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Auf einmal kosten die Grillwürstchen doppelt so viel – wenn auch nur für eine Woche.

© dpa/Oliver Berg

WDR-Frau als vermeintliche Penny-Kundin: Peinlicher als der Lapsus ist die fehlende kritische Distanz

Die ARD muss einen Beitrag über eine Aktion des Discounters Penny ändern. Eine WDR-Mitarbeiterin wurde darin als vermeintliche Kundin interviewt. Doch das ist nicht das größte Problem.

Ein Kommentar von Kurt Sagatz

Mit über zwei Minuten war der Beitrag über die Aktion „Wahre Preise“ des Discounters Penny einer der längsten der „Tagesschau“-Hauptnachrichtensendung am Montagabend und später auch in den „Tagesthemen“. Inzwischen fällt der Bericht in der ARD-Mediathek um einige Sekunden kürzer aus, weil er nach massiver Zuschauerkritik geändert werden musste. Wie sich herausstellte, war eine der interviewten Penny-Kundinnen eine WDR-Mitarbeiterin.

Zum Hintergrund: Penny hat die Preise von neun Produkten angehoben, um auf die bislang nicht berücksichtigten Kosten unter anderem für die Umwelt hinzuweisen. Sehr nachdenkenswert, sprach die WDR-Frau ins WDR-Mikrofon. Dumm nur, dass der Reporter den Hinweis nicht mitbekommen hat, dass es sich um eine Kollegin handelte. Für die Kritiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fake-News-Krakeeler war es jedenfalls ein Fest.

Der eigene Mitarbeiter als Experte

Es ist keine Seltenheit, dass in öffentlich-rechtlichen Magazin-Sendungen eigene Kollegen interviewt werden. Ob aus Zeitdruck oder in Ermangelung externer Experten, sei dahingestellt. Korrekt als Mitarbeiter des eigenen Senders vorgestellt, ordnen sie zum Beispiel Gesetzesvorhaben in Brüssel ein. Muss man nicht so machen, ist aber auch nicht verwerflich.

Auch vom RBB ist diese Praxis bekannt, wenn beispielsweise der landespolitische Korrespondent zum Interview in die „Abendschau“ gebeten wird. Bei Verbraucherthemen lässt sich so im besten Fall gleich die nachfolgende Sendung bewerben.

Noch bedenklicher als der peinliche Lapsus ist allerdings die insgesamt fehlende kritische Distanz des Penny-Beitrags. Offenbar hat das einseitige Plädoyer für die generelle Einführung „wahrer Preise“ auch in der „Tagesschau“-Redaktion Bauchschmerzen ausgelöst.

Direkt im Anschluss an den Beitrag über den PR-Stunt von Penny folgte eine kurze Nachricht ebenfalls zum Thema Ernährung: „Rund zehn Millionen Menschen in Deutschland können sich nicht einmal jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch oder Fisch oder eine gleichwertige vegetarische Mahlzeit leisten“, lautete sie.

Beinahe ein Widerruf, in jedem Fall eine Einschränkung zum XXL-Beitrag über die „wahren Preise“ – die Penny in der nächsten Woche gleich wieder auf Discounter-Niveau senkt.

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