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Spaniens Premier Pedro Sánchez erzwang die Einigung.

© AFP/JOHN THYS

Friedenskonferenz für Nahost: Spanien erzwingt den eigentlichen Durchbruch beim EU-Gipfel

Premier Sánchez hat den EU-Gipfel lange blockiert. Dabei ging es nicht um Feuerpause(n). Er will Madrid erneut zum Startpunkt einer diplomatischen Zeitenwende für den Nahen Osten machen.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

| Update:

Ungewöhnliches ist in der Gipfelnacht in Brüssel geschehen. Das entscheidende Neue ist der Ruf nach einer Friedenskonferenz. Und nicht die angebliche Einigung der EU im tagelangen Streit, ob sie eine „Waffenruhe“ in Gaza oder „humanitäre Fenster“ und Korridore für Hilfslieferungen fordern soll. Oder ob die Wortwahl auf „Feuerpause(n)“ im Singular oder im Plural fällt.

Diesen Streit haben die Gipfelteilnehmer durch einen oberflächlichen Kompromiss übertüncht. Sie fordern nun „Feuerpausen“ und Korridore. Und meinen weiter Gegensätzliches.

Die einen beharren auf einem Ende der israelischen Angriffe, die anderen auf Israels Selbstverteidigungsrecht. An der Lage in Gaza ändert sich dadurch gar nichts. Eine gespaltene EU hat dort keinen Einfluss.

Spanien blockierte – mit Erfolg

Neu ist dagegen die Forderung nach einer Friedenskonferenz für Palästina. Und ungewöhnlich ist die Methode, mit der Spanien sie durchgesetzt hat.

Madrid hat derzeit die Ratspräsidentschaft der EU inne. Normalerweise lautet die Aufgabe des Vorsitzes, eine moderierende Rolle zu spielen und eigene Ziele hintanzustellen.

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez tat, soweit man hört, das Gegenteil. Er blockierte die Einigung lange und beharrte immer noch auf dem Wort „Feuerpause“ im Singular, als andere, die ebenfalls Israels Militäraktionen stoppen wollen, bereit waren, „Feuerpausen“ zu akzeptieren.

Dieses Vorgehen kritisieren manche als Blockade. Andere loben es als Standhaftigkeit. So erreichte Spanien, dass die Forderung nach einer Friedenskonferenz in das Dokument kam.

Madrid 1991 führte zum Frieden Israel-Jordanien

Da werden sofort Assoziationen wach. Wo fanden die letzten großen Nahost-Friedenskonferenzen in Europa statt? In Madrid 1991 und in Oslo 1993 und 1995. In dieser Ära schlossen Israel und Jordanien 1994 Frieden. Es wäre nur logisch, wenn Spanien anbietet, Gastgeber der Friedenskonferenz zu sein: ein „Madrid II“.

Eine Friedenslösung für den Nahen Osten? Das mag angesichts der mörderischen Auseinandersetzung dieser Tage ziemlich fern von der Realität liegen.

Und leider stimmt auch: Die Chancen stehen heute viel schlechter als vor drei Jahrzehnten. Wer kann für die Palästinenser sprechen? Ihr Lager ist erbittert gespalten in die Hamas im Gazastreifen und die Fatah im Westjordanland.

Israel hat mit seiner Siedlungspolitik die Einigungsmöglichkeiten erschwert. Insgesamt hat sich das Machtspektrum in Israel nach rechts verschoben. Das Lager der Friedenswilligen ist heute kleiner als damals.

Dennoch: Irgendwann wird auch dieser fünfte Gaza-Krieg enden. Dann muss die Diplomatie nach Lösungsmöglichkeiten suchen, den Kreislauf des Tötens zu durchbrechen – ehe ein sechster Gaza-Krieg folgt. Die Forderung der EU nach einer Friedenskonferenz ist deshalb ungleich wichtiger als die Einigung des Gipfels auf das Wort „Feuerpausen“.

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