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Die Galeries Lafayette bieten eine gute Infrastruktur für eine moderne Bibliothek. Es wäre Platz für einen großen Publikumsbereich, den die ZLB dringend braucht.

© imago images/Arcaid Images

„Lasst es uns angehen“: Joe Chialo wirbt für Bibliothek in der Friedrichstraße

Bei einer Podiumsdiskussion will der Kultursenator zur Finanzierung eines neuen Standorts für Berlins Zentral- und Landesbibliothek nichts sagen. Kreuzbergs Bürgermeisterin bedauert die Pläne.

„Weg vom Klein-Klein“ will Kultursenator Joe Chialo bei der Diskussion um den Standort von Berlins Zentral- und Landesbibliothek (ZLB). Zu Beginn der Woche überraschte Chialo im Abgeordnetenhaus mit dem Vorschlag, die ZLB solle in das „Quartier 207“, in der Galeries Lafayette an der Friedrichstraße ziehen. Umnutzung statt des geplanten Neu- und Ausbaus am jetzigen Standort der ZLB, in der Amerika-Gedenkbibliothek in Kreuzberg.

Bei der Veranstaltung „Bibliothek findet Stadt!“ in der Amerika-Gedenkbibliothek (AGB), zu der der Berliner Bibliotheksverband am späten Freitagnachmittag im neuen temporären Pop-up-Gebäude der AGB an der Blücherstraße eingeladen hatte, bestätigt Chialo den Friedrichstraßen-begeisterten ZLB-Chef Volker Heller: „Es ist tatsächlich eine Jahrhundertchance“, sagt Chialo.

Die Bedenkenträger im Publikum fordert er auf, mitzuziehen und sich nicht, wie so oft in Berlin, auf die Gegenargumente zu konzentrieren. Dann würde man auf Berlin schauen, nicht immer nur auf Vorbilder wie Birmingham oder Oslo mit ihren Superbibliotheken.

Einfach mal „Ja“ sagen

600 Millionen Euro bis eine Milliarde Euro könnte der Erwerb und der Umzug in die Kaufhaus-Immobilie in Bestlage kosten, hieß es in den vergangenen Tagen. Chialo weist die Zahlen zurück, will über finanzielle Details nicht sprechen. Das Thema Finanzierung müsse zunächst im Kulturausschuss und mit den Parlamentariern besprochen werden.

ZLB-Generaldirektor Volker Heller, Kultursenator Joe Chialo, Regina Kittler (Vorsitzende dbv), Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann und Abgeordneter Daniel Wesener (v. li.) im neuen Pop-up-Gebäude der ZLB in Kreuzberg.

© Birgit Rieger

Bis zum 3. Quartal 2026 könnte der Umzug in die Friedrichstraße „aufgegleist“ sei, man hätte eine Lösung für ein Problem, das seit Jahrzehnten nicht vorangeht, so Chialo. „Dieses Leuchtturmprojekt kann Menschen zusammenbringen“, sagt er, der ja nicht nur Kultursenator, sondern auch Senator für gesellschaftlichen Zusammenhalt ist.

Und eine moderne Bibliothek, das erfährt man bei dieser Veranstaltung, kann in der Stadtgesellschaft als „urbanes Wohnzimmer“ fungieren. So sagen es die Architekten, die das als „beste Bibliothek der Welt“ ausgezeichnete Vorbild, die Deichman-Bibliothek in Oslo, gebaut haben.

Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann, die wie ZLB-Chef Volker Heller und Grünen-Politiker Daniel Wesener an diesem Spätnachmittag auf dem Podium sitzt, beurteilt alles etwas anders. Ihr größte Sorge: Was soll aus dem jetzigen Standort in der Amerika-Gedenkbibliothek werden? Welche Nachnutzungsidee könnte es für die AGB geben? Und: Die Kreuzberger Kids verlören ihre Bibliothek und würden sicher nicht nach Mitte fahren.

Was passiert mit der Amerika-Gedenkbibliothek?

Herrmann sagt, sie verstehe die Begeisterung darüber, dass es mit der Immobilie in der Friedrichstraße eine schnelle Lösung für die Zusammenlegung der beiden ZLB-Standorte geben könnte. Es sei der Tiefpunkt gewesen, dass der eigentlich beschlossene Neubau der ZLB im neuen Koalitionsvertrag nicht einmal mehr vorgekommen sei. Aber als Bürgermeisterin Friedrichshain-Kreuzbergs würde sie es bedauern, wenn die Zukunft der ZLB nicht in Kreuzberg liege.

Chialo verspricht, es werde in jedem Fall eine kulturelle Nutzung für die Amerika-Gedenkbibliothek geben. Alles andere könne er sich nicht vorstellen.

Daniel Wesener, Mitglied des Abgeordnetenhauses und Sprecher für Kulturfinanzierung der Fraktion B90/Grüne findet die Idee Friedrichstraße ebenfalls gut. Aber es gehe nicht nur um tolle Ideen. „Es geht um Realisierung. Tolle Ideen gab es für die ZLB schon viele.“ Diese neue Idee Realität werden zu lassen, sei ambitioniert. Als ehemaliger Finanzsenator Berlins war Wesener etwa am Ankauf der Rieckhallen beteiligt. Er weiß um die Schwierigkeiten eines Immobiliendeals mit einem privaten Investor.

Also bleibt es bei der Frage: Woher kommt das Geld für den Ankauf des Lafayette-Gebäudes? Denn dass das Mieten von Berlins neuem „Wohnzimmer“ auf Dauer viel zu teuer und unsicher wäre, darüber herrscht weitgehend Einigkeit. Dass die Galeries Lafayette ihren Standort Ende 2024 doch nicht verlassen, steht für Chialo außer Frage. Der Investor habe sich dazu entsprechend verhalten.

Der Imagefilm jedenfalls, der für den Umzug der ZLB in das Kaufhaus-Gebäude wirbt, ist schon fertig. Er lief zu Beginn der Podiumsdiskussion: 10.000 Besucherinnen pro Tag, dreimal so viel Publikumsfläche, Reduktion der C02-Emissionen um 65 Prozent. Man war sich in der Bewertung der Immobilie deshalb so sicher und so schnell, weil man sich seit 15 Jahren damit beschäftigt, eine Lösung für die Zusammenführung und Erweiterung der ZLB zu finden, heißt es von den Bibliotheksverantwortlichen.

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