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Die 91-jährige Holocaust-Überlebende Eva Szepesi.

© Imago/Christian Ditsch

Update

Holocaust-Überlebende bei Gedenken im Bundestag: „Die Schoah begann mit dem Wegschauen der Gesellschaft“

Eva Szepesi, 91 Jahre alt, hat den Holocaust überlebt. In der Gedenkstunde des Bundestages warnte sie davor, Hass und Vorurteile gegenüber Gruppen von Menschen nicht gleichgültig hinzunehmen.

| Update:

Die Holocaust-Überlebende Eva Szepesi hat die deutsche Gesellschaft eindringlich dazu aufgefordert, Hass und Vorurteile gegenüber Gruppen von Menschen nicht gleichgültig hinzunehmen. „Die Schoah begann nicht mit Auschwitz. Sie begann mit Worten und sie begann mit dem Schweigen und dem Wegschauen der Gesellschaft“, sagte Szepesi, die das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau überlebte, am Mittwoch in der Gedenkstunde des Bundestags für die Opfer des Nationalsozialismus.

Szepesi sagte, es schmerze sie, dass Juden auch heute deswegen angegriffen werden, weil sie Juden sind. Die 91-Jährige, die erst 50 Jahre nach ihrer Befreiung begonnen hatte, über ihre Erfahrungen zu sprechen, bezeichnete die Angriffe der Hamas auf Israel am 7. Oktober des vergangenen Jahres als „Tag, der für uns Juden alles veränderte“. Auch ihr Alltag in Deutschland sei seitdem geprägt von erhöhten Sicherheitsmaßnahmen, antisemitischen Vorfällen und Ängsten. Lesungen von ihr seien abgesagt worden, weil die Veranstalter für ihre Sicherheit nicht hätten garantieren können.

Szepesi beklagte in dem Zusammenhang ein „lautes Schweigen der Mitte der Gesellschaft“ und „Gespräche, die mit ,Ja, aber' beginnen“.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier führt die Auschwitz-Überlebende Eva Szepesi in den Plenarsaal.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier führt die Auschwitz-Überlebende Eva Szepesi in den Plenarsaal.

© Imago/Christian Ditsch

Sie wünsche sich, dass nicht nur an Gedenktagen und nicht nur an die ermordeten Opfer des Holocaust erinnert werde, sondern auch an die Überlebenden. „Sie brauchen jetzt Schutz“, sagte Szepesi. Es erschrecke sie, wenn rechtsextreme Parteien wieder gewählt würden. Sie fühle sich „noch“ beschützt durch die Demokratie in Deutschland, sagte sie und forderte dazu auf, nicht nur gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren, sondern auch im Alltag menschenfeindlichen Aussagen zu widersprechen.

Szepesi stammt aus einer jüdischen Familie. Sie wurde 1932 in Budapest geboren. 1944 deportierten sie die Nationalsozialisten in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Sie erlebte die Befreiung des Lagers am 27. Januar 1945 durch die sowjetische Armee und überlebte als eines der wenigen Kinder die Verbrechen der Nazis. Erst 1995 sprach sie erstmals über die Schrecken dieser Zeit.

Bundestagspräsidentin Bas ruft zu Verständigung auf

Anlässlich des Gedenkens an die Opfer der Nationalsozialisten hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) zu Verständigung, Respekt und Toleranz aufgerufen. „Wenn sich Ausgrenzung und Hass in unserem Land breitmachen, dann wird unsere Demokratie erdrückt“, sagte Bas am Mittwoch in der Gedenkstunde des Parlaments in Berlin. Sie rief dazu auf, Hass und Menschenfeindlichkeit, insbesondere auch Antisemitismus entgegenzutreten.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) ruft zu Verständigung, Respekt und Toleranz auf.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) ruft zu Verständigung, Respekt und Toleranz auf.

© IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Judenhass ist kein Problem nur der Vergangenheit. Antisemitismus ist ein Problem der Gegenwart“, sagte Bas. Dies zeige sich in „erschreckender“ Weise seit dem Angriff der Hamas auf Israel. Mehr als 2000 antisemitische Straftaten habe es seitdem in Deutschland gegeben. „Dieser Ausbruch des Antisemitismus ist eine Schande für unser Land“, sagte die Parlamentspräsidentin.

Das Holocaust-Gedenken im Bundestag im Livestream:

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Die Gedenkstunde des Bundestages findet traditionell rund um den Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 statt. 1996 hatte der damalige Bundespräsident Roman Herzog das Datum als Gedenktag proklamiert. (epd)

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