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Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban trifft am 6. Oktober 2023 zum zweiten Tag des Gipfeltreffens der Europäischen Politischen Gemeinschaft im Palacio de Congreso in Granada, Südspanien, ein. 

© AFP/JORGE GUERRERO

Update

Streit um Asylreform: Ungarn und Polen blockieren bei EU-Gipfel Erklärung zur Migration

Ungarns Premier Orbán und sein polnischer Amtskollege Morawiecki sorgen für Ärger auf dem EU-Gipfel. Auch die Unterstützung für die Ukraine will Orbán blockieren. Ungarn hat dabei ein Vetorecht.

| Update:

Polen und Ungarn haben beim EU-Gipfel im spanischen Granada eine geplante Erklärung zur Migrationspolitik blockiert. Das sagten mehrere EU-Diplomaten am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Schon zuvor hat der ungarische Regierungschef Viktor Orban das Gipfeltreffen für eine neue Breitseite gegen die Europäische Union genutzt. Die EU-Einigung auf die Asylreform gegen die Stimmen Ungarns und Polens hat Orbán in drastischen Worten kritisiert: „Wir wurden vergewaltigt“, sagte Orbán am Freitag am Rande des EU-Gipfels im südspanischen Granada.

„Wenn man vergewaltigt wird – rechtlich gezwungen wird, etwas zu akzeptieren, was man nicht will – wie soll es dann einen Kompromiss und eine Einigung geben?“, fragte Orbán. „Das ist unmöglich.“

Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte die Einigung zuvor als „Diktat aus Brüssel und Berlin“ bezeichnet. Ungarn wie Polen fordern, dass alle Beschlüsse in Migrationsfragen einstimmig auf Ebene der Staats- und Regierungschefs gefällt werden.

Laut EU-Vertrag reicht aber eine qualifizierte Mehrheit aus, also 15 EU-Länder, die für 65 Prozent der europäischen Bevölkerung stehen. Von Diplomaten hieß es, Orbán und Morawiecki könnten deshalb auch die geplante Abschlusserklärung des Gipfels in Granada blockieren.

Ungarn und Polen hatten am Mittwoch in Brüssel als einzige EU-Länder gegen die sogenannte Krisenverordnung gestimmt, die verschärfte Maßnahmen im Fall der Ankunft besonders vieler Migranten in Europa vorsieht. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte die Einigung dagegen erneut „einen großen Erfolg“. Es sei sehr wichtig, die Asylreform mit diesem letzten Baustein nun schnell über die Ziellinie zu bringen. Die EU-Mitgliedstaaten müssen sich mit dem Europaparlament noch auf einen gemeinsamen Gesetzestext einigen.

Ukraine-Hilfe auf der Kippe?

Orbán holte in Granada aber noch weiter aus: parallel zu dem Gipfeltreffen verbreitete er ein Video, in dem er die Budgetvorschläge aus Brüssel als eine einzige „Schlamperei“ kritisiert. „Brüssel ist auf die Idee gekommen, der Ukraine bedingungslos Kriegsgeld für weitere vier Jahre zu geben“, wettert er in dem Film, der mit düsterer Musik unterlegt ist. „Statt Frieden wollen sie dieses Geld, um das fortgesetzte Töten zu unterstützen.“

Die EU-Kommission schlägt für die kommenden Jahre weitere 70 Milliarden Euro an Ukraine-Hilfen vor. Ein Teil davon soll aus einem erweiterten EU-Budget fließen, auf das sich die Mitgliedsländer noch einstimmig einigen müssen. Ungarn hat also eine Vetomöglichkeit.

Noch am Donnerstag hatte sich der ungarische Regierungschef in Granada dabei fotografieren lassen, wie er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Hand schüttelte. Allerdings wird Orbán eine Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt. Ungarn ist das einzige Land, das inzwischen mehr Gas aus Russland bezieht als zu Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022.

Mit Gaslieferungen begründete Orbán in Granada auch seine ablehnende Haltung zu Sanktionen gegen Aserbaidschan im Militärkonflikt um die Kaukasusregion Bergkarabach. „Ohne Aserbaidschan können wir bei Energie nicht unabhängig werden“, sagte der ungarische Regierungschef. Aserbaidschan sei „ein großartiges Land, wir brauchen es“, betonte er. Sanktionsbeschlüsse müssen in der EU einstimmig fallen. (dpa, AFP)

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