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Kritiker der israelischen Siedlungspolitik monieren, der Wohnungsbau mache einen eigenen Palästinenserstaat quasi unmöglich.

© Ahmad Gharabli/AFP

Israels Plan fürs Westjordanland: 3000 Wohnungen und viel Streit

Israel will neue Wohnungen im Westjordanland errichten. Das erzürnt Europa und Amerika - sogar die Regierung in Jerusalem debattiert über das Vorhaben.

In vielen Beobachtern dürfte die Meldung ein Déjà-vu-Gefühl wecken. Israel kündigt den Bau neuer Siedlungen an, die Weltgemeinschaft protestiert ein paar Tage lang, dann kehrt Alltag ein. Auch der Streit um die jüngste Ankündigung Israels, die Siedlungen im Westjordanland zu erweitern, scheint dem vertrauten Drehbuch zu folgen.

Doch eine Sache ist neu: Der Streit um die Siedlungen hat Israels Regierung selbst erfasst und legt ihre ideologischen Bruchlinien offen.

Am Mittwoch hatte die Oberste Planungsbehörde der israelischen Zivilverwaltung Pläne zum Bau von gut 3000 neuen Wohneinheiten in verschiedenen Siedlungen im Westjordanland genehmigt. Israels Minister für Wohnungsbau, Zeev Elkin von der rechten Partei Neue Hoffnung, begrüßte den Schritt: Die „jüdische Präsenz“ im Westjordanland zu stärken, sei „von essenzieller Bedeutung für die zionistische Vision“.

Israels Ministerpräsident Naftali Bennett, Vorsitzender der rechten Yemina-Partei, setzt sich seit Langem für einen Ausbau der Siedlungen ein und lehnt die Gründung eines Palästinenserstaates ab.

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Im Sechs-Tage-Krieg von 1967 hatte Israel unter anderem das Westjordanland von Jordanien erobert, welches die Palästinenser als Teil ihres zukünftigen Staates betrachten. Viele Israelis wiederum sehen den Landstrich – teils aus religiösen, teils aus strategischen Gründen – als unverzichtbaren Bestandteil des Jüdischen Staates.

Etwas 400.000 Israelis leben in den Siedlungen

Im Laufe der Jahrzehnte errichtete der jüdische Staat etliche Siedlungen dort, in denen heute rund 400.000 israelische Bürger leben. Der UN-Sicherheitsrat hat diese Siedlungen 2016 als Verletzung internationalen Rechts eingestuft. Die deutsche Regierung kritisiert sie ebenfalls regelmäßig.

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Auch die jüngste geplante Ausweitung der Siedlungen hat die Bundesregierung mahnend kommentiert. „Wir sprechen uns erneut nachdrücklich gegen die israelische Politik des Siedlungsbaus in den besetzten palästinensischen Gebieten aus; sie verletzt geltendes Völkerrecht und untergräbt die Bemühungen um eine Zweistaatenlösung“, heißt es in einer Erklärung, die Deutschland am Donnerstag gemeinsam mit elf weiteren europäischen Staaten veröffentlichte.

Die US-Regierung, die als Israels wichtigster Verbündeter gilt, äußerte sich ebenfalls kritisch. Der Siedlungsbau sei „mit den Bemühungen um Spannungsabbau und Beruhigung völlig unvereinbar“, sagte Ned Price, Sprecher des US-Außenministeriums.

Israels Premier Naftali Bennett muss die Koalition zusammenhalten.
Israels Premier Naftali Bennett muss die Koalition zusammenhalten.

© Evgeny Biyatov/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

In der Vergangenheit hatte sich Israels Führung meist geschlossen dickfellig gezeigt gegenüber der internationalen Kritik. Diese Regierung jedoch, im Amt seit Mitte Juni, ist ideologisch breiter gefächert als jede ihrer Vorgänger: Rechte Nationalisten regieren zusammen mit Linken und Arabern.

Erhebliche Bedenken innerhalb der Regierung

Schwere Bedenken an den Baugenehmigungen kommen deshalb aus Regierung selbst. In einer Kabinettssitzung Anfang der Woche forderten Verkehrsministerin Merav Michaeli von der Arbeitspartei und Gesundheitsminister Nitzan Horowitz von der linksliberalen Meretzpartei Bennett auf, den Ausbau der Siedlungen zu stoppen. Michaeli sprach gar von einer „roten Linie“. Die beiden Parteien halten allerdings zusammen nur 13 Mandate in einer Koalition von 61 Sitzen.

In der Folge verwickelten sie sich in einen Twitterstreit mit ihrem Koalitionspartner, der Blau-Weiß-Partei des Verteidigungsministers Benny Gantz. Linke wie Michaeli sollten „nicht über diplomatische und sicherheitstechnische Verantwortung predigen“, schrieb die Partei in einem Tweet, der wütende Reaktionen von linker Seite provozierte.

Aber womöglich passiert ja gar nicht viel. Minister Horowitz erklärte jüngst, Israel werde während der Amtszeit der Regierung nicht mit dem Bau neuer Siedlungen im Westjordanland beginnen. „Für unsere Partner an der rechten Flanke der Regierung ist es schwierig, aber wir haben beschlossen, den Status quo vor Ort zu belassen, ohne neue Siedlungen, ohne neue Außenposten.“

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