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15.02.2024, Thüringen, Schmalkalden: Bauern versperren mit einem Banner mit der Aufschrift „Ampel ruiniert Landwirtschaft! Nicht mit uns!“ den Zugang zu einem Werk des Nougat-Herstellers Viba Sweets bei der Fortsetzung der Länder-Tour von Bundeswirtschaftsminister Habeck (Bündnis90/DieGrünen).

© dpa/Andreas Hoenig

Update

„Da ist etwas ins Rutschen geraten“: Bauernprotest behindert Journalisten bei Habeck-Besuch in Thüringen

Rund 50 Demonstrierende haben bei einem Nougatfabrik-Besuch Habecks mitgereiste Journalisten beleidigt und bedroht. Habeck zeigte sich besorgt über die Häufung ähnlicher Vorfälle.

| Update:

Bei einem Besuch von Wirtschaftsminister Robert Habeck im Südwesten Thüringens ist es zu Bauernprotesten gekommen. Demonstranten versperrten am Donnerstag den angereisten Journalisten mit Treckern einen Zugangsweg zu einem Werk des Nougatherstellers Viba in der Ortschaft Floh-Seligenthal. Auf Plakaten war zu lesen: „Zu viel ist viel“ oder „Ampel ruiniert Landwirtschaft“.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich betroffen gezeigt über die Absage von Veranstaltungen auch der Grünen wegen teils gewalttätiger Proteste. Es bedrücke ihn, dass Demonstrationen in letzter Zeit eher zu Nicht-Gesprächen geführt hätten, sagte der Grünen-Politiker bei einem Bürgerdialog der „Nürnberger Nachrichten“ am Donnerstagabend. „Das ist nicht gut, das ist keine gute Entwicklung.“ Da sei in den vergangenen Monaten etwas ins Rutschen geraten.

Der Minister forderte: „Wir müssen mehr miteinander reden. Und alle Politiker und Politikerinnen müssen die Räume für den Diskurs offen halten.“ Es sei der Sinn von Demokratie und auch von Demonstrationen, dass man Meinungen austausche. „Vielleicht führen die letzten drei Tage dazu, dass alle mal ihre Beiträge überprüfen“, sagte der Grünen-Politiker.

Schätzungsweise 50 Demonstranten behinderten Reporter, die Habeck auf einer Ländertour begleiteten, am Zugang zu dem Werk. Vereinzelt riefen sie „Lügenpresse“. Der Grünen-Politiker war bereits im Werk. Bis zum Ende des Ministerbesuchs gelang es den Journalisten nicht, an dem Termin teilzunehmen. Es ist bereits der zweite Vorfall von Bauernprotesten, die sich gegen Journalisten richten.

Reporter berichten von „massiver Bedrohungskulisse“

Ein anwesender Journalist des Nachrichtenportals ntv berichtete von einer „massiven Bedrohungskulisse“. Die Berichterstatter seien verbal beleidigt und beschimpft worden. Einzelne Demonstranten sollen die Reporter sogar physisch bedroht worden. Ein Autofahrer sei etwa mit hoher Geschwindigkeit auf die wartenden Journalisten zugefahren und habe dann 50 Meter vorher unter Gejohle der Menge hart abgebremst und das Auto abgestellt.

Der Deutsche Journalisten-Verband Thüringen schrieb dazu auf dem Netzwerk X (früher Twitter): „Wer Berichterstattung über Agrarpolitik will, der darf Presse nicht einschüchtern. Nur mit Pressefreiheit gelingt ein Umdenken.“

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Der Grünen-Politiker sagte nach dem Werksbesuch: „Das ist jetzt, glaube ich, der normale Zustand, dass Bundesminister mit Protest empfangen werden. Ich kenne das seit einem Jahr, würde ich sagen.“ Neu sei vielleicht, dass Veranstaltungen nicht durchgeführt werden könnten. Habeck verwies darauf, dass die Grünen am Mittwoch ihre Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch im baden-württembergischen Biberach aus Sicherheitsgründen abgesagt hatten. Vorausgegangen waren Proteste und Blockaden unter anderem von Landwirten.

Habeck: „Das ist keine gute Entwicklung“

„Das ist keine gute Entwicklung“, sagte Habeck. Protest für das eigene Anliegen gehöre zur Demokratie. „Es ist das gute Recht von jedem.“ Und es sei die Pflicht jeder Politikerin und jedes Politikers, das auszuhalten. „Der Druck, die Unzufriedenheit ist da. Aber Protest muss ja irgendwohin führen und meiner Ansicht nach als allererstes, bevor man vielleicht seinen Willen kriegt, zu einem Gespräch.“

„Wenn aber Lesungen, Diskussionsforen oder politische Veranstaltungen nicht mehr durchgeführt werden können und das der Sinn des Protestes ist, dann verhindert er ja das Gespräch“, sagte der Minister. Das sei eine gefährliche Entwicklung, die nicht dazu führe, dass Deutschland lösungsorientierter werde. Bundesweit gibt es seit Wochen Proteste, weil die Bundesregierung Steuervergünstigungen beim Agrardiesel streichen will. (dpa)

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