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Zum Zusehen verdammt: Joe Biden, designierter US-Präsident.

© AFP/Roberto Schmidt

Biden appelliert an Trump-Regierung: „Mehr Menschen könnten sterben, wenn wir uns nicht abstimmen“

US-Präsident Trump klammert sich an die Macht, der Kampf gegen das Coronavirus gerät aus dem Blick. Sein designierter Nachfolger kann das noch nicht ändern.

In den USA sind mittlerweile mehr als 245.000 Menschen an oder mit einer Covid-19-Erkrankung gestorben – so viele wie in keinem anderen Land der Welt. Durch die Präsidentschaftswahl Anfang November ist die Coronakrise in dem Land zeitweise aus dem Blickfeld geraten – dabei steigen die Infektionszahlen in den USA weiterhin ungehindert, mehr als elf Millionen Menschen haben sich mit dem Coronavirus infiziert.

Allein am Sonntag stieg die Zahl der Neuinfizierten auf mehr als 130.000, der bisherige Tageshöchststand liegt bei 177.224 Neuinfektionen für vergangenen Freitag.

Gemessen an der Einwohnerzahl liegen die Vereinigten Staaten mit etwa 75 Toten pro 100.000 Einwohner zwar hinter Spanien, Belgien, Großbritannien und verschiedenen lateinamerikanischen Staaten.

Doch während der amtierende US-Präsident Donald Trump weiterhin unbegründete Zweifel am Wahlergebnis sät, warnen bereits Wissenschaftler der Universität von Washington vor einer weiteren Eskalation der Coronakrise: Geht es weiter wie bisher, könnten bis März insgesamt knapp 440.000 US-Amerikaner an Covid-19 gestorben sein, wie aktuelle Modellberechnungen des „Institute for Health Metrics and Evaluation“ zeigen.

Ausgehend von den aktuellen Totenzahlen würde dies rund 200.000 weiteren Corona-Toten in dem Land entsprechen. Falls die Abstandsregelungen und Corona-Maßnahmen hingegen gelockert werden, würde die Zahl der Corona-Toten bis März sogar auf mehr als 580.000 steigen.

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Im dritten und letzten Szenario gehen die Forscher von einer landesweiten Maskenpflicht in fast allen öffentlichen Bereichen aus – unter diesen Umständen flacht die Kurve der Corona-Toten bis März deutlich auf etwa 370.000 ab. Selbst in diesem Szenario würden somit immer noch mehr als 100.000 weitere Menschen an oder mit einer Covid-19-Erkrankung sterben.

Biden: Ohne Abstimmung könnten mehr Menschen sterben

Dass die US-Regierung unter Donald Trump bis zum Ende der Amtszeit im Januar entschieden gegensteuert, zeichnet sich nicht ab. Trump hatte während der vergangenen Wochen im US-Wahlkampf die Gefahr durch das Coronavirus immer wieder heruntergespielt und behauptet, sein Land habe die Pandemie überwunden – die Zahl der Neuinfizierten und Toten sprechen eine andere Sprache.

Mobiles Testgelände für Corona-Tests in New York einem Zelt

© dpa/AP/John Minchillo

Zwar gilt Joe Biden als gewählter US-Präsident, doch bis zur Amtsübernahme am 20. Januar ist Biden machtlos und kann nichts an dem aktuellen Politik-Kurs in der Corona-Pandemie ändern.

Biden warnte: „Mehr Menschen könnten sterben, wenn wir uns nicht abstimmen.“ Wenn sein Team mit der Vorbereitung bis zur Amtseinführung am 20. Januar warten müsse, verzögere dies alles um einen oder um eineinhalb Monate. Deswegen sei es wichtig, dass die Abstimmung jetzt oder „so schnell wie möglich“ erfolge.

Die jetzige US-Regierung unter Trump blockiert die Vorbereitungen für den Machtwechsel und die Zusammenarbeit von Regierungsstellen mit Bidens Übergangsteam. Biden bereitet jedoch bereits Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie vor, wie sein Stabschef Ronald Klain am Sonntag dem TV-Sender NBC erklärte.

Zäher Machtwechsel erschwert Kampf gegen Pandemie

Dabei will der künftige US-Präsident die Bevölkerung offenbar vor allem mit gezielten Maßnahmen vor Infektionen schützen: „Wir haben Ansätze mit der Präzision eines Skalpells statt der rohen Kraft einer Axt“, sagte Vivek Murthy, einer der Co-Chefs des Coronavirus-Expertenrats von Biden, dem TV-Sender Fox am Sonntag.

Zwei Medizinerinnen in Schutzkleidung arbeiten auf einer Station im New Yorker Krankenhaus „Bellevue Hospital“.

© dpa/Seth Wenig

Kritik an dieser Blockade übt selbst Trumps Chefvirologe Anthony Fauci: Dass die Trump-Regierung sich weigert, Bidens Wahlsieg anzuerkennen, behindere den künftigen Kampf gegen die Pandemie, sagte Fauci im TV-Sender CNN. In einigen Bundesstaaten haben die Gouverneure bereits den Ernst der Lage begriffen und striktere Maßnahmen zum Infektionsschutz verfügt.

Dazu gehört zum Beispiel der Bundesstaat North Dakota, dessen Gouverneur zu den Republikanern gehört, der Partei Trumps. Eine Maskenpflicht und Beschränkungen für Restaurants gelten nun bis Mitte Dezember in dem Bundesstaat, der an der Grenze zu Kanada liegt. Eine Maskenpflicht in geschlossenen Räumen gilt nun ebenfalls im republikanisch regierten US-Bundesstaat West Virginia.

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50 US-Bundesstaaten mit teils unterschiedlichen Maßnahmen

Im demokratisch regierten US-Bundesstaat Michigan dürfen Restaurants ähnlich wie in Deutschland vorerst nur noch außer Haus verkaufen – Universitäten und Veranstaltungsorte bleiben geschlossen, und wer kann, soll von Zuhause aus arbeiten. Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer hat die schärferen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verteidigt.

„Wir befinden uns in den schlimmsten Wochen dieser Pandemie. Wir machen das seit neun Monaten durch und im Moment sind die Zahlen so schlimm wie noch nie, und deshalb müssen wir aggressive Maßnahmen ergreifen“, sagte Whitmer am Montag dem Sender MSNBC.

Angesichts des „Machtvakuums“ in Washington sei es Aufgabe der Gouverneure, alles mögliche zu tun, um Leben zu retten, und den Rat der Gesundheitsexperten zu befolgen. Allerdings bleibt fraglich, ob vereinzelte und schärfere Corona-Maßnahmen der insgesamt 50 teilsouveränen US-Bundesstaaten die Pandemie eindämmen können. (mit dpa)

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