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Igor Girkin ist ein scharfer Kritiker der russischen Kriegsführung in der Ukraine.

© Reuters/Maxim Shemetov

Update

Prominenter Putin-Kritiker: Ex-FSB-Offizier Girkin wegen Extremismusvorwurfs verhaftet

Girkin gilt als klarer Befürworter des Ukraine-Kriegs, griff Putin aber zuletzt wiederholt an. Die Festnahme erfolgte nun offenbar aufgrund der Klage eines früheren Wagner-Söldners.

| Update:

Der Ex-Geheimdienstoffizier und Ultranationalist Igor Girkin, bekannt unter dem Pseudonym Igor Strelkow, ist in Moskau festgenommen worden. Ihm werde Extremismus vorgeworfen, teilte seine Ehefrau Miroslawa Reginskaja am Freitag auf Girkins Telegram-Kanal mit. Beamte des Ermittlungskomitees hätten ihn abgeführt. Über seinen Aufenthaltsort sei ihr nichts bekannt.

Er arbeite daran, Zugang zu seinem Mandanten zu erhalten, teilte Girkins Anwalt Alexander Molochow der Nachrichtenagentur AFP mit.

Girkin leitete 2014 den Aufstand der vom Kreml gelenkten Separatisten im ukrainischen Donbass-Gebiet. Gegen ihn liegt ein internationaler Haftbefehl wegen seiner Beteiligung am Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 im Jahr 2014 über dem Donbass vor.

Girkin gilt zwar als klarer Befürworter des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, er kritisierte aber zunehmend scharf die Kriegsführung Russlands. So warf er der militärischen Führung in Moskau Inkompetenz und Korruption vor. Er forderte außerdem ein noch härteres und rücksichtsloseres Vorgehen in der Ukraine.

Girkin warf Putin Untätigkeit vor

Kritisierte er zunächst vor allem Generalstabschef Waleri Gerassimow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu, so richteten sich seine Vorwürfe zuletzt auch zunehmend gegen Präsident Wladimir Putin, dem er Untätigkeit vorwarf.

Am Dienstag hatte Girkin im Onlinedienst Telegram geschrieben, dass in Russland seit 23 Jahren ein „Versager“ an der Macht sei und dass das Land nicht „weitere sechs Jahre dieses Feiglings an der Macht“ ertragen werde. Den Namen Putins nannte er dabei nicht.

Nach Angaben des russischen Internetportals RBK wurde bei Girkin zudem eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Die Festnahme erfolgte demnach auf die Klage eines früheren Söldners der Privatarmee Wagner hin.

Wagner kämpfte in der Ukraine lange an der Seite regulärer Moskauer Truppen. Girkin trug seit Monaten einen scharfen Konflikt mit dem Chef der Wagner-Truppe, Jewgeni Prigoschin, aus. Nach der von Prigoschin geleiteten kurzzeitigen Revolte gegen die Militärführung warf er diesem Hochverrat vor.

Zwar hatte auch Kremlchef Putin am Tag des Aufstands und dem Marsch von Wagner-Truppen Richtung Moskau von „Verrat“ gesprochen, später sicherte er aber den Beteiligten nach Verhandlungen und dem von Prigoschin angekündigten Rückzug Straffreiheit zu.

Zuletzt wurde zudem bekannt, dass Putin Prigoschin und 35 hochrangige Offiziere der Wagner-Truppe noch nach dem Aufstand im Kreml empfangen hat. Viele Söldner sind inzwischen in Belarus, dessen Machthaber Alexander Lukaschenko sich während der Revolte als Vermittler eingeschaltet hatte. Girkin hatte dies als Fahnenflucht kritisiert.

Lange hatte Moskau Kritiker – wie auch Wagner-Gründer Prigoschin – gewähren lassen. Seit dem erfolglosen Aufstand der Söldner hatten Experten erwartet, dass härter gegen Kritiker in der Szene der russischen Militärblogger, zu denen man auch Girkin zählen kann, vorgegangen wird. Zuletzt hatte Girkin behauptet, Behörden hätten versucht, einen Auftritt in St. Petersburg zu unterbinden. (dpa, Tsp)

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