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Netanjahu besuchte den Tatort und hat das Sicherheitskabinett einberufen.

© Reuters/Ronen Zvulun

Synagogen-Anschlag in Jerusalem: Benjamin Netanjahus Regierung steht vor der ersten Bewährungsprobe

Israel wird immer wieder von Attentaten erschüttert. Doch der Angriff am Holocaust-Gedenktag ist ein besonders schrecklicher. Für Israels neue Regierung ein Härtetest.

Ein Kommentar von Christian Böhme

Israel ist leidgeprüft. Seit Jahrzehnten gibt es Anschläge, töten Terroristen Menschen. Doch der Angriff am Freitag auf Gläubige vor einer Synagoge in Ost-Jerusalem ist einer, der besonders fassungslos macht. Und das in vielerlei Hinsicht.

Zum einen schoss der mutmaßliche Täter, ein 21-jähriger Palästinenser, auf Menschen, die am Schabbat-Abend vom Gebet kamen. Er tat dies zum anderen ausgerechnet am Holocaust-Gedenktag. Es war also eine Attacke, die ganz klar Jüdinnen und Juden zum Ziel hatte. Allein das zeigt, wie tief der Hass auf Israel reichen und Zorn das Handeln bestimmen kann.

Nun wird es mit Verweis auf die in weiter Ferne liegende Zweistaatenlösung vermutlich wieder heißen: Israel sei auch selbst schuld daran, wenn er immer wieder zum Ziel von Anschlägen wird. Würden die Palästinenser nicht unterdrückt, sondern hätten einen eigenen Staat, gebe es keine derartige Gewalt.

Eine Endlosschleife aus Zuschlagen und Zurückschlagen

Aber mit diesem Hinweis sollte – so berechtigt er sein mag – beim besten Willen nicht gerechtfertigt werden, dass ein junger Mann als „Vergeltung“ für einen Einsatz des israelischen Militärs im besetzten Westjordanland mit mehreren Toten zum vielfachen Mörder wird. Denn was wird jetzt folgen?

Die Endlosschleife aus Zuschlagen und Zurückschlagen bekommt eine weitere Drehung. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kann und wird den Anschlag nicht unbeantwortet lassen. Er würde auch handeln, wenn keine rechten Hardliner mit am Kabinettstisch säßen.

Allerdings wird sich zeigen, wer in der neuen Regierungskonstellation das Sagen hat: Netanjahu, der in der Vergangenheit auf derartige Situationen mit Bedacht reagierte. Oder jene extremistischen Kräfte, die ihrem Hass auf Araber freien Lauf lassen möchten.

Für Netanjahu ist das sogar eine Chance, womöglich bei seinen Kritikern im eigenen Land und jenen außerhalb Israels zu punkten. Und zwar, indem er bei den „Strafmaßnahmen“ maßhaltend vorgeht, sofern das in der aufgeheizten Lage möglich ist. Das würde ihn von den Hamas-Islamisten unterscheiden, die ihr ständiges Aufstacheln zu Gewalt mit den angeblichen Interessen der Palästinenser bemänteln, obwohl den Terroristen das Wohl ihres Volkes herzlich egal ist.

Am Montag wird US-Außenminister Antony Blinken in Israel erwartet. Es ist der Tag, an dem für Netanjahus Regierung der erste Härtetest so richtig beginnt. Ob sie ihn besteht, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten erweisen.

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