zum Hauptinhalt
Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, spricht beim Trauerstaatsakt für den gestorbenen früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble im Plenarsaal im Deutschen Bundestag.

© dpa/Michael Kappeler

Macron bei Trauerstaatsakt für Schäuble: „Frankreich hat einen Freund verloren“

Ende Dezember war der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble verstorben. Am Montag fand ein Trauerstaatsakt für ihn statt. Zahlreiche Größen der Politik ehrten Schäuble.

Zahlreiche Größen der Politik haben Wolfgang Schäuble am Montag bei einem Trauerstaatsakt im Bundestag gewürdigt. Der langjährige Politiker „war der vollendete Staatsdiener“, sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) zum Auftakt in ihrer Rede. „Deutschland verliert einen großen Demokraten und Staatsmann.“ Sein Motto sei stets gewesen: „Erst das Amt, dann die Person.“ In den vergangenen Jahren sei er eine Instanz geworden, dessen Leidenschaft das Parlament gewesen sei.

Bas verwies darauf, dass niemand länger an einem deutschen Parlament gearbeitet hat als Schäuble. „Mit Ausnahme von Konrad Adenauer saß er mit allen deutschen Bundeskanzlern im Parlament“, sagte sie. Und er habe stets gewusst, dass die Demokratie nicht selbstverständlich sei und jeden Tag verteidigt werden müsse.

„Er war ein guter Zuhörer und hat sich eingelassen auf sein Gegenüber“, fuhr Bas fort. Politische Feinde habe es für ihn nicht gegeben, nur Konkurrenten. Es sei sein Anspruch gewesen, sie zu verstehen. „Oft gab ihm die Geschichte recht. Und wenn nicht, hat er dazu gestanden“, so Bas. Auch erinnere sie sich gern an seinen tiefgründigen Humor. „Man musste zweimal hinhören, um die Zwischentöne zu verstehen.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Merz: Schäuble war ein „wahrer Staatsmann“

CDU-Chef Friedrich Merz ehrte Schäuble mit teils emotionalen Worten. „Wir verneigen uns vor einem wahren Staatsmann unseres Landes, vor einem europäischen Staatsmann, vor einer prägenden Persönlichkeit der Geschichte unseres Landes“, so der Oppositionsführer. „Er ist der Parlamentarier, der seinen Wahlkreis durch vierzehn Legislaturperioden vertreten hat.“ Wie tief er verwurzelt gewesen sei, sei bei seiner Beerdigung in Offenburg zu sehen gewesen. Dort, in seiner Heimatstadt, war er am 5. Januar beerdigt worden. „Heimat war für ihn der Bezug zum Mittelpunkt“, sagte Merz.

Bei der deutschen Einheit, Berlin und Europa hat sich Schäuble aus Sicht des CDU-Chefs besonders verdient gemacht. „Der Vertrag über die Herstellung der deutschen Einheit trägt die Handschrift Wolfgang Schäubles.“ Dieser sei in nur wenigen Monaten nach dem Fall der deutschen Mauer entstanden.

Schäubles Engagement dafür, den Regierungssitz von Bonn nach Berlin zu verlegen, formulierte er so: „Wir wären heute ohne Wolfgang Schäuble vermutlich nicht in dieser Stadt und in diesem Haus“, sagte Merz. „Berlin war für ihn nicht nur Hauptstadt im formalen Sinne, sondern das Symbol für Einheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.“

Friedrich Merz und Winfried Kretschmann nahmen bereits an der Trauerfeier für Wolfgang Schäuble am 5. Januar 2024 in Offenburg teil.
Friedrich Merz und Winfried Kretschmann nahmen bereits an der Trauerfeier für Wolfgang Schäuble am 5. Januar 2024 in Offenburg teil.

© picture alliance/dpa/dpa/Pool

Mit Blick auf Schäubles Einsatz für Europa sagte Merz, Schäuble habe immer gewusst, wie wichtig persönliche Begegnungen in der Politik seien. „Er konnte in der Sache sehr hart sein.“ Das habe ihm in der Finanzkrise nicht nur Freunde eingebracht. Aber er sei immer fair gewesen, so Merz.

Merz zufolge habe er nur ein einziges Mal Streit gehabt mit Schäuble. Das sei 2012 gewesen, als Borussia Dortmund im DFB-Pokalfinale mit 5:2 gegen Bayern München gewonnen hat. Denn: Merz sei BVB-Fan und Schäuble Anhänger des Rekordmeisters gewesen. Sie hätten über dieses Spiel danach nie wieder gesprochen.

