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Mit prominenter Unterstützung: US-Präsident Barack Obama hält Hillary Clinton für eine geeignete Kandidatin.

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Update

Hillary Clinton macht Kandidatur offiziell: Lady Candidate will Amerikas Präsidentin werden

Hillary Clinton will ins Rennen um die US-Präsidentschaft einsteigen. Am Sonntagabend verkündete die Demokratin offiziell ihre Kandidatur für das höchste Amt in den USA – offensiv als Frau und Kämpferin für soziale Gerechtigkeit. Die Republikaner holen schon zum Gegenschlag aus.

Es ist - endlich - offiziell: Hillary Clinton steigt ins Rennen um das Weiße Haus ein. Sie bewirbt sich um die demokratische Präsidentschaftskandidatur. Das ließ am Sonntag ihr Kampagnenmanager John Podesta per Email an Unterstützer verlauten.

Mit ihrer eigenen Ankündigung hatte es Clinton nicht gerade eilig. Seit 12 Uhr Ostküstenzeit warteten ihre mehr als drei Millionen Follower gebannt auf den Tweet, der von Clintons Twitter-Account online gehen sollte: ihre Erklärung, dass sie Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika werden will. Doch die Ankündigung ließ zunächst auf sich warten. „Praying for #WalterScott's family. Heartbreaking & too familiar. We can do better - rebuild trust, reform justice system, respect all lives.“ Die Widmung an den in der vergangenen Woche von einem Polizisten getöteten Schwarzen in South Carolina stand bis 11 Uhr 59 Ostküstenzeit ganz oben in Hillary Clintons Twitter-Account. Dort bezeichnet sie sich selbst als Ehefrau, Mutter, Anwältin, Anwältin für Frauen und Kinder, ehemalige First Lady in Arkansas, ehemalige First Lady der USA, Senatorin, Außenministerin, Hundebesitzerin, Haar-Ikone … und am Schluss „tbd“ - to be declared.

Bis 12.30 Uhr (Ortszeit) hatte sich an dieser Selbstbeschreibung noch immer nichts geändert. Außer dass Clintons Followerzahl auf Twitter konstant stieg. „Während wir auf die Ankündigung warten sind hier ein paar Videos von Hillary Clinton über die Jahre“, postete die „New York Times“. „Die Clinton-Ankündigung kommt nicht am Mittag .. es wird irgendwann diesen Nachmittag sein“, schreibt die Korrespondentin Maggie Habermann. Und die ist in der Regel sehr nah an der Kandidatin „tbd“ dran. „Es ist wie warten auf den Weihnachtsmann“, kam vom „Spiegel-online“-Mann in Washington, Sebastian Fischer.

Drei Stunden später als angekündigt war es endlich so weit

Wenige Minuten vor 15 Uhr Ostküstenzeit, erlöste dann John Podesta alle Wartenden. In einer Email an Unterstützer und Spendengeber Clintons aus dem innerparteilichen Wahlkampf 2008 schrieb Clintons Kampagnenmanager: „Ich wollte sicherstellen, dass Ihr es von mir zuerst hört - es ist offiziell: Hillary bewirbt sich um die Präsidentschaft.“ Im nächsten Monat solle die Kampagne mit einem öffentlichen Event losgehen, schrieb Podesta noch. In einer Videobotschaft auf Twitter verkündete Clinton später den Amerikanern: „Ich mache mich auf den Weg, um ihre Stimme zu bekommen. Ich trete an, um Präsidentin zu werden.“

In dem Film hat Clinton diejenigen versammelt, die in der US-Gesellschaft aus ihrer Sicht zu kurz kommen. Nacheinander treten Frauen, junge Familien, Schwarze, Immigranten aus Lateinamerika, eine Asiatin, Schwule, Lesben, Senioren und ein Arbeiter auf. „Amerikaner haben sich aus harten ökonomischen Zeiten zurückgekämpft“, kommentiert Hillary Clinton. Doch nach wie vor würden jene bevorzugt, die auf der gesellschaftlichen Leiter oben stehen. Sie wolle dafür kämpfen, dass sich das ändert.

"Ready for Hillary"

Im vergangenen September empfing Hillary Clinton in ihrem Haus im feinen Nordwesten Washingtons einen überraschenden Gast. David Plouffe hatte als Barack Obamas Kampagnenchef 2008 Clinton aus dem Rennen um die Kür eines demokratischen Präsidentschaftskandidaten geworfen. Nun skizzierte er in einer mehrstündigen Sitzung eine Strategie für die mögliche Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton.

Eine Mission musste her. So etwas wie das legendäre "Yes we can", mit dem Obama 2009 ins Weiße Haus getragen worden war. Auch für Hillary Clinton sollte ein derartiger eingehender Slogan gefunden werden. Und schleunigst, berichtete damals das Magazin "Politico" aus der vertraulichen Sitzung, solle die Kandidatin die Illusion aufgeben, sie werde womöglich gar nicht kandidieren. Das ist inzwischen ein halbes Jahr her.

