastreifens zu investieren. „Sie haben ganz bewusst einen finanziellen Sicherheitsschirm aufgebaut, für den Tag, an dem Saudi-Arabien, Katar oder die Türkei ihre finanzielle Unterstützung für die Hamas einstellen“, sagt ein Geldwäsche-Experte.

Die Sperranlage um den Gazastreifen hat drei Übergänge: Erez im Norden, Kerem Schalom im Süden und Rafah in Richtung Ägypten.
Die Sperranlage um den Gazastreifen hat drei Übergänge: Erez im Norden, Kerem Schalom im Süden und Rafah in Richtung Ägypten.

© Grafik: Tsp/Bartel / Quelle: UN Ocha

Demnach begannen die Hamas-Bosse den Aufbau ihres geheimen Firmen-Portfolios zunächst in Saudi-Arabien. Doch als die Golf-Monarchie begann, gegen die Geschäfte der Hamas vorzugehen, verlegten sie ihr Finanzbüro in die Türkei.

Der Boss des Finanzapparats der Hamas soll dem Bericht zufolge Zaher Ali Moussa Jabarin sein. Jabarin war einer von mehr als 1000 verurteilten palästinensischen Terroristen, die Israel 2011 gegen den von der Hamas entführten Soldaten Gilad Shalit austauschte. Zusammen mit mehreren anderen freigelassenen Terroristen siedelte er später in die Türkei um.

Jabarin wohnt dort, pflegt aber häufige Besuche im Libanon, in Katar und im Iran. Er besitzt einen katarischen Pass und ist der Verbindungsmann der Hamas zum Iran. Jabarin hilft den Hamas-Oberen bei der Gründung von Unternehmen, der Beschaffung von Visa und dem Erwerb von Gewerbeimmobilien in der Türkei.

Die im Gazastreifen herrschende Hamas hatte am 7. Oktober einen Großangriff auf Israel gestartet und dabei etwa 1400 Menschen getötet. Israelischen Regierungsangaben zufolge handelte es sich überwiegend um Zivilisten, die erschossen, verstümmelt oder bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Zudem verschleppten die schwer bewaffneten Islamisten 229 Menschen als Geiseln.

Als Reaktion auf den Großangriff riegelte Israel den Gazastreifen ab und startete massive Luftangriffe auf mutmaßliche Hamas-Ziele. In der vergangenen Nacht weitete das israelische Militär seinen Bodeneinsatz aus. Seit Beginn des Kriegs wurden nach Angaben des von der Hamas geleiteten Gesundheitsministeriums inzwischen mehr als 8000 Menschen getötet. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. (lem)

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