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Soldaten begleiten nach dem Gottesdienst bei der Trauerfeier für Wolfgang Schäuble den Sarg auf dem Weg zum Friedhof in Offenburg.

© dpa/Philipp von Ditfurth

Update

Beerdigung von Wolfgang Schäuble: „Was für eine Lebensleistung, was für ein politisches Leben“

Beim Trauergottesdienst für den Ausnahmepolitiker in Offenburg würdigten mehrere Redende das Wirken des Verstorbenen. Dann wurde der Sarg mit einem Großen Ehrengeleit zu Grabe getragen.

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Im Beisein von Familie, hohen Amtsträgern und politischen Weggefährten ist der langjährige CDU-Politiker Wolfgang Schäuble am Freitag in Offenburg beigesetzt worden. Mehrere Hundert Menschen nahmen Abschied. Nach einem von Landesbischöfin Heike Springhart geleiteten Trauergottesdienst in der evangelischen Stadtkirche gab es ein großes militärisches Ehrengeleit.

Sargträger trugen unter musikalischer Begleitung des Heeresmusikkorps Koblenz am Mittag den Sarg mit Schäubles Leichnam aus der Stadtkirche, vor der Soldaten des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung in Ehrenformation Aufstellung genommen hatten.

Hunderte Menschen standen hinter Absperrgittern und verfolgten das Geschehen. Im Anschluss wurde der Sarg in einem Trauerzug durch die Offenburger Innenstadt bis zu Schäubles letzter Ruhestätte auf dem historischen Waldbachfriedhof gebracht.

Angehörige und Ehrengäste, darunter Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und der CDU-Bundesvorsitzende Fredrich Merz, nahmen am Grab Abschied von dem Toten. Auch die Öffentlichkeit durfte auf ausdrücklichen Wunsch Schäubles an der Beerdigung auf dem historischen Waldbachfriedhof teilnehmen. Zahlreiche Menschen wohnten der Zeremonie bei, wobei die nähere Umgebung des Grabs zunächst ausgewählten Gästen vorbehalten war.

Bundeswehrsoldaten tragen nach dem Gottesdienst bei der Trauerfeier für Wolfgang Schäuble den Sarg aus der Kirche.

© dpa/Philipp von Ditfurth

Schäuble war am zweiten Weihnachtstag im Alter von 81 Jahren nach langer schwerer Krankheit gestorben. Er hinterlässt seine Ehefrau und vier gemeinsame Kinder.

Sarg mit großem Herz und roten Rosen geschmückt

Schäubles Sarg war am Freitagmorgen mit schwarz-rot-goldener Flagge und Bundesadler vor dem Altar evangelischen Stadtkirche aufgebahrt, flankiert von sechs Bundespolizisten.

Polizisten stehen am Sarg vor dem Beginn der Trauerfeier für Wolfgang Schäuble.

© dpa/Philipp von Ditfurth

Davor war ein riesiges Herz mit roten Rosen und der Aufschrift „Deine Ingeborg“, daneben ein Kranz seiner Familie. Auch vor der Kirche waren viele Kränze aufgestellt, unter anderem mit gelben und roten Blumen, den badischen Farben. 

Kretschmann nennt Schäuble „eine Institution“

In seiner Rede lobte Kretschmann den Politikstil des Badeners. Insbesondere Schäubles Fähigkeit zum Kompromiss hob der Ministerpräsident hervor.

Schäubles Haltung als Demokrat ist uns weiter aufgegeben.

Winfried Kretschmann, Ministerpräsident Baden-Württemberg (Grüne)

Er habe auch hart und polemisch sein können, aber er habe immer auch Kompromisse gemacht, die er als Kardinaltugend der Demokratie und nicht als Schwäche angesehen habe. Er sei „ein großer Sohn unseres Landes“ gewesen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei seiner Rede für Wolfgang Schäuble.

© dpa/Philipp von Ditfurth

„Mit Wolfgang Schäuble verliert unser Land eine ganz große politische Persönlichkeit“, sagte Kretschmann. Der dienstälteste Parlamentarier habe das Land maßgeblich gestaltet, geprägt und getragen.

Er habe Schäubles politisches Geschick, seine Ausdauer, seine Überzeugungsstärke und unglaubliche Urteilskraft immer sehr bewundert, so Kretschmann. Schäuble sei hinter seine Ämter im Dienst am demokratischen Staat zurückgetreten. „Das machte ihn selber zu einer Institution.“

Merz würdigt besondere Lebensleistung

Anschließend hob auch Merz das besondere Leben des Verstorbenen hervor. „Was für eine Lebensleistung. Was für ein politisches Leben“, sagte der CDU-Chef.

CDU-Chef Friedrich Merz bei seiner Rede für Wolfgang Schäuble.

© dpa/Philipp von Ditfurth

Schäuble habe „Generationen von Abgeordneten unserer Fraktion eine Prägung mitgegeben, auch mir ganz persönlich. Ohne ihn stände ich heute nicht hier“, sagte Merz.

16 der bisher 24 Regierungen des Landes habe sein ehemaliger Parteikollege erlebt, fast jeder dritten davon habe er selbst angehört. „