zum Hauptinhalt
Eine Antenne des satellitengestützten Breitbandsystems Starlink, das vom US-Tech-Milliardär Elon Musk in Izyum in der Region Charkiw gestiftet wurde.

© AFP/Yasuyoshi Chiba

Ukraine-Invasion Tag 820: Russland stört bei neuem Vorstoß zunehmend Starlink

Scholz erneuert Absage an Taurus-Lieferung, Putin erwägt Waffenruhe. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Für die ukrainischen Soldaten ist das Satellitennetzwerk Starlink von großer Bedeutung. Sie nutzen es zur Kommunikation und zur Infomationsbeschaffung, aber auch, um internetfähige Drohnen zu steuern. Immer wieder gab es in der Vergangenheit Berichte über Probleme mit dem Netzwerk.

Nun soll es einem Bericht der „New York Times“ zufolge bei der russischen Offensive in der Region Charkiw in diesem Monat zu einer großflächigen Störung gekommen sein, mutmaßlich durch russische Einmischung. Das US-Medium hat mit ukrainischen Soldaten und Beamten gesprochen. Ihnen zufolge soll Russland elektronische Waffen und ausgefeilte Geräte einsetzen, um Starlink zu beeinträchtigen. Jede Störung in kritischen Momenten benachteilige die bereits überlastete ukrainische Armee noch weiter.

„Wir verlieren den Kampf um die elektronische Kriegsführung“, sagt einer, der auf das Rufzeichen Ajax hört und stellvertretender Kommandeur ist. „Einen Tag vor den Angriffen wurde es einfach abgeschaltet.“

Ein Soldat mit dem Rufzeichen Kartel erzählt, dass er während der ersten Panzerangriffe der russischen Offensive in diesem Monat ohne Essen und Schlafsack in einer Garage war. Sein Team habe begonnen, Drohnenangriffe zu starten, sei durch Verbindungsprobleme mit Starlink aber behindert worden. Die Kommunikation sei so langsam gewesen, dass die Soldaten über Chat-Apps Nachrichten hätten kommunizieren müssen. „In den ersten Stunden war die Frontlinie sehr dynamisch. Der Feind war in Bewegung. Und wir waren auch in Bewegung“, sagte er. „Wir mussten schnell kommunizieren.“

Für Ajax weckt der Verlust des Starlink-Dienstes schlimme Erinnerungen. Als er 2022 nahe der russischen Grenze kämpfte, war seine Einheit zeitweise von Starlink abgeschnitten, was die Videoübertragungen von Drohnen unterbrach, die zur Fernzielerfassung von Artillerie verwendet wurden. Stattdessen setzte die Einheit Soldaten ein, um verdeckt feindliche Stellungen zu beobachten und Angriffe zu leiten. „Es war die alte Art mit Funkgeräten“, sagt er. „Wir mussten sagen: ‚Geh 30 Meter nach links.‘ Es war total seltsam.“ 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Kremlchef Wladimir Putin erwägt anscheinend eine Waffenruhe im Krieg in der Ukraine. Drei Insider bestätigten der Nachrichtenagentur Reuters, dass Putin entsprechende Äußerungen gegenüber Beratern gemacht habe. Demnach zeigte er sich frustriert über nach seiner Ansicht vom Westen unterstützte Versuche, Verhandlungen zu verhindern.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat seine Absage an eine Lieferung der Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine erneuert. „Wir werden verhindern, dass es zu einer Eskalation zwischen Russland und der Nato kommt“, sagte Scholz bei einer Bürgerdialog-Veranstaltung zum 75. Jahrestag der Grundgesetz-Verkündung in Berlin. Deutschland habe bei den Waffenlieferungen „bis zur Grenze ausgereizt, was geht“.
  • Außenministerin Annalena Baerbock hat jüngste russische Aktionen in Zusammenhang mit den Grenzen zu Estland, Finnland und Litauen scharf kritisiert. „Russland zündelt an den Grenzen der Europäischen Union“, schrieb die Grünen-Politikerin auf der Plattform X. Sie ergänzte: „Wir stehen Schulter an Schulter mit unseren Freunden in Estland, Finnland & Litauen, und akzeptieren dieses aggressive Verhalten nicht.“ Mehr dazu lesen Sie in unserem Newsblog.
  • Die Ukraine hat eigenen Angaben zufolge eine russische Bodenoffensive in der östlichen Region Charkiw gestoppt. „Die ukrainischen Verteidigungskräfte haben die russischen Truppen im Bereich Charkiw gestoppt und führen Gegenoffensiven durch“, erklärte die ukrainische Armee in Onlinediensten. Ein Vertreter des Generalstabs bezeichnete die Lage als „schwierig“, aber „stabil und unter Kontrolle“.
  • Die Erwerbsquote von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine wird nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) fünf Jahre nach der Flucht bei 45 Prozent liegen. Nach zehn Jahren steige die Quote auf 55 Prozent, teilte das IAB als Ergebnis seiner Simulationsstudie mit.
  • Deutschland wäre laut Finanzminister Christian Lindner bereit, weitere Schritte zur Nutzung der Zinserträge aus eingefrorenen russischen Vermögen für die Ukraine zu unternehmen. Voraussetzung sei aber, dass diese Schritte „keine rechtlich nachteiligen oder ökonomisch riskanten Folgen hätten“, betonte der FDP-Politiker beim Treffen der G7-Finanzminister in Norditalien.
  • Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hält Befürchtungen für unbegründet, dass Russland einen Nato-Mitgliedsstaat angreifen könnte. „Das russische Militär führt einen ernsten und schwierigen Krieg gegen die Ukrainer“, sagt der nationalkonservative Regierungschef dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. „Wenn die Russen stark genug wären, um die Ukrainer auf einen Schlag niederzuringen, hätten sie das bereits getan.“
  • Japan und Südkorea haben Sanktionspakete gegen Firmen und Einzelpersonen verhängt, die an nordkoreanischen Waffenlieferungen nach Russland für den Ukraine-Krieg beteiligt sein sollen. Wie Sprecher der Regierungen der beiden Länder mitteilten, wurden Strafmaßnahmen auch gegen Schiffe beschlossen.
  • Hessen will nach eigenen Angaben als erstes Bundesland Ukrainisch als zweite Fremdsprache an Schulen einführen. Hintergrund ist einerseits der Wettbewerb um künftige Fach- und Lehrkräfte, wie das Kultusministerium in Wiesbaden mitteilte. Andererseits müssten hier immer wieder ukrainische jugendliche Kriegsflüchtlinge mangels einer zweiten Fremdsprache das Gymnasium etwa zugunsten einer Realschule verlassen und damit zunächst auf das Abitur verzichten. Mehr dazu hier.
  • Die scheidende US-Botschafterin Amy Gutmann hat Deutschlands Unterstützung für die Ukraine gelobt - und dabei auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Rücken gestärkt. Deutschland gebe nach den USA die meiste Hilfe für die Ukraine und habe zudem mehr als eine Million Flüchtlinge von dort aufgenommen, sagte die US-Diplomatin der „Rheinischen Post“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false