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Laut einem Telegram-Kanal, der von Rechtsradikalen genutzt wird, zeigt das Bild Denis Kapustin in einem Schützengraben in der Ukraine.

© Telegram/Uncredited

Er will Putin stürzen: Jetzt spricht der deutsch-russische Neonazi, der nach Russland marschierte

Denis Kapustin ging von der Ukraine aus mit einer Gruppe bewaffneter Männer nach Russland und beunruhigte damit den Kreml. Nun hat sich der Rechtsextremist in einem Interview geäußert.

Die Berichterstattung zum Ukrainekrieg wurde in den vergangenen Tagen um eine absurde Geschichte reicher. Es geht um einen Mann, der in Berichten als Denis Kapustin oder Denis Nikitin bezeichnet wird und der in Moskau geboren, aber in Köln aufgewachsen ist. 

Kapustin war als führender Kopf in der neonazistischen Hooligan- und Kampfsportszene in Deutschland sowie der Ukraine aktiv. Weiterhin sei er in rechtsextreme Aktivitäten in mehreren europäischen Ländern involviert. Sein Ziel: ein christlich-orthodoxes, zaristisches Russland – allerdings ohne Putin an der Spitze.

Am vergangenen Donnerstag gingen Denis Kapustin und andere schwer bewaffnete Männer von der Ukraine aus nach Russland. In russischen Medien hieß es, die Männer hätten in zwei Dörfern Geiseln genommen und auf Menschen geschossen. Videos auf dem Telegram-Kanal des „Russischen Freiwilligenkorps“ legen nahe, dass es sich um die russischen Orte Liubechane und Sushany in der Region Brjansk nahe der ukrainischen Grenze handelte.

Die „Financial Times“ schreibt, dass russische Behörden von zwei toten Zivilisten und einem verletzten Kind gesprochen hätten. Gegenüber der Zeitung sagte Kapustin, es habe in einem der zwei Dörfer eine Schießerei gegeben, von Verletzten wisse er jedoch nichts.

Ein Nazi im Kampf gegen Putin

Nun mag man einen russischen Rechtsextremen eher auf der Seite der russischen Armee wähnen und nicht im Kampf gegen Putin. Hinsichtlich seiner Motivation, bewaffnet nach Russland zu marschieren, sagte Kapustin der „Financial Times“ jedoch:

„In der Hauptsache ging es darum, Russen daran zu erinnern, dass man nicht in Fesseln leben muss, während man den Krieg eines anderen erträgt und mitmacht und den Willen eines anderen befolgt. Man kann und muss zu den Waffen greifen. Wir werden jeden unterstützen, der diese Kreml-Usurpatoren von der Macht entfernen will.“

Erfolgreich war die Gruppe offensichtlich nicht. Nach Informationen der „Financial Times“ dauerte der Vorfall mit Denis Kapustins Männern nur wenige Stunden, bevor sie sich wieder zurückzogen. Dennoch war der Kreml alarmiert. Der „Financial Times“ zufolge habe Putin eine geplante Reise abgesagt und stattdessen seinen Sicherheitsrat einberufen. „Maßnahmen wurden ergriffen, um die Terroristen zu vernichten“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag in Moskau.

Die Aktion von Denis Kapustin spielt der russischen Propaganda in die Hände. Der Krieg in der Ukraine wird von Putin unter anderem damit begründet, die russischstämmigen Menschen vor einem angeblichen Nazi-Regime in Kiew schützen zu wollen. 

Hatten Kapustin und die anderen Männer bei ihrem Grenzübertritt Hilfe von der ukrainischen Regierung, die die Kämpfer als „russische Partisanen und antifaschistische Milizen“ bezeichnete? Ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj behauptete gegenüber „CNN“: „Die Ukraine greift nicht an“. 

Denis Kapustin behauptet aber, dass die Aktion von ukrainischer Seite genehmigt und mit dem ukrainischen Militär koordiniert worden sei. Andernfalls hätte sie gar nicht stattfinden können. „Wie hätte ich es dort sonst durch die Dunkelheit der Nacht schaffen sollen? Es gibt verminte Brücken, es gibt Kameras, wärmesuchende Drohnen, es gibt versteckte und offene Beobachtungspunkte.“

Wie die „Financial Times“ weiter berichtet, habe Putin seinen Sicherheitsrat am Freitag angewiesen, Sicherheitseinrichtungen besser vor „Terroristen“ zu schützen.

Russischer Geheimdienst bekauptet: Ukraine und Kapustin stecken hinter einem Anschlagsversuch

Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Montag berichtet, hat der russische Inlandsgeheimdienst FSB nach eigenen Angaben ein Attentat ukrainischer Kräfte auf einen regierungsnahen Oligarchen vereitelt. Dahinter würde Denis Kapustin im Auftrag ukrainischer Sicherheitskräfte stecken, behauptet der FSB.

Die Mordpläne hätten sich gegen Konstantin Malofejew gerichtet, teilte der Geheimdienst am Montag mit. Dem 48-Jährigen gehört unter anderem ein Investmentfonds und ein Fernsehsender, in dem der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützt wird.

Demnach hätten die Attentäter versucht, eine ferngesteuerte selbstgebaute Bombe am Fahrzeug des prominenten Nationalisten zu platzieren. Im TV-Sender Swesda wurde ein Video veröffentlicht, in dem sich ein Mann einem geparkten Auto nähert und unter die Karosserie greift. In einem zweiten Video ist ein Roboter zu sehen, der offenbar ein Objekt unter dem Fahrzeug entfernt.

Reuters konnte die Angaben nicht unabhängig überprüfen. Der FSB erklärte, ukrainische Sicherheitskräfte seien für den Mordversuch verantwortlich. Sie hätten dafür Denis Kapustin engagiert, der in der Ukraine lebt. Gegen Kapustin sei deshalb ein Strafverfahren eröffnet worden.

Kapustin leitete eine Anfrage von Reuters für eine Stellungnahme weiter an seine Vorgesetzten im „Russischen Freiwilligenkorps“, das aufseiten der Ukraine kämpft. Kapustins Kommandant erklärte, er habe zunächst nichts zu den aktuellen Vorwürfen zu sagen. Auch ukrainische Sicherheitsstellen nahmen zunächst nicht Stellung.

Oligarch Malofejew erklärte über Telegram, es gehe ihm gut, an seinen „patriotischen Positionen“ werde er festhalten. Vergangenes Jahr war die Tochter des prominenten nationalistischen Ideologen Alexander Dugin bei der Explosion einer Bombe an ihrem Fahrzeug in der Nähe von Moskau ums Leben gekommen.

Der FSB erklärte, das Vorgehen im aktuellen Fall weise Parallelen zum Tod von Darya Dugina auf. Die Ukraine hatte damals eine Beteiligung an der Tat bestritten. Bereits kurz nach dem Vorfall in den zwei russischen Dörfern stellte Putin in einer Reaktion eine Verbindung zum Tod von Dugina her. (mit Reuters)

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