zum Hauptinhalt
Der chinesische Verteidigungsminister General Li Shangfu.

© picture alliance/dpa

Verhaftet und abgesetzt?: Chinas Verteidigungsminister seit zwei Wochen spurlos verschwunden

Es ist der zweite chinesische Spitzenpolitiker innerhalb weniger Wochen, der offenbar seinen Posten verliert: Verteidigungsminister Li Shangfu soll US-Quellen zufolge abgesetzt worden sein.

Xi Jinping räumt auf. Innerhalb weniger Wochen hat Chinas Partei- und Staatschef nicht nur kommentarlos seinen Außenminister Qin Gang abgesetzt, sondern nun offenbar auch Verteidigungsminister Li Shangfu.

Ebenso wie Qin, der durch seinen Vorgänger Wang Yi ersetzt wurde, ist Li spurlos verschwunden. Wie das „Wall Street Journal“ am Freitag berichtete, sei Li in der vergangenen Woche zum Verhör abgeführt und von seinem Posten entfernt worden.

Die „Financial Times“ schrieb unter Berufung auf US-Beamte, man gehe davon aus, dass gegen Li ermittelt werde. Gründe dafür wurden in beiden Berichten nicht genannt.

Das chinesische Verteidigungsministerium reagierte zunächst nicht auf Bitten für eine Stellungnahme. Li hat zuletzt nach Angaben von Insidern nicht an Treffen mit seinen Amtskollegen aus Vietnam und Singapur teilgenommen.

Zuletzt war der 65-Jährige am 29. August in Peking aufgetreten, als er auf einem Sicherheitsforum mit afrikanischen Ländern eine Grundsatzrede hielt. Eines seiner letzten hochrangigen Treffen waren Gespräche mit dem russischen Verteidigungsminister Sergei Schoigu Mitte August im Kreml.

Da Li Shangfu als Hardliner mit Nachdruck die offizielle Parteilinie vertreten hat, dürften seine derzeitigen Probleme nicht politischer Natur sein. Eher ist Korruption zu vermuten.

Björn Alpermann, China-Experten und Dozent an der Universität Würzburg

„Falls bestätigt, reiht sich das Verschwinden des Verteidigungsministers in die Amtsenthebung des Außenministers Qin Gang und der Kommandeure der Raketenstreitkräfte der Volksbefreiungsarmee ein“, sagt Björn Alpermann, Sinologie-Professor an der Universität Würzburg. „Da Li Shangfu als Hardliner mit Nachdruck die offizielle Parteilinie vertreten hat, dürften seine derzeitigen Probleme nicht politischer Natur sein. Eher ist Korruption zu vermuten.“

Bestätigt sich dieser Verdacht, würde das ein negatives Licht auf Xi Jinpings Anti-Korruptionskampagne werfen, die immerhin schon ein Jahrzehnt läuft. „Gerade in der Volksbefreiungsarmee hat Xi mit eisernem Besen gekehrt. Wenn dort weiterhin höchste Posten mit korrupten Generälen besetzt sind und werden, zeigt das nur, wie tief eine Kultur der Korruption dort verwurzelt ist“, erklärt Alpermann. „Neben der schwächelnden Wirtschaft kriselt damit eine weitere Säule, auf der Xi seine Herrschaft abstützt.“

Außenminister hatte angeblich Liebesaffäre

Vor einigen Wochen hatte bereits das Verschwinden von Außenminister Qin Gang für Spekulationen gesorgt. Nachdem der 57-Jährige zunächst bei einem Gipfel in Indonesien fehlte und bei weiteren hochrangigen Treffen von Wang Yi vertreten wurde, entfernte dann das Außenministerium Informationen zu ihm auf der offiziellen Webseite, was weitere Gerüchte zur Folge hatte.

Im Mai hatte Außenministerin Annalena Baerbock Qin Gang noch in Berlin getroffen. Kurze Zeit später wurde er von Chinas Parteispitze kommentarlos abgesetzt.

© Getty Images/MICHELE TANTUSSI

Kurze Zeit später wurden die Beiträge zu seiner Amtszeit wieder publiziert, doch Qin bleibt verschwunden. Offiziell bekleidet er noch das Amt eines Staatsrates, aber auch in dieser Funktion trat er nicht mehr in Erscheinung.

Angeblich soll der verheiratete Qin eine Affäre und einen kleinen Sohn mit einer prominenten chinesischen TV-Journalistin haben, die ihn in seiner Zeit als Botschafter in Washington interviewt hatte. Sie ist ebenfalls aus der Öffentlichkeit verschwunden. Die Fälle Qin und Li zeigen, wie undurchsichtig und verschlossen die chinesische Führung und ihre Entscheidungsprozesse sind.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false