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Rauch steigt aus brennenden Gebäuden in einer Luftaufnahme von Bachmut auf.

© dpa/Libkos

Ukraine-Invasion Tag 400: „Für russische Truppen ist Bachmut ein Schlachthaus“ 

Löcher im russischen Haushalt, US-Reporter im Ural festgenommen, Kreml will USA weiter über Raketentests informieren. Der Überblick am Abend.

Die Lage im umkämpften Bachmut bleibt unübersichtlich. Noch immer machen Wagner-Söldner mit Unterstützung von Einheiten der regulären russischen Armee Fortschritte im Stadtzentrum. An den Rändern der Stadt dagegen scheint die Offensive gestoppt. Ukrainische Militärs geben sich deshalb zunehmend davon überzeugt, dass sie dem Angriff auf die Stadt standhalten und die russischen Truppen sogar zurückdrängen können. 

So berichtet die „New-York-Times“ Reporterin Carlotta Gal nach einem Besuch bei der ukrainischen „Adam“-Einheit, die für Bachmut zuständig ist, von verhaltenem Optimismus (Quelle hier). Einer der Kommandeure sagte ihr: „Der Feind hat alle seine Reserven aufgebraucht.“ Die Angriffe würden in der Zahl abnehmen, eine Einkreisung der Stadt sei vorerst abgewendet. Bis vor Kurzem hätten die Russen an allen Frontabschnitten der Stadt gleichzeitig in Gruppen von mindestens 20 bis 40 Soldaten angreifen können. Da sei jetzt nicht mehr der Fall. 

Seine Aussagen decken sich mit denen von ukrainischen Top-Militärs zu Bachmut aus den vergangenen Tagen. Bemerkenswert: Der Kommandeur der „Adam“-Einheit sieht im Kampf um Bachmut gar einen möglichen Wendepunkt des Krieges, eine Vorbereitung für den „Knockout-Schlag“ gegen die russischen Angreifer. „Wir halten den Feind hier noch eine Weile auf und lassen die frischen Truppen sie dann zurückdrängen.“

Seine Sicht auf die Kämpfe in Bachmut erklärte schon am Dienstag der Chef des US-Generalstabs Mark Milley bei einer Anhörung im US-Senat. Da sagte er: „Die Russen tun sich allgemein sehr schwer, und sie kämpfen mit einer Reihe von Herausforderungen, mit der Kommunikation unter den Einheiten, mit der Logistik, mit ganz banalen militärisch-strategischen Fragen.“

Und weiter: „Die Kräfte, die dort zum Einsatz kommen, sind nicht ausreichend trainiert, sie rennen einfach frontal auf die ukrainischen Stellungen zu und werden abgeschlachtet, für sie ist es ein Schlachthaus.“ Die Ukrainer würden an der gesamten Frontlinie extrem gut verteidigen. 

Fakt ist aber auch, wie mehrere hochrangige Soldaten der „NYT“-Reporterin Gal nahe Bachmut bestätigten, dass die ukrainischen Verluste auch unter den Eliteeinheiten im Kampf um die Stadt beträchtlich sind. Selbst wenn am Ende die Ukraine die Stadt halten sollte und sie ein Baustein einer erfolgreichen Frühjahrsoffensive der Ukrainer wird: Der Preis war hoch.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Russisches Gericht erlässt Haftbefehl gegen US-Reporter Evan Gershkovich. Der Kreml behauptet, der Journalist des „Wall Street Journal“ sei auf „frischer Tat“ bei der Spionage ertappt worden. Gershkovich wurde am Donnerstag im Ural verhaftet. Die russische Opposition sprach von einer „Geiselnahme“. Mehr hier.
  • Der ukrainische Präsident spricht in einem Interview erstmals über die politischen Motive hinter der blutigen Verteidigung von Bachmut. Auch den Rückhalt im Westen sieht er in Gefahr. Mehr hier.
  • Vier Angestellte der Gazprombank Schweiz sind im Zusammenhang mit Millionenbeträgen eines prominenten Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin verurteilt worden. Das Bezirksgericht Zürich verhängte gegen den früheren Chef der Bank und drei Mitarbeiter Geldstrafen auf Bewährung wegen der Verletzung von Sorgfaltspflichten. Das Urteil, das am Donnerstag verkündet wurde, ist noch nicht rechtskräftig. Mehr in unserem Liveblog.
  • Russland will trotz seiner Aussetzung des Atomwaffenabkommens New Start die USA weiterhin über Raketentests informieren. Daran werde gemäß einer Vereinbarung von 1988 festgehalten, sagt Vize-Außenminister Sergej Rjabkow. Präsident Wladimir Putin hatte die Aussetzung des zentralen Atomwaffen-Kontrollprogramms im Februar angekündigt.
  • Die russische Führung spricht nach Angaben aus Moskau weiterhin mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA über deren Vorschlag für eine Sicherheitszone um das ukrainische AKW Saporischschja. Die Idee werde „weiterentwickelt“, sagt Vize-Außenminister Sergej Rjabkow laut der russischen Nachrichtenagentur RIA. 
  • Ein Jahr nach der Rückeroberung der ukrainischen Städte Butscha und Irpin bei Kiew hat Präsident Wolodymyr Selenskyj an die Schrecken des Kriegs erinnert. „Im 21. Jahrhundert unvorstellbare Ereignisse sind in den Satellitenstädten Kiews – Butscha und Irpin – Wirklichkeit geworden. Russische Truppen marschierten aus dem Norden auf die ukrainische Hauptstadt zu und brachten Tod und Zerstörung“, heißt es in einem englischen Beitrag Selenskyjs im Messaging-Dienst Telegram am Donnerstag.
  • Das chinesische Militär ist dazu bereit, mit Russlands Militär zusammenzuarbeiten. So solle die strategische Kommunikation und Koordination gestärkt werden, erklärt das Verteidigungsministerium in Peking. Die beiden Länder würden bei der Umsetzung globaler Sicherheitsinitiativen zusammenarbeiten.
  • Die deutschen Gasspeicher sind weiterhin zu knapp zwei Dritteln gefüllt. Am Mittwochmorgen lag der Gesamtfüllstand bei 64,2 Prozent. Das waren 0,2 Prozentpunkte weniger als am Vortag. Der bislang geringste Füllstand des laufenden Jahres war am 17. März mit 63,67 Prozent verzeichnet worden. Ein Jahr zuvor, am 17. März 2022, waren die deutschen Speicher nur zu 24,56 Prozent gefüllt gewesen. 
  • Eine geplante Rekrutierungskampagne in Russland von Freiwilligen für den Krieg gegen die Ukraine ist nach britischer Einschätzung nur ein Deckmantel für neue Zwangseinziehungen. „Es besteht die realistische Möglichkeit, dass diese Unterscheidung in der Praxis verwischt und dass regionale Behörden versuchen werden, die ihnen zugewiesenen Einstellungsziele zu erreichen, indem sie Männer zum Beitritt zwingen“, teilte das Verteidigungsministerium in London am Donnerstag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Russischen Medien zufolge sollen 400.000 Freiwillige angeworben werden. Mehr dazu hier.

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