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Unter Schönen und Reichen. Der Bankangestellte Caspar Tell (Milan Peschel) lässt es im „Palace“ zu Silvester 1999 krachen.

© Malgosia Abramowska/Weltkino

Im Kino: Roman Polanskis Reichensatire „The Palace“: Prosit, Weltuntergang!

Pinguin und Pimmelwitz. Roman Polanskis Knallchargenkomödie „The Palace“ mit Mickey Rourke, Fanny Ardant und John Cleese persifliert die Dekadenz des Jetsets.

Silvester 1999, der Jahrtausendwechsel naht. Die Furcht vor dem Millennium-Bug, wenn nicht gar dem Weltuntergang, grassiert. Die Stimmung fiebert, taumelt, kurz: Alles steht Kopf.

Dieses, in der Rückschau dann viel unspektakulärere Silvester, hat Roman Polanski zu der Reichensatire „The Palace“ animiert, die in demselben Hotel oberhalb von Gstaad gedreht wurde, wo er weiland selbst mit dem internationalen Jetset feierte.

Neunzig Lebensjahre zählt das einstige Regiegenie inzwischen, das heute bekanntlich überall außer in seiner Wahlheimat Frankreich und beim Filmfestival in Venedig, wo „The Palace“ Premiere feierte, als Persona non grata gilt. Dumm nur, dass die Komik der Knallchargenkomödie es nicht mal mit „Tanz der Vampire“ aufnehmen kann, Polanskis Blödelklassiker von 1967. Und das, obwohl die Dekadenz der Eliten und der Mikrokosmos Hotel wahrlich dankbare Sujets sind, wie Wes Andersons „Grand Budapest Hotel“ und Ruben Östlunds „Triangle of Sadness“ lehren.

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Was keiner schafft, das schafft Hansueli Kopf (Oliver Masucci). Der schneidige Hotelmanager ist Herz und Hirn der Luxusherberge und erträgt stoisch jede Marotte der Jetset-Kundschaft. Und dazu die Dreistigkeiten von Pleitiers wie Billy Crush (Mickey Rourke), der den Bankangestellten Caspar Tell (Milan Peschel) leimen will, um ein Reicher zu bleiben. Den Vogel schießt der greise Millionär Arthur Duncan Dallas III (John Cleese) ab, der seiner jungen Frau Magnolia (Bronwyn James) zum ersten Hochzeitstag einen Pinguin verehrt. Bevor ihn beim Beischlaf der Schlag trifft – und Magnolia vor Schreck nicht von ihm runterkommt.

Auf den Hund gekommen. Le Marquise (Fanny Ardant) steigt regelmäßig im „Palace“ ab.

© 2023, M. Abramowska/Weltkino

Der Gag findet seine Altherrenhumor-Entsprechung in der Szene, in der Billy Crush am Pissoir das Gemächt eines zerknitterten Schauspielstars lobt. „Was Du da hast, ist ein Monster.“ Dass John Cleese und Mickey Rourke bei jedem Pinguin- oder Pimmelwitz dabei sind, ist klar, aber was haben Fanny Ardant und Milan Peschel da zu suchen? Letzterer ist aus schrägen Volksbühnentagen aber auch Fallhöhen gewohnt, die knapp über Fußbodenhöhe liegen.

Immer Ärger mit John. Cleese spielt einen verblichenen Millionär, Oliver Masucci (r.) den Hotelmanager.

© 2023, M. Abramowska, Weltkino

Visuell verströmt das von Polanski aufgebotene Gerontokraten-Panoptikum einen merkwürdig künstlichen Studiomief, was insofern erstaunlich ist, als „The Palace“ ja vor Ort in den Schweizer Alpen gedreht wurde. Das „Palace“ in Gstaad hat mit seinem engen Foyer so gar nichts von der stilisierten morbiden Erhabenheit eines „Grand Budapest Hotel“.

Saufkumpane. Caspar Tell (Milan Peschel) und Bill Crush (Mickey Rourke) reden im „Palace“ über Geld.

© dpa/Malgosia Abramowska/Weltkino

Immerhin: Als ein Trupp neureicher Russen auftaucht, deren Geldkoffer jeden handelsüblichen Safe sprengen, steht eine begehbare Katakombe zur sicheren Aufbewahrung zur Verfügung. Dass die mafiösen Typen das Geld an den russischen Botschafter liefern und ein angetrunkener Boris Jelzin per TV-Ansprache sein Präsidentenamt „temporär“ an den jungen Ministerpräsidenten Wladimir Putin übergibt, ist der beste Witz des ganzen Films. Gemacht hat ihn allerdings die Geschichte und nicht Roman Polanski.

Reiche Russen, korrupte Botschafter, schönheitsoperierte Schabracken, alternde Playboys, halbseidene Betrüger und eine Marquise mit Hunde-Fetisch (Fanny Ardant): Bei der Silvesterparty im „Palace“, auf den die Komödie ohne Timing zuschlingert, ist jedes Stereotyp vertreten. Und auch wenn eine abgelegte Millionärsgeliebte ruft „Schlimm, was das Geld aus den Menschen macht!“, hat das mit Satire, also der Entlarvung einer dekadenten Kaste durch beißenden Humor, rein gar nichts zu tun.

Das, was einstweilen am Ende der Künstlerkarriere des seit Jahrzehnten wegen Missbrauchsvorwürfen von der Justiz verfolgten Roman Polanski steht, ist nichts als ein schlechter Witz. Und jede Menge Partymüll aus Papphütchen, Luftschlangen und zerscherbten Schampusgläsern, über den die Kamera hinfährt. Prosit, Weltuntergang!

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