Macron: „Frankreich hat einen Freund verloren“

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lobte im Anschluss Schäubles Bemühungen um ein gutes deutsch-französisches Verhältnis. „Deutschland hat einen Staatsmann verloren. Europa hat eine Säule verloren. Frankreich hat einen Freund verloren“, sagte er. „Wenn heute im Bundestag die Stimme eines Franzosen zu hören ist, dann ist das dank der Freundschaft dieses großen Deutschen.“

Mit Blick auf das Attentat auf Schäuble, das ihn gehunfähig machte, sagte Macron: „Trotz dieses Dramas, das seinen Körper lähmte und sein Leben in ein Vorher und Nachher teilte, gelang es ihm, beide Teile zu verbinden.“ Genauso, wie er beide Teile Deutschlands verbunden habe.

Er habe die deutsch-französische parlamentarische Zusammenarbeit gestärkt und verstanden, dass die sensibelste und historisch am stärksten verletzte in Europa besonders wichtig war, so Macron. In all den Jahren sei Schäuble stets verankert gewesen im Pragmatismus. Der französische Präsident hielt weite Teile seiner Rede auf Deutsch.

Emmanuel Macron beim Trauerstaatsakt für den gestorbenen früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble.
Emmanuel Macron beim Trauerstaatsakt für den gestorbenen früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble.

© picture alliance/dpa

Merkel: Schäuble war Anker von Ruhe und intellektuellem Scharfsinn

Bereits vor dem Trauerstaatsakt hatte die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Verdienste des langjährigen Weggefährten um die Wiedervereinigung Deutschlands gewürdigt.

„Für mich bleibt, dass er ein glühender Verfechter der deutschen Einheit war“, sagte die CDU-Politikerin der ARD. In den Kabinetten, denen er angehörte, sei er stets ein Anker von Ruhe und intellektuellem Scharfsinn gewesen. Das Verhältnis der beiden brachte sie so auf den Punkt: „Nicht immer einer Meinung, aber immer ein gemeinsamer Weg“.

Auf die Frage, was Merkel von ihm gelernt habe, sagte die Ex-Kanzlerin: „Gut zuhören, nicht zu schnell aufgeben, intellektuell scharf debattieren und zum Schluss immer einen Kompromiss finden.“

Auch Angela Merkel (CDU) nimmt an dem Staatsakt teil.
Auch Angela Merkel (CDU) nimmt an dem Staatsakt teil.

© dpa/ANNEGRET HILSE

Kirchenvertreter würdigten Schäuble im Berliner Dom

Bei einem Gedenkgottesdienst im Berliner Dom hatten zuvor Vertreter der Kirchen und Religionen den verstorbenen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble als überzeugten Christen und hingebungsvollen Demokraten gewürdigt.

Die Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischöfin Kirsten Fehrs, sagte: „Wolfgang Schäuble war ein imponierender Antipopulist - so wie wir sie jetzt in diesen Zeiten brauchen. Ein Mensch, der sich ganz und gar in den Dienst unseres Gemeinwesens und unserer Demokratie gestellt hat.“ Weiter sagte sie: „Wie würde unser Land wohl jetzt aussehen, wenn nicht ein so weitsichtiger Politiker den Einigungsvertrag ausgearbeitet hätte?“

Fehrs lobte vor allem Schäubles Engagement, die Beziehungen von Völkern zu verbessern. „Wolfgang Schäuble stand für Weltwechsel der besonderen Art. Zu verbinden waren die Welt zwischen Ost und West, Deutschland und Frankreich, die Welt der europäischen Völker und der Welt“, so Fehrs.

Familienangehörige von Wolfgang Schäuble.
Familienangehörige von Wolfgang Schäuble.

© dpa/ANNEGRET HILSE

Der frühere Bundesminister und Bundestagspräsident habe 51 Jahre lang politischen Beziehungsfleiß gezeigt, Tag für Tag atemberaubende Weltwechsel erlebt. „Wir danken Gott für diesen über alle Maßen engagierten Politiker. Wir danken ihm für diesen großen Menschen“, so Fehrs.

An dem Trauerstaatsakt im Plenarsaal des Bundestags nahmen rund 1500 Gästen aus dem In- und Ausland teil.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte den Trauerstaatsakt angeordnet. Er war ebenso vor Ort wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (SPD).

Schäuble war in seiner langen politischen Karriere Kanzleramtschef, Bundesinnen- und Finanzminister, CDU-Vorsitzender und Bundestagspräsident.

Zuletzt war Schäuble einfacher Abgeordneter im Bundestag, dem er 51 Jahre lang angehörte. Für die deutsch-französische Verständigung setzte er sich besonders ein. Er starb am zweiten Weihnachtstag im Alter von 81 Jahren in Offenburg im Kreise seiner Familie. (dpa/Tsp, cz)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false