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Donald Trump und Barack Obama auf einem Archivbild.

© REUTERS

Künftiger US-Präsident: Die Nebenregierung des Donald Trump

„Es gibt immer nur einen Präsidenten“, heißt eine Grundregel in Washington. Trump hat sie außer Kraft gesetzt. Nicht nur in der Israel-Politik.

Sean Spicer kennt seinen Chef: „Er ist keiner, der sich zurücklehnt und abwartet“, sagte der künftige Sprecher des Weißen Hauses in Washington kürzlich über den künftigen Präsidenten Donald Trump. Auf CNN war Spicer zu den Kommentaren Trumps zum Nahost-Konflikt gefragt worden. „Er wollte gehört werden“, sagte Spicer. Zumindest das ist Trump gelungen: Er mag es nicht, dass der scheidende Amtsinhaber Barack Obama im Nahen Osten noch ein paar Pflöcke einschlagen will, bevor er geht. Die zunächst so harmonische Stabübergabe von Obama an Trump wird so zu einer zunehmend bitteren Auseinandersetzung.

„Es gibt immer nur einen Präsidenten“, heißt eine der Grundregeln in Washington. Demnach hält sich der frisch gewählte Präsident zurück, bis er den Amtseid ablegt. Trump hat diese Grundregel außer Kraft gesetzt. Er knüpft Kontakte zu Taiwan und stellt damit die von Obama und anderen westlichen Spitzenpolitikern verfolgte Ein-China-Politik in Frage; er mischt sich mit Gesprächen über Standortentscheidungen von Firmen in die Wirtschaftspolitik ein; er beschwert sich öffentlich über Preise des Flugzeugherstellers Boeing für ein neues Präsidentenflugzeug.

Obama ließ das meiste davon unkommentiert und wählte seine Antwort mit Bedacht. Schon seit Monaten wurde in Washington darüber spekuliert, dass der scheidende Präsident mit Hilfe der UN im Nahost-Konflikt eine Richtungsentscheidung durchsetzen könnte, die Israel in die Defensive bringen würde. Ganz zu Beginn seiner Amtszeit hatte Obama versucht, im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern zu vermitteln, war damals aber an der israelischen Siedlungspolitik gescheitert – so sehen es jedenfalls der scheidende Präsident und sein Außenminister John Kerry.

Ohne Beispiel

Während sich das Verhältnis zwischen Obama und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu immer mehr verschlechterte, konzentrierten sich die USA auf den Arabischen Frühling und den Syrien-Krieg. Nun, kurz vor Trumps Amtseid am 20. Januar, setzt Obama ein Zeichen. Vorige Woche verzichtete er auf das Veto der USA gegen eine UN-Resolution, die Israels Siedlungspolitik kritisierte. Am Mittwoch schob er über eine Grundsatzrede von Kerry eine Warnung an Israel nach: Ohne eine Zweistaaten-Lösung mit einer gegenseitigen Anerkennung von Israel und Palästina werde der jüdische Staat niemals dauerhaften Frieden finden.

In der traditionellen Partnerschaft zwischen den USA und Israel war diese offene Kritik aus Washington ohne Beispiel. Wütend ließ Netanjahu die Botschafter der an der UN-Entscheidung beteiligten Länder einbestellten – auch den Vertreter der USA – und attackierte Kerrys Rede mit den Worten, sein Land brauche keinen politischen Nachhilfeunterricht. Im Übrigen freue er sich auf die Zusammenarbeit mit Trump.

Der designierte Präsident riet Netanjahu unterdessen, er solle Obamas Manöver einfach ignorieren. Der 20. Januar komme immer näher, erklärte Trump: Israel solle bis dahin durchhalten. Trump hat einen ausgesprochen pro-israelischen Kurs angekündigt und will unter anderem die US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen lassen, was einer Anerkennung israelischer Ansprüche auf die Stadt gleichkäme. Damit hat der Kleinkrieg zwischen Obama und Trumps Nebenregierung einen neuen Höhepunkt erreicht. Am Ende sitze Trump aber am längeren Hebel, analysierte die „New York Times“: Der neue Präsident muss nur noch bis zum 20. Januar abwarten, um Obamas Forderung nach israelischen Zugeständnissen in den Mülleimer werfen.

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