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Joachim Gauck ist ein deutscher parteiloser Politiker und evangelischer Theologe. Er war vom 18. März 2012 bis zum 18. März 2017 der elfte und erste parteilose Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Zu DDR-Zeiten war Gauck evangelisch-lutherischer Pastor und Kirchenfunktionär. Fotografiert am 19. April 2023 in Berlin.

© Mario Heller/Tagesspiegel

Ex-Bundespräsident Gauck über die AfD: „Diese Typen kommen nie an die Macht“

Joachim Gauck hält die deutsche Demokratie für stark. Die AfD werde keine Regierung stellen können, sagt der Alt-Bundespräsident - auch wegen NS-Zeit und DDR.

Die AfD hat aus Sicht des früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck keine Chance, hierzulande die Regierung zu stellen. „Diese Typen kommen bei uns nie an die Macht in Deutschland“, sagte der 83-jährige frühere Pastor in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ am Dienstagabend.

Auf Nachfrage sagte der parteilose Theologe: „Deutschland ist doppelt geimpft: Wir hatten eine braune Diktatur, eine rote. Und eine weitere wollen wir nicht. Also: Wir bleiben bei unserer relativ gut funktionierenden, liberalen Demokratie.“

Zur starken Zustimmung für die rechte AfD, gerade in Ostdeutschland, sagte Gauck, unter den Ostdeutschen gebe es - auch wegen der gut 40 Jahre DDR-Vergangenheit - eine „sehr starke Rückbindung an Autoritäres“. Doch müsse sich die westdeutsche Mehrheitsgesellschaft klarmachen: „Es sind keine Charaktermängel, die die Ossis da kollektiv haben.“

Denn natürlich gebe es auch im Westen Anhänger einer nationalpopulistischen Gesinnung, und Diktatur „können alle“. Er fügte an: „Wenn die Hessen und Bayern 44 Jahre draufgekriegt hätten auf die zwölf Jahre Nazi-Diktatur, dann wären sie heute auch eine andere Völkerschaft.“ Der Grund für die Unterschiede zwischen Ossis und Wessis, die nicht geleugnet werden sollten, sei: „Lange politische Ohnmacht bleibt nicht ohne Folgen.“

Gauck stammt selbst aus Rostock und war in der DDR Kirchenfunktionär. Die AfD erlebt in Umfragen zurzeit einen Höhenflug - derzeit steht sie bundesweit bei etwa 20 Prozent.

Gauck: Im Westen wurde Demokratie von Beginn an antrainiert

Gauck sagte, im Westen habe die Demokratie den Menschen erlaubt, ein Individuum in freier Selbstbestimmung zu sein und vor allen Dingen Eigenverantwortung zu trainieren - von der Schule an. „Genau das Gegenteil wird in der Diktatur gefordert. Gehorsam und Anpassung wie zu Zeiten der Fürsten bringt dich nach oben.“

Gauck verwies auf Studien, wonach es in jedem Land eine Bevölkerungsgruppe gebe, die stärker Führung suche und nicht so sehr eigene Mitwirkung und Mitbestimmung. Diese Menschen sähen Freiheit als „eher problematisch an“, dagegen sei Sicherheit ihr Hauptthema. Vor diesem Hintergrund, der ihm vor zehn Jahren noch nicht so klar gewesen sei, müsse sich Deutschland auf eine längere Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus einstellen.

Unzufriedenen Wählern riet Gauck, diese sollten sich ernsthaft überlegen, ob sie tatsächlich lieber in einem Land leben wollten, das von Menschen wie Russlands Staatschef Wladimir Putin oder dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan regiert wird.

Mit Blick auf die gestiegene Zahl an Migranten hierzulande stellte Gauck die Frage: „Ist es möglich, dass Europa Flüchtlinge aus allen möglichen Problemzonen beherbergt und integriert?“ Ein Teil der Bevölkerung habe den Eindruck, die Migrationspolitik sei zu wenig gestaltet. „Und das erzeugt Ängste.“ (dpa)

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