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Friedrich Merz will die CDU auch als Klimapartei positionieren.

© Imago/Chris Emil Janßen

Keine Verbote?: Die CDU auf der Suche nach der Klimaformel

Von den Wählern wird der CDU bislang keine besonders große Klimakompetenz zugeschrieben. Die Partei will das ändern – und lud zu einem „Zukunftskongress“.

Der Gast hat eine Botschaft mitgebracht, die sie gerne hören bei der CDU. „Wer an marktwirtschaftliche Prinzipien glaubt, hat alle Mittel in der Hand, um den Klimawandel zu bekämpfen“, sagt Ottmar Edenhofer, Chefökonom beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Es gehe auch ohne Verbote. Dann müsse man aber bereit sein, steigende CO₂-Preise zu akzeptieren, sagt Edenhofer. Nur durch steigende Preise würden CO₂-freie Innovationen erst rentabel.

Wenn der Ökonom spricht, nickt Friedrich Merz. Das sei „Salbe auf unsere Seele“, sagt der CDU-Chef. „Das ist eine Bestätigung dessen, was wir für richtig halten.“

Die CDU und das Klima – das ist keine einfache Beziehung. Einst wurde Angela Merkel noch als Klimakanzlerin gefeiert, doch das ist lange her. Deutschland verfehlte auch zum Ende ihrer Kanzlerschaft 2021 das Klimaziel.

Bei der letzten Bundestagswahl verorteten nur zwölf Prozent der Wähler die größte Kompetenz für Umwelt- und Klimapolitik bei der Union. Gerade bei jungen Wählern ist das Vertrauen gering – auch dank der scharfen Attacken des YouTubers Rezo.

Grüne Start-ups als Botschafter

Friedrich Merz will erreichen, dass sich das ändert. „Zukunftskongress“ hat die Union ihre Veranstaltung im Berliner Tempodrom genannt, es soll um die Verknüpfung von Klimaschutz, Wirtschaft und Arbeitsmarkt gehen. Eine starke Wirtschaft und ein nachhaltiger Klimaschutz seien keine Gegensätze, hatte Merz vorab erklärt.

Wir brauchen mehr Klimatechniker als Klimakleber.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja

Eingeladen hat die CDU nicht nur den Klimaökonom Edenhofer, sondern auch Gründerinnen und Gründer von grünen Start-ups, wie etwa das Unternehmen Marvel Fusion, das an Kernfusion arbeitet – eine Technologie, die in der CDU als mögliche Energiequelle der Zukunft gesehen wird. Dabei war auch das Unternehmen C1, das grünes Methanol herstellt, und Rytle, das E-Lastenfahrräder für Unternehmen produziert. „Wir brauchen mehr Klimatechniker als Klimakleber“, verkündete CDU-Generalsekretär Mario Czaja vollmundig.

CO₂-Speicherung als Lösung?

Bei ihrer Klausur Anfang des Jahres in Weimar hatte die CDU bereits ein Grundsatzpapier verabschiedet, in dem sie forderte, Wirtschaftspolitik, Energiepolitik und Klimapolitik als Einheit zu verstehen. Darin verweist die CDU darauf, dass CDU-geführte Regierungen die Reduktion des CO₂-Ausstoßes bis zum Jahr 2020 im Vergleich zu 1990 bei einer Verdopplung der Wirtschaftsleistung hervorgebracht hätten.

Außerdem schreibt die CDU: „Ohne Innovation und Technologie können wir die globale Erwärmung nicht bremsen.“ Allein mit der Vermeidung von CO₂-Emissionen werde man die Klimaneutralität nicht erreichen. CO₂ müsse auch abgeschieden, gespeichert und genutzt werden. Gemeint ist beispielsweise die „Carbon capture and Storage“-Technologie, kurz CCS. Die ist in Deutschland noch nicht erlaubt, in der Politik findet aber gerade ein Umdenken statt.

Es ist nicht so, dass morgen die Welt untergeht.

