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Qualm steigt aus zahllosen Schornsteinen und Abzügen an einem kalten Wintermorgen in der Leipziger Südvorstadt auf. In Sachsen sind die Temperaturen in der Nacht zum Donnerstag eisig kalt gewesen. In den nächsten Tagen soll es weiter frostig bleiben.

© picture alliance/dpa/Jan Woitas

CDU und Linke sehen Mängel: Muss die Regierung bei der Gas- und Strompreisbremse nachbessern?

Die Energiepreisbremsen sollten Verbraucher schützen. Doch weil die Handelskosten seit Wochen sinken, befürchten Experten einen gegenteiligen Effekt.

Eigentlich sollte am Mittwoch für Robert Habeck ein leidiges Kapitel zu Ende gehen. Mit dem Inkrafttreten der Strom- und Gaspreisbremsen zum 1. März, die rückwirkend auch für Januar und Februar berechnet werden, sollen Millionen Kunden entlastet werden.

Zwölf beziehungsweise 40 Cent soll die Kilowattstunde Gas beziehungsweise Strom noch maximal für Privatkunden kosten, der Rest soll über die Milliarden des „Doppel-Wumms“ gedeckt werden. Lange hatte der Wirtschaftsminister an dem Instrument arbeiten lassen, nachdem seine ursprüngliche Gasumlage erst hart kritisiert und schließlich ganz gescheitert war.

Doch auch nun gibt es wieder Kritik. Denn dank des milden Winters, den mit 70 Prozent weiterhin gut gefüllten Gasspeichern und den neuen Lieferungen von Flüssigerdgas (LNG) sinkt der Gaspreis seit Wochen. Rund fünf Cent kostet die Kilowattstunde an der Börse aktuell, nachdem Anfang Dezember die Preise noch fast dreimal so hoch gelegen hatten. Doch bei den Verträgen der privaten Gaskunden spiegelt sich das nicht zwangsläufig wider.

Im Gegenteil: Laut dem Verbrauchportal Verivox erhöhten zum Jahreswechsel 524 Versorger die Gaspreise im Schnitt um 48,5 Prozent. Beim Strom fiel die Erhöhung von 762 Versorgern mit durchschnittlich 54 Prozent sogar noch höher aus. Selbst Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnte die Versorger unlängst, sich nicht zu bereichern: „Ich erwarte, dass die Energie-Unternehmen die Situation jetzt nicht ausnutzen und Sondergewinne machen“, sagte er der „Bild“.

Die aktuellen Preisbremsen verhindern, dass die sinkenden Großhandelspreise bei den Verbrauchern ankommen.

Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken, macht die Regierung für hohe Strom- und Gasrechnungen mitverantwortlich.

Doch für die Opposition ist Habecks Strom- und Gaspreisbremse für die Preisentwicklung mitverantwortlich: „Die aktuellen Preisbremsen verhindern, dass die sinkenden Großhandelspreise bei den Verbrauchern ankommen“, sagt etwa Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag. Die Preisbremsen hätten keinerlei Bremswirkung, beim Strom sollten die Preise derzeit bei maximal 30 Cent, bei Gas bei maximal acht Cent liegen. „Wirtschaftsminister Habeck muss die Preisbremsen deutlich absenken“, sagte Bartsch dem Tagesspiegel.

Jens Spahn fordert eine Anpassung der Preisbremse.
Jens Spahn fordert eine Anpassung der Preisbremse.

© dpa/Kay Nietfeld

Damit kommt es zu einer seltenen Einigkeit zwischen Linken und CDU, denn auch die Konservativen fordern Nachbesserungen an den Preisbremsen. „Die Energiepreisbremsen müssen an die Entwicklung der sinkenden Preise angepasst werden“, forderte Fraktionsvize Jens Spahn in der „Augsburger Allgemeinen“. Er fürchtet, dass die Preisbremse einen gegenteiligen Effekt haben könnte. „Wegen der Staatshilfen fehlt den Versorgern zudem der Druck, günstigere Preise an ihre Kunden weiterzugeben“, sagte Spahn.

Für Verbraucher lohnt sich der Wechsel

Tatsächlich machen sich die Preissenkungen bislang nur bei Neuverträgen bemerkbar, wo Gaskunden laut Verivox-Daten aktuell im Durchschnitt 11,2 Cent pro Kilowattstunde zahlen müssen. Bei vielen Verbrauchern, die von den Grundversorgern beliefert werden, sind die Bestandsverträge dagegen deutlich höher. Verbraucherschützer raten inzwischen zum Wechsel.

Die Verbraucherzentralen warnen zudem vor überhöhten Abschlägen. Die Energiepreisbremsen sollten die Bürger entlasten, argumentierte ihr Bundesverband VZBV am Montag. „Umso ärgerlicher, dass mancher Anbieter offensichtlich versucht, abzukassieren und völlig überhöhte Abschläge durchzudrücken.“ Demnach liegen dem Verband Hinweise vor, wonach vereinzelt März-Abschläge von mehr als 1000 Euro verlangt werden.

Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, verteidigt hingegen das Vorgehen der Branche. „Die meisten Unternehmen beschaffen Strom und Gas langfristig, zum Teil mehrere Jahre im Voraus. Lieferverträge für das laufende Jahr mussten daher schon im vergangenen Jahr zu den sehr hohen Preisen im Großhandel abgeschlossen werden“, sagte Andreae dem Tagesspiegel.

Viele Versorger könnten die Preise daher noch nicht senken, im Durchschnitt seien die Gaspreise für Endkunden aber seit Dezember von 20 auf 18 Cent gesunken. „Das zeigt, die Gaspreisbremse ist ein wichtiges Entlastungsinstrument.“

Michael Kruse, energiepolitischen Sprecher der FDP, sieht die Politik der Ampel bestätigt. „Unsere erfolgreiche Energiepolitik hat an den Energiebörsen zu stark fallenden Preisen geführt“, sagte er. Nun sei es aber wichtig, das Energie-Angebot auszuweiten, etwa durch die Gas- und Öl-Förderung in der Nordsee oder Schiefergas-Fracking in Deutschland. Auch dieses für Robert Habeck leidige Thema scheint noch nicht ausgestanden.

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