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In trauter Runde. Auch am Montag debattierten die Vertreter der sieben Industrienationen auf Schloss Elmau über das Weltgeschehen. Mit am Tisch waren auch die EU-Repräsentanten Donald Tusk und Jean-Claude Juncker.

© Michael Kappeler/Reuters

G7-Gipfel in Elmau: Krisen, Kreml und ein Kraftakt

Die G7 bekennen sich zum Zwei-Grad-Ziel beim Klima. Auch im Umgang mit Wladimir Putin herrscht bei den Vertretern der Industrienationen Einigkeit: Sie wollen ihm die Aggression in der Ukraine nicht durchgehen lassen.

Von Robert Birnbaum

Jean-Claude Juncker klagt ein bisschen über den Berg von Unterlagen auf dem runden Gipfeltisch, aber Angela Merkel hat die Tagesordnung im Kopf: "Wir machen jetzt erst mal Klima.“ Die Gespräche beim G-7-Gipfel im Schloß Elmau sind am ersten Tag von den aktuellen Krisen in der Ukraine, im Nahen Osten und in Griechenland dominiert worden. Jetzt am Montag sollen eigenständige Themen in den Vordergrund rücken. Die Gastgeberin wünschte sich ein starkes Signal der G7 in der Klimapolitik – auch ihrem ständigen Krisenfeuerwehr-Partner François Hollande zuliebe, der im Dezember in Paris die Weltklimakonferenz ausrichtet.

Als Merkel kurz nach Mittag vor die Presse tritt, kann sie das Signal geben. Die Sieben bekennen sich zum Zwei-Grad-Ziel, jener Marke für einen Anstieg der Durchschnittstemperaturen, deren Folgen noch als beherrschbar gelten. Der verschlungenen Formulierung in der Abschlusserklärung liest man den diplomatischen Kraftakt an, der nötig war, um alle ins Boot zu holen. Aber die zwei Grad Celsius stehen drin.

Weniger Treibhausgase - als "gemeinsame Vision"

Zur Finanzierung einer Klimawende mit weltweit 100 Milliarden Dollar jährlich bis 2020 will die Gruppe verbindlich ihren Teil beitragen. Eine Klimavereinbarung von Paris soll "verbindliche Regeln in seinem Kern" enthalten. Als Ziel bis 2050 unterstützen die G7 eine Marke am oberen Ende der Weltklimaratsempfehlung von 40 bis 70 Prozent weniger Treibhausgasen – jedenfalls "als gemeinsame Vision".

Gemessen an den vagen Formeln an anderen Stellen des 16-seitigen Schlussdokuments ist das sehr konkret. Die G 7 sind eben ein informelles Gremium, das häufiger "begrüßt" als beschließt. Vielen Zusagen fehlen zudem konkrete Zahlen – etwa zur Finanzierung eines "Vision Zero- Fonds", der faire Handelsketten und Arbeitsbedingungen in aller Welt unterstützen soll. Immerhin, die Kasse einer Umwelt-Katastrophenversicherung für arme Bauern in Entwicklungsländern stocken die G 7 auf 400 Millionen Euro auf, das ist das Vierfache der heutigen Mittel.

Obama drängt Athen zu Zugeständnissen

Ziemlich beschäftigt haben den Gipfel im Voralpenland zwei Abwesende: Der Russe Wladimir Putin und der Grieche Alexis Tsipras. Merkel versichert zwar, beide hätten vergleichsweise wenig Zeit in den Diskussionen eingenommen; dafür ging es da aber immer besonders konzentriert zu. Die Europäer erläuterten den Verbündeten das jüngste Angebot der Ex-Troika-Institutionen, auf das es immer noch keine griechische Antwort gab. "Es ist nicht mehr viel Zeit, das ist das Problem", warnt Merkel. "Jeder Tag zählt jetzt." Selbst US-Präsident Barack Obama drängt Athen zu Zugeständnissen: Es bedürfe dort "einiger harter Entscheidungen" für Reformen, damit in Griechenland wieder Wachstum möglich werde

Gerätselt haben alle Teilnehmer, was Putin in der Ukraine treibt. Über Motive und Ziele des Russen sei in der Runde viel spekuliert worden, berichten Diplomaten anschließend, aber zu einem Ergebnis gekommen sei man nicht. Gleichwohl sind die G7 entschlossen, dem einstigen G-8-Partner seine Aggression nicht durchgehen zu lassen. Selbst der Japaner Shinzo Abe, eigentlich ja weit vom Schuss, warnte in der Runde davor, sich mit dem gewaltsam erzwungenen Status Quo in der Ukraine abzufinden. "Man darf das nicht durchgehen lassen", war der allgemeine Tenor.

Verschärfte Sanktionen? Denkbar

Es bleibt folglich bei der bisherigen Linie: So lange Putin seine Rebellenfreunde in der Ostukraine vormarschieren lässt, ist an eine Rücknahme von Sanktionen oder gar die Rückkehr in den Kreis der Großen nicht zu denken – auch mit Blick darauf steht die Selbstbeschreibung der G7 als Gemeinschaft der Werte weit vorn im Abschlussdokument. Merkel verweist sogar auf die Möglichkeit, Sanktionen weiter zu verschärfen – niemand wolle das, es gebe im Moment auch noch keinen Anlass dafür.

Aber die Sieben seien im äußersten Fall dazu bereit. Obama ergänzt, er hoffe, dass alle Seiten das Minsker Abkommen einhalten. Russland müsse sich überlegen, ob es weiter den falschen Traum eines russischen Großreichs verfolge oder erkenne, dass seine Größe nicht davon abhänge, dass es Nachbarn überfalle.

Intern freilich war sich die Runde auch einig, dass der gleiche Putin bei der Bewältigung anderer Krisen als Partner unverzichtbar ist. Der Kreml-Herrscher dürfte zum Beispiel der Einzige sein, der dem syrischen Präsidenten Baschar al Assad einen Ausweg ins Asyl bieten kann, wenn dem Diktator die Lage in seinem umkämpften Land allmählich zu prekär erscheint.

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