Demokraten wie Republikaner fragen sich nun, mit welcher Botschaft Hillary Clinton in einer Zeit antreten will, in der Amerika mit seiner Rolle als globale Führungsmacht ringt und zugleich daheim viele Millionen Bürger nichts vom wirtschaftlichen Aufschwung zu spüren bekommen.

Alles ist dafür vorbereitet. Seit zwei Wochen versucht die Kampagne "Ready for Hillary", ihre Werbeartikel an Frau und Mann zu bringen. Die Aktivisten haben zwei Jahre lang in Arlington, Virginia, um Unterstützer, um Spender und Käufer geworben. Mit einem Nachlass von bis zu 60 Prozent gehen nun Tassen, Sweatshirts, Autosticker und Hundemäntel über die Ladentheken. Alle bedruckt mit dem Schriftzug "Ready for Hillary" und die meisten zieren das legendäre Bild der ehemaligen Außenministerin mit ihrem Blackberry. Doch die Zeit dieses Slogans ist vorbei.

"Ready für Hillary" löst sich auf. Neue Büros sind seit Anfang des Monats im hippen New Yorker Stadtteil Brooklyn angemietet. Obama-Berater haben das Weiße Haus mit der etwas mysteriös klingenden Ansage verlassen, sich neuen Aufgaben zu stellen. Und am Donnerstagabend lud John Podesta dann zu selbstgekochter Pasta und sorgfältig aufbereiteten Informationshäppchen in sein Haus in Washington.

Unter Maßgabe der Vertraulichkeit versammelte der langjährige Clinton-Freund und vermutliche Chefguru einer kommenden Clinton-Kampagne eine kleine Runde amerikanischer Korrespondenten. Die Sache mit der Vertraulichkeit ist schiefgegangen. Niemand kann sagen, ob das von Clinton so intendiert war. Eigentlich überlässt sie nichts dem Zufall. Jetzt starrt Amerika auf Twitter.

Charisma? Kaum vorhanden

Clintons Verhältnis zu den Medien ist Legende. Sie gilt als arrogant, steif und desinteressiert. Es gibt niemanden in Amerika, der in Hillary Clinton eine natürliche Begabung für eine Präsidentschaftskampagne erkennen würde. Über Charisma wie Bill Clinton oder Barack Obama verfügt sie nicht. Das Treffen am Donnerstag und ein weiterer Termin am Freitag in New York sollten wohl die Grundlage für einen Neustart in Sachen Image in der Öffentlichkeit sein. Viele Beobachter halten das Verhältnis zu den Medien für ausschlaggebend, wenn es um Clintons Chancen geht, ins Weiße Haus einzuziehen.

Dass die ehemalige Außenministerin, US-Senatorin, First Lady und Anwältin wählbar ist, daran besteht kein Zweifel. Sie ist auch bekannter als jeder andere potenzielle Kandidat wie die Demokraten Elisabeth Warren oder Andrew Cuomo. Aber warum sollen die Menschen Clinton wählen? Für die Kombination von außenpolitischer Härte und innenpolitischer Liberalität? Clinton, das war wohl der Rat des Strategen Plouffe im September, muss für eine demokratische Mission der ökonomischen Gerechtigkeit ins Feld ziehen. Auch wenn das einiges an Arbeit bedeutet, um einen entsprechenden Imagewechsel zu bewerkstelligen.

Clinton, das wurde schon im Vorfeld ihrer Ankündigung erkennbar, hat sich entschieden, offensiv als Frau zu kandidieren. Ihre anderen Qualifikationen sind ohnehin kaum zu leugnen. In früheren Jahren hatte sie es zwar immer abgelehnt, sich als weibliche Kandidatin zu präsentieren. Mit bald 70 Jahren scheint sie die Frauenfrage aber auch für sich selbst offensiver zu definieren.

Kampf um die Mittelklasse

Neben der Frauenfrage ist die soziale Gerechtigkeit zum wichtigsten Thema der öffentlichen Hillary Clinton geworden. Sie trifft sich mit Gewerkschaftsvertretern und debattiert über den Aufstieg der Mittelklasse. Sollte Clinton im Wahlkampf 2016 gegen den Republikaner Jeb Bush antreten, stünden sich zwei Konzepte eines Themas gegenüber. Bush, der sich formal noch nicht zu einer Kandidatur bekannt hat, wirbt derzeit mit seinem Slogan "Right to Rise", das Recht des Aufstiegs (für die Mittelklasse).

Noch bevor Hillary Clinton ihren Wahlkampf am Sonntag auf Twitter überhaupt offiziell beginnen konnte, haben die Republikaner die Propagandaschlacht im Netz eröffnet. Am Samstag lancierte das republikanische Wahlgremium einen Online-Werbespot. Der Titel: "Stop Hillary".

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