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Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel oder Frank-Walter Steinmeier: Wer macht das Rennen für die SPD-Kanzlerkandidatur?

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K-Frage der SPD: "Wir brauchen eine echte Alternative zu Merkel"

Trotz Mahnungen von Generalsekretärin Nahles wird in der SPD die Kanzlerkandidatenfrage eifrig diskutiert. Nach Stimmen für Frank-Walter-Steinmeier melden sich nun Befürworter von Peer Steinbrück. Am meisten in den Vordergrund spielt sich Sigmar Gabriel.

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Die öffentliche Debatte über den möglichen Kanzlerkandidaten der SPD für 2013 wird lebhafter. Nachdem es am Wochenende Stimmen zugunsten von Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gegeben hatte, sprachen sich in der „Bild"-Zeitung vom Montag SPD-Politiker für Ex-Finanzminister Peer Steinbrück aus. „Wir brauchen den Kandidaten, der eine echte Alternative zu Merkel darstellt - und von den Wählern auch so gesehen wird. Das ist gerade in der Euro-Krise Peer Steinbrück“, sagte der Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels.

Etwas vorsichtiger äußerte sich der baden-württembergische SPD-Landeschef Nils Schmid. „Ich denke, dass neben Steinmeier Peer Steinbrück ein sehr guter Kanzlerkandidat ist“, sagte er der „Bild"-Zeitung. „Der Ex-Finanzminister genießt in der Bevölkerung hohes Vertrauen und ist sehr beliebt.“ Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hatte sich zuvor für eine Kanzlerkandidatur Steinmeiers ausgesprochen. „Er wäre ein guter Kanzler für unser Land“, sagte Albig der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Seinem ehemaligen Chef Peer Steinbrück riet Albig von der Kandidatur ab: „Tu' Dir das nicht an!“, sagte der Ministerpräsident, der früher Pressesprecher Steinbrücks gewesen war.

Die SPD will über ihren Kanzlerkandidaten nach der bisherigen Terminplanung erst nach der Landtagswahl in Niedersachsen im Januar entscheiden. Als Kandidat im Gespräch ist auch Parteichef Sigmar Gabriel. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß rief in der „Rheinischen Post“ vom Montag seine Partei zur Disziplin in der Kandidatenfrage auf. Eine Debatte zum jetzigen Zeitpunkt sei nicht im Interesse der SPD. Insofern sei auch der Vorstoß Albigs „nicht hilfreich“. Auch der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat seine Partei dazu aufgerufen, sich in der Frage des Kanzlerkandidaten an den Zeitplan zu halten und bis zum kommenden Jahr mit einer Festlegung zu warten. „Alle sollten sich an das Vereinbarte halten, wenn sie nicht Personen und die Partei beschädigen wollen“, sagte Schulz dem Tagesspiegel. Der EU-Parlamentschef lobte SPD-Chef Sigmar Gabriel dafür, dass er „mit großer Souveränität“ selbst mehrere mögliche Spitzenkandidaten ins Spiel gebracht habe, obwohl ihm als Parteivorsitzendem „das erste Zugriffsrecht auf die Kanzlerkandidatur“ zustehe.

Seeheimer Kreis will sich erst 2013 entscheiden

Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, will sich erst nach der Landtagswahl in Niedersachsen im Januar 2013 für einen Kanzlerkandidaten entscheiden. „Sechs, sieben Monate vor einer Bundestagswahl reicht es vollkommen, Kandidaten aufzustellen“, sagte Kahrs am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Sowohl der Chef der SPD-Bundestagsfraktion Frank-Walter Steinmeier, der Bundestagsabgeordnete Peer Steinbrück als auch Parteichef Sigmar Gabriel leisteten gute Arbeit, sagte Kahrs. Auf einen Favoriten wollte er sich aber nicht festlegen. „Wir Seeheimer wollen, dass die SPD den Kanzler stellt“, erklärte der Politiker.

Auch die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig warnte am Montag davor, sich vorschnell auf einen Kanzlerkandidaten festzulegen. Jetzt müsse es für die SPD um Inhalte gehen, sagte Schwesig im Deutschlandfunk. Es gebe eine klare Verabredung, sich zur K-Frage erst nach der Landtagswahl in Niedersachsen im Januar zu positionieren. Daran sollten sich alle halten. „Wir kommen doch als SPD mit Inhalten gar nicht durch, wenn wir ständig Personaldebatten führen“, warnte Schwesig.

Gabriel trotz Babypause medial am präsentesten

Wenn es im Wettstreit um die Kanzlerkandidatur allein um mediale Erfolge ginge, hätte Parteichef Sigmar Gabriel am Wochenende klar das Rennen gemacht: Trotz Babypause brachte der junge Vater am Sonntag gleich in zwei Großinterviews seine Thesen zum Kampf gegen die Schuldenkrise und zum Umgang der Bundesregierung mit Steuerhinterziehung unter die Leute. Während Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier schon seit längerem wieder im politischen Geschäft zurück ist, meldete sich der dritte potenzielle Kandidat, Ex-Finanzminister Peer Steinbrück, am Samstag mit einem fast ganzseitigen Zeitungsinterview aus dem Urlaub zurück. Der gebürtige Hamburger und frühere SPD-Landesminister in Schleswig-Holstein erhielt ausgerechnet aus dem Norden den Rat, auf eine Bewerbung zu verzichten.

