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Armin Laschet und Friedrich Merz in der 3. Sitzung des Deutschen Bundestages im Reichstagsgebäude. Berlin, 18.11.2021 *** Armin Laschet and Friedrich Merz in the 3 session of the German Bundestag in the Reichstag building Berlin, 18 11 2021 Foto:xF.xKernx/xFuturexImage

© imago images/Future Image

Abweichler bei Migrationsfrage?: Union uneins über neues Ampel-Gesetz

Nicht alle in der Union lehnen das Chancenaufenthaltsgesetz der Ampel rundheraus ab. Bei der Abstimmung im Bundestag könnte es Abweichler geben.

Eigentlich ist die Position der Union klar: Sie lehnt das „Chancenaufenthaltsgesetz“, das die Ampel an diesem Freitag im Bundestag verabschieden will, entschieden ab. Das Gesetz verschafft mehr als 100.000 abgelehnten Asylbewerbern die Möglichkeit, sich zu integrieren und die Voraussetzungen für einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland zu erwerben. In der Unionsfraktion ist die Rede von einem Amnestie-Gesetz.

Doch bei ihrer Ablehnung des Gesetzes steht die Unionsfraktion von Friedrich Merz nicht geschlossen da. Bei der Abstimmung im Bundestag an diesem Freitag könnte es einige Abweichler geben. Eine Gruppe um den früheren CDU-Vorsitzendenden und einstigen Merz-Konkurrenten Armin Laschet hatte in dieser Woche eine persönliche Erklärung abgegeben und angekündigt, sich bei der Abstimmung zu enthalten.

Bei der Fraktionssitzung am Dienstag ging es zu diesem Thema hitzig zu. Die Fraktion hatte sich eigentlich darauf geeinigt, danach einen gemeinsamen Entschließungsantrag zu dem Thema zu erarbeiten. Doch dazu ist es offenbar nicht gekommen.

Profitieren Identitätsverweigerer?

Worum geht es? Die Ampel-Pläne sehen vor, dass Menschen, die zum Stichtag 31. Oktober 2022 fünf Jahre geduldet in Deutschland leben, ein Chancen-Aufenthaltsrecht erwerben können.

Sie haben dann 18 Monate Zeit, die Voraussetzung zu erfüllen, um in Deutschland bleiben zu können: Sicherung ihres Lebensunterhaltes, Sprachkenntnisse, Identitätsnachweis. Ausgenommen sollen Straftäter sein und Ausländer, die „ihre Abschiebung aufgrund von wiederholten, vorsätzlichen Falschangaben oder aktiver Identitätstäuschung weiter verhindern“.

In einem Schreiben an seine Fraktionskollegen bittet der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, seine Fraktionskollegen darum, die Ampel-Pläne abzulehnen. Beigefügt ist eine Ausarbeitung der zuständigen Arbeitsgruppe in der Fraktion, die dem Tagesspiegel vorliegt. Darin heißt es, das deutsche Asyl- und Aufenthaltsrecht biete bereits jetzt für gut integrierte, abgelehnte Asylbewerber Chancen, einen Aufenthaltstitel zu erwerben.

Es wird nicht Rechtstreue belohnt, sondern Rechtsuntreue.

Internes Unionspapier

Die Migrationspolitiker glauben, dass das Ampel-Gesetz auch solchen abgelehnten Asylbewerbern eine Bleibemöglichkeit eröffnet wird, die nicht an ihrer Identitätsklärung mitgewirkt oder über ihre Identität getäuscht haben. Denn in dem von der Ampel geplanten Gesetz ist lediglich von „wiederholten“ Falschangaben die Rede – eine einmalige Täuschung wäre also kein Hinderungsgrund.

Das Gesetz belohne nicht Rechtstreue, sondern Rechtsuntreue, heißt es in dem Unionspapier. Außerdem schaffe es für andere Geduldete einen erheblichen Anreiz, sich ebenso rechtsuntreu zu verhalten.

Heikel für Merz

Die Gruppe um Ex-CDU-Chef Laschet sieht das alles etwas anders. Sie können durchaus Positives in dem Ampel-Entwurf erkennen und haben diese Woche eine persönliche Erklärung in der Fraktion verbreitet. Unterzeichnet wurde sie von 19 Abgeordneten. „Erfolgreiche Integration muss Vorrang haben vor auch in Zukunft dauerhaft erfolgloser Abschiebung“, heißt es da. Sie kündigen an, sich bei der Abstimmung zu enthalten.

Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass sich eine größere Gruppe an Abgeordneten der Unionsfraktion enthält – für Fraktionschef Friedrich Merz wäre das unangenehm.

Gerade erst hatte die Union beim Bürgergeld einen Erfolg errungen und durch die Geschlossenheit von unionsführten Länderregierungen und der Bundestagsfraktion der Ampel Änderungen bei den Sanktionen abgerungen. Enthaltungen in größerer Zahl an diesem Freitag im Bundestag würden diese Geschlossenheit und auch Merz‘ Autorität in Frage stellen. Und sie würden ihn als Hardliner beim Thema Migration dastehen lassen.

Merz sucht derzeit noch nach dem richtigen Ton in der Migrationsdebatte. Seitdem er viel Kritik einstecken musste, weil er in Bezug auf Flüchtlinge aus der Ukraine von „Sozialtourismus“ sprach, hält er sich mit zu scharfen Äußerungen zurück.

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