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Bummeln auf der Akropolis. US-Präsident Barack Obama besuchte mit Eleni Banou vom griechischen Kulturministerium den Pantheon.

© Reuters

Barack Obama in Athen: Vom Wert der Demokratie

Populismus, Globalisierung und die Warnung vor Rassismus: Wie der US-Präsident Barack Obama in Athen den Wert der Demokratie beschwört.

Er geht lässig von der Bühne. Wie immer mit seinen schlenkernden Armen im grauen Maßanzug. Barack Obama hat sich auf Griechisch verabschiedet, mit ein paar Schritten ist er im Schatten, während die Gäste im neuen Opernhaus in Athen stehend applaudieren. Er hat alles gesagt. Acht Jahre Präsidentschaft, sein Glaube an die Demokratie, seine Warnung vor Populisten und den egoistischen Eliten. „Philotimo“, ruft Obama am Ende in den Saal. „Ich glaube weiterhin, dass es noch mehr von dem gibt, was die Griechen ,Philotimo’ nennen – Liebe und Achtung und Zuneigung gegenüber Familie, der Gemeinschaft, dem Land.“

In zwei Monaten verlässt er das Weiße Haus. Für seinen Abschied von Europa hat sich der scheidende US-Präsident nur zwei Stationen ausgesucht: Griechenland und Deutschland. Am Mittwochmorgen erfüllt er sich einen Kindheitstraum, wie er sagt, und besichtigt die Akropolis. Dann kommt die Grundsatzrede im riesigen Kulturzentrum der Reederfamilie Niarchos im Hafen von Piräus. Als Obamas „Vermächtnis“ ist sie angekündigt worden. Am Geburtsort der Demokratie wollte er sie halten. Das war ihm wichtig.

Einiges von seiner Botschaft, die er loswerden will, war schon am Vortag beim gemeinsamen Auftritt mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras zu hören. Nun ist es ausgefeilter: Es geht um die Verteidigung der Demokratie oder vielmehr um ihre Bürger, die zurückgewonnen werden müssen. Die wachsende Ungleichheit zwischen den Ländern wie innerhalb eines Landes hat ein „tief empfundenes Gefühl der Ungerechtigkeit“ unter den Menschen entstehen lassen, sagt Obama. Für die Demokratien auf der Welt ist dies zu einer ernsthaften Herausforderung geworden. Obamas Forderung: „Der gegenwärtige Kurs der Globalisierung braucht eine Korrektur.“

Der Widerspruch der modernen Globalisierung, so erklärt der Präsident, sei, dass diesselbe Kraft, die Gesellschaften zueinander gebracht habe, gleichzeitig zu „enormen Brüchen“ im Leben der Menschen führte. Arbeitsplätze wanderten plötzlich ab, Löhne sinken unter dem Druck des internationalen Wettbewerbs, Kollektivverträge verlieren ihr Gewicht. Obama hat offenbar den 8. November im Blick, die weißen amerikanischen Arbeiter, die am Wahltag Donald Trump an die Macht gebracht haben. Und eben nicht Hillary Clinton, die Vertreterin des Washingtoner Establishments.

Barack Obama kommt auch auf Donald Trump zu sprechen

Trump ist während Obamas Rede immer irgendwie im Opernhaus anwesend, und an einer Stelle kommt der scheidende Präsident auf seinen Nachfolger zu sprechen. „Der nächste amerikanische Präsident und ich könnten nicht verschiedener sein“, sagt Obama. „Wir haben sehr verschiedene Positionen. Doch die amerikanische Demokratie ist größer als ein einzelner Präsident.“ Auch eine der größten Sorgen über die kommende Trump-Administration, die Abkehr von den internationalen Bemühungen um den Klimaschutz, spricht Obama indirekt an. Es gebe eine Verbindung zwischen Demokratie und Wissenschaft, sagt er. In beiden Bereichen würden Entscheidungen auf der Grundlage von Tatsachen getroffen, nicht auf der von Aberglaube oder Ideologien. Ein Seitenhieb auf den New Yorker Immobilienkönig mit dem Faible für Verschwörungstheorien.

Aber auch um die Populisten in Großbritannien, die den Brexit in Bewegung setzten, geht es Obama und um autoritäre Staatschefs wie Wladimir Putin oder Recep Tayyip Erdogan, selbst wenn er sie nicht beim Namen nennt: Führer von Demokratien, in denen es Wahlen gebe, aber wo keine Teilnahme der Bürger am Leben der Demokratie erlaubt sei. „Geschichte verläuft nicht geradlinig“, sagt der Noch-US-Präsident. Und: „Fortschritt muss erkämpft werden.“

Um die negativen Folgen der Globalisierung zu korrigieren, die Desorientierung, die viele nun empfänden, fordert Obama eine Wirtschaftspolitik, die „inklusiv“ ist, also Rücksicht auf die Arbeitenden nehmen soll. Es ist ein sozialdemokratisches Vermächtnis, das Obama seinen Zuhörern gibt. Und wieder warnt er vor Nationalismus und Rassismus. „Wir können nicht zurückblicken, um Antworten zu finden. Wir müssen nach vorne schauen.“

Obama fliegt im Anschluss an die Athener Rede nach Berlin weiter, der zweiten und letzten Station seiner Europareise. „Es ist ein sehr wichtiger Besuch“, sagt George Katsiantonis, Abgeordneter der kleinen liberalen Union der Zentristen im griechischen Parlament und früher US-Politiker, der für die Demokraten im Bundesstaat New Hampshire im Repräsentantenhaus saß. Obamas Besuch soll der Welt zeigen, wie stabil Griechenland in einer instabilen Region ist, sagt Katsiantonis mit Blick auf die Mittelmeeranrainerstaaten von Libyen bis Syrien. Obama werde aber auch versuchen, Angela Merkel von der Notwendigkeit einer weiteren Schuldenerleichterung für Griechenland zu überzeugen. „Einige sagen: ‚Er ist nur noch zwei Monate im Amt.‘ Doch viele US-Präsidenten spielen auch nach dem Ende ihrer Amtszeit eine wichtige Rolle.“

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