CDU-Chef Friedrich Merz

Die Position der CDU: Das Klimaproblem löse man nicht mit Verboten oder Regulierung, sondern nur mit einer „guten Rahmengesetzgebung“ und mit technischen Innovationen. Die Botschaft: Es muss sich nicht viel ändern. Die Kritik, dass von den erhofften Innovationen noch gar nicht klar ist, wann sie kommen und währenddessen die Zeit beim Klimaschutz abläuft – die will Merz nicht gelten lassen. Es sei eben nicht so, dass morgen die Welt untergehe. „Wenn wir in den nächsten zehn Jahren die Weichen richtig stellen, sind wir auf einem guten Weg“, sagte Merz der „Zeit“.

Die Basis setzt andere Prioritäten

Dem Klimaschutz alles andere unterordnen, wolle er nicht. Das dürfte auf Linie der Parteimitglieder sein. Die CDU ließ kürzlich ihre Mitglieder befragen zu den großen Zukunftsthemen und Herausforderungen, vor denen Deutschland steht. Die Aufgabe „Klimaschutz vorantreiben“ schnitt von allen genannten Zukunftsthemen mit am schlechtesten ab. Nur 41 Prozent hielten das für „besonders wichtig“, während beispielsweise „Energieversorgung sichern“ oder „Zuwanderung neu regeln und steuern“ auf 83 beziehungsweise 73 Prozent kamen.

„Das Meinungsbild deckt sich exakt mit dem, was wir in der Bevölkerung insgesamt sehen“, sagte Merz der „Zeit“. „Das Thema Klimaschutz rangiert schon seit langer Zeit in den Augen der Bevölkerung nicht da, wo es in der Politik gesehen wird.“

Zur Wahrheit gehören steigende CO₂-Preise

Im Tempodrom erklärt Merz, wenn man das Klima retten wolle, dann könne man das nur mit den Menschen tun. „Man rettet das Klima nicht mit Straßenblockaden oder mit der Zerstörung von Kunstwerken. Man rettet das Klima nicht mit Regulierung, Verboten, Bevormundung und Umerziehung.“ Eine Demokratie sei „kein Volkserziehungsheim“.

Eines der Lieblingsstichworte der CDU beim Klimaschutz ist „Technologieoffenheit“: Es dürfe nicht vorgegeben werden, mit welchen Mitteln die Klimaziele erreicht werden sollen. In diese Kerbe schlägt auch der Leiter des Wasserstoffbereichs bei BMW, den die CDU eingeladen hat. Man dürfe nicht nur auf E-Mobilität setzen, erklärt der. Es brauche ein zweites Standbein: Wasserstoff. „Alternativen anzubieten, überzeugt mehr Menschen umzusteigen.“

Eine offene Frage ist allerdings, ob es genug Wasserstoff geben wird, damit Pkw im großen Stil damit fahren können. Die Herstellung gilt zudem bislang als energieineffizient.

Merz fordert „Zuversicht und Optimismus“. Man müsse allen neuen Technologien eine Chance geben. Und er sagt: „Nur eine marktwirtschaftliche Ordnung wird in der Lage sein, diese große Herausforderung des Klimawandels zu bewältigen.“ Immer wieder bezieht sich Merz auf den Klimaökonom Edenhofer.

Der liegt zwar mit seinem Werben für CO₂-Preise auf Parteilinie. Edenhofer hat aber auch eine Botschaft an die CDU mit ins Tempodrom gebracht: Wer gegen Verbote im Namen des Klimaschutzes sei, der müsse dem Land auch zutrauen, steigende CO₂-Preise zu verkraften. Das gehöre zur Wahrheit dazu, sagt Edenhofer. Die Zeiten, in denen die Menschen von Klimapolitik nichts merkten, seien vorbei. Es gelte dann einkommensschwächere Haushalte zu entlasten. In der CDU gibt es auch für diese Aussagen Applaus.

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