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Nato-Soldaten in Polen

© dpa/Tomasz Waszczuk

Wie im Kalten Krieg: Die Nato bereitet sich jetzt intensiv auf einen russischen Angriff vor

Auf dem Nato-Treffen im Juli will das Verteidigungsbündnis final klären, wie es auf eine Ausweitung des Ukraine-Kriegs reagieren würde. Jedes Land soll einen eigenen Plan erhalten.

Das Nato-Bündnis wird auf seinem Treffen in der litauischen Hauptstadt Vilnius im Juli festlegen, wie es auf einen russischen Angriff auf einen seiner Partner reagieren würde, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Erstmals seit dem Kalten Krieg gibt es dann geheime militärische Pläne, die dem Bericht zufolge mehrere tausend Seiten stark sein sollen.

Die Vorkehrungen, die das Bündnis damit trifft, stellen einen grundlegenden Strategiewechsel dar – war es doch seit Ende des Kalten Krieges lediglich mit einzelnen Staaten an kleineren Kriegen in Afghanistan und Irak beteiligt.

„Der grundsätzliche Unterschied zwischen Krisenmanagement und kollektiver Verteidigung ist folgender: Nicht wir, sondern unser Gegner ist es, der den Zeitplan bestimmt“, sagt Rob Bauer, einer der führenden Nato-Militärs. „Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass uns der Konflikt jederzeit treffen könnte.“

Die Nato will die einzelnen Partner mit sogenannten Regionalplänen Leitfäden geben, wie sie ihre Streitkräfte und Logistik auf das notwendige Maß aufrüsten können. „Die Partner werden genau wissen, welche Kräfte und Kompetenzen nötig sein werden, inklusive wie sie zu nutzen sind“, sagt Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu den streng geheimen Dokumenten, die bestimmte Truppen der Verteidigung von bestimmten Regionen zuordnen.

Nato-Osterweiterung wird zur Schwierigkeit

Die vertraulichen Pläne formalisieren einen Prozess, der bereits nach der völkerrechtswidrigen russischen Annexion der Krim in der Südukraine 2014 begonnen hat. Damals wurden westeuropäische Truppen an die Ostflanke der Nato geschickt. Seitdem sind Großbritannien, Kanada und Deutschland jeweils für einen baltischen Staaten zuständig.

Die Schwierigkeit für die Nato besteht darin, dass die Ostflanke durch die Aufnahme Finnlands nochmals deutlich größer geworden ist und jetzt rund 2500 Kilometer umfasst.

Der Grund, warum die Nato allerdings keine Notwendigkeit sieht, massiv Truppen an die Ostflanke zu schicken, ist die Aufklärung durch Satelliten beispielsweise. Hubert Cottereau, Vize-Stabschef des Nato-Oberkommandos, warnt deshalb davor, zu früh zu umfassend zu reagieren. „Je mehr Truppen man an der Flanke sammelt, desto mehr kann man es mit einem Hammer vergleichen: Ab einem gewissen Punkt willst du einen Nagel finden“, sagt Cottereau.

Wir müssen heute Nacht in der Lage sein, zu kämpfen – wenn es nötig ist.

Hubert Cottereau, Vize-Stabschef des Nato-Oberkommandos

Um die sogenannten Regionalpläne finanzieren zu können, hat Nato-Generalsekretär Stoltenberg erneut auf das Zwei-Prozent-Ziel der Verteidigungsausgaben verwiesen. Dies sei ein „absolutes Minimum“. „Alle Verbündeten haben sich auf bestimmte Fähigkeiten geeinigt, die sie für absolut notwendig halten“, sagt er dem „Spiegel“.

Das betreffe etwa Panzer, Munition, Flugzeuge, Schiffe und anderes Gerät. „Wenn man das berücksichtigt, dann sind zwei Prozent die Untergrenze dessen, was wir brauchen“, sagt Stoltenberg.

Nato-Offizielle schätzen, dass es mehrere Jahre dauern wird, um die Pläne vollständig umgesetzt zu haben. Das soll allerdings nicht bedeuten, dass das Bündnis bis dahin nicht abwehrbereit ist.

„Wir sind heute Nacht bereit zu kämpfen. Es ist klar, dass man nie ausreichend bereit ist, niemals“, sagt Cottereau, der Vize-Stabschef des Nato-Oberkommandos. „Doch wir müssen heute Nacht in der Lage sein, mit dem zu kämpfen, was wir haben – wenn es nötig ist.“ (Tsp, dpa)

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