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Schwarz ist so Achtziger (und somit vorbei): Im KitKatClub geht es künftig bunt her.

© imago/imagebroker/imago stock

„Dress To Impress“: Neue Kleiderordnung im KitKatClub

Unser Autor verabschiedet die Farbe Schwarz als Ausdruck von Gegenkultur und Avantgarde

Ein Kommentar von Thomas Wochnik

Wie verwirrend diese Zeiten für manche ewig Junggebliebene, schon immer am Puls der Zeit tanzende, notorisch Vorauseilende doch sein müssen. Der berühmt-berüchtigte, oft klatschspaltig verrissene und mindestens ebenso oft missverstandene Berliner KitKatClub, bekannt unter anderem für seine freizügige Kleiderordnung aus vorzugsweise schwarzer Spitze, schwarzem Leder und schwarz glänzendem Lack, hat kürzlich eben diese per Dekret geändert: Schwarze Kleidung ist ab sofort verboten. „Seid kreativ oder bleibt zu Hause“, heißt es auf seinem Instagram-Account in unmissverständlichem Imperativ. Denn die Zukunft sei bunt, „dress to impress“, glamourös, glänzend, magisch, aber unbedingt einfallsreich.

Ja aber, ist denn das Schwarze all die Jahre über nur eine dekorative Oberfläche gewesen? War schwarzes Leder, schwarzer Lack, schwarz überhaupt, mal abgesehen vom Fetisch-Potenzial, nicht auch Ausdruck der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Subkultur, einer bestimmten Weltbeziehung? Nun, das wird hier deutlich: das war es vielleicht mal. Goth, Dark-Wave, bestimmte Spielarten von Punk und der 80er-Avantgarde sind Kinder ihrer Zeiten, bestimmter Umstände und Zukunftsperspektiven – oder eher eines subjektiv wahrgenommenen Mangels an Zukunft.

Die neoromantische Verklärung der Gegenwart in den 80er-Jahren hatte ihren Ursprung in einer Welt, die ihre zahlreich vorhandenen Abgründe – Kalter Krieg, Tschernobyl, HIV, der spürbar nahende Zusammenbruch der Systeme und mehr – in buntestmöglichem Pop, Laserlicht, Kunstnebel und Neonfarben-Leichtigkeit ertränkte. Zu all dem stellte Schwarz eine Gegenposition dar. Wer schwarz trug, konfrontierte seine Mitmenschen mit all dem, was sie verdrängten – oder nahm zumindest an, das zu tun.

Mittlerweile sind Goth, Punk, Industrial etc. längst selbst Pop. Die ganze Ausgehkultur der Stadt trägt Schwarz, oder, altbacken ausgedrückt: Schwarz ist das nicht mal mehr so neue Angepasst. Wer den bisherigen KitKat-Style also als bloße Mode empfindet, sollte sich über den Wandel nicht beschweren. Für alle, die mehr mit dem dunklen Glanz verbinden, gibt der Club aber Entwarnung (in lakritzsüßem Indikativ): „Kreative, schwarze Fetisch-Outfits sind offensichtlich nicht verboten und weiterhin willkommen“.

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