Gabriel trommelte im Deutschlandfunk sowie im Sommerinterview des ZDF für ein schärferes Vorgehen gegen Schweizer Banken und bekräftigte sein Werben für eine vertiefte Integration der EU, mit dem er die SPD als treibende Kraft darstellen und die Uneinigkeit der schwarz-gelben Koalition über die künftige Europapolitik offenlegen will. Scharf attackierte Gabriel das Agieren der Regierungschefin in der Finanzkrise. Das Problem sei, dass von Anfang an immer nur das Krisenmanagement im Mittelpunkt gestanden habe, sagte er. „Was fehlt, ist eine Krisenlösungsstrategie.“

Obwohl sich Gabriel in den Vordergrund drängt, favorisieren die Wähler einen anderen Kandidaten.

Deutschland sei wegen der Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank „längst in einer heimlichen Schuldenunion“ angekommen, kritisierte Gabriel. Die Ankäufe würden ohne politische Kontrollen getätigt, und die Kanzlerin sei nicht bereit, dies den Bürgern zu sagen. Kanzlerin Angela Merkel sei immer erst sehr spät zu Entscheidung gekommen, die sie vorher noch ausgeschlossen habe. Gabriel sprach sich erneut für eine Vergemeinschaftung von Schulden in der Europäischen Union aus. Diese dürfe es aber nur gegen harte Auflagen geben.

Gabriel nutzte die Gelegenheit auch, sein sommerliches Schwerpunktthema Bankenkontrolle zu vertiefen. In der Debatte über den Ankauf von CD mit Daten von Steuerhinterziehern aus der Schweiz attackierte er die Geldinstitute im Nachbarland scharf. „Wir reden hier über organisierte Kriminalität in Schweizer Banken in Deutschland“, sagte er und forderte eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main. Deutschland müsse nach amerikanischem Vorbild Schweizer Banken mit Strafverfolgung drohen.

Was dem Parteichef nicht gefällt, sind Berichte über die Erfolgsaussichten der drei Anwärter auf die Kanzlerkandidatur. Den Medien gehe es in dieser Debatte nur um Personen, aber nie um Sachthemen, kritisierte er. Gabriel bekräftigte die Absicht, die K-Frage erst um den Jahreswechsel zu entscheiden. Sowohl Steinmeier wie Steinbrück haben in Umfragen deutlich mehr Unterstützung als der Parteichef. Darauf angesprochen, meinte Gabriel, dies hänge damit zusammen, dass beide als Finanz- beziehungsweise als Außenminister der großen Koalition bei der Bevölkerung als diejenigen in Erinnerung geblieben seien, die die letzte Krise gemeistert hätten. Er freue sich darüber, dass dies der SPD zugute komme.

Anders als in den Umfragen werden Steinbrück in der SPD gegenwärtig die geringsten Chancen zugestanden. Ihm werfen viele Genossen Parteiferne und Rechthaberei vor. Als Favorit in der Troika gilt seit Monaten Fraktionschef Steinmeier, der sich um Integration verschiedener Positionen bemüht und auch auf dem linken Parteiflügel als verlässlicher, dialogbereiter Partner gesehen wird. Gegen Gabriel sprechen in den Augen vieler Parteifreunde dessen Sprunghaftigkeit sowie das geringe Vertrauen der Bevölkerung.

Steinbrück hatte seine Unterstützung für Gabriels Werben für eine Fiskalunion bekräftigt. „Der Parteivorsitzende hat recht, die Entwicklung muss und wird in diese Richtung gehen“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Der Ex-Finanzminister gab zu, das Werben für gemeinsame Haftung in Europa sei den skeptischen Deutschen nicht leicht zu vermitteln: „Das wird schwer für die SPD.“ Aber auch Merkel werde früher oder später mit ihrem Kurs auf Widerstände stoßen.

Im Wettstreit um die Kandidatur musste Steinbrück allerdings einen Rückschlag verkraften: Ausgerechnet der frühere Sprecher des Finanzministers, der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig, stellte sich gegen ihn. „Steinmeier wäre ein guter Kanzler für unser Land“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. An seinen früheren Chef gerichtet, meinte Albig: „Tu dir das nicht an! Es gibt auch andere Stellen, wo du mit dem, was du kannst und was dich stark macht, unserem Land großartig helfen kannst.“ Steinbrück hatte seinen Ex-Sprecher in dessen Wahlkampf massiv unterstützt.

Nahles: Debatte muss beendet werden

Die SPD-Spitze will sich nicht von ihrem Zeitplan abbringen lassen, den Kanzlerkandidaten erst im Januar 2013 zu benennen. Zur Empfehlung des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig für SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier als Kanzlerkandidat sagte Generalsekretärin Andrea Nahles am Montag nach einer Telefonkonferenz des SPD-Präsidiums: “Diese Äußerungen werden den Zeitplan der SPD nicht beeinflussen. Der steht.“ Die Debatte darüber, wer SPD-Kanzlerkandidat wird, nannte Nahles eine Nabelschau, die vor allem Kanzlerin Angela Merkel helfe. Sie müsse “deswegen umgehend beendet werden“. Es sei nicht klug, “sich jetzt öffentlich mit sich selbst zu beschäftigen“.

Parteichef Sigmar Gabriel hatte mehrfach angekündigt, dass er nach der Landtagswahl in Niedersachsen am 20. Januar 2013 einen Kanzlerkandidaten vorschlagen werde. Zu den möglichen Kandidaten gehört neben Gabriel und Steinmeier auch Ex-Finanzminister Peer Steinbrück. “Dieser Zeitplan wird geteilt von allen drei möglichen Kandidaten“, sagte Nahles.

“Selbst wenn alle Ministerpräsidenten der SPD in Deutschland sich äußern würden und der Parteivorstand der SPD es nicht für geboten hält, den Zeitplan zu ändern, dann muss ich leider die Landesfürsten enttäuschen. So läuft das nicht.“ Die SPD müsse sich auf das konzentrieren, was jetzt anstehet, “nämlich die Regierung zu treiben, ihnen Entscheidungen abzuringen“. (mit AFP/dapd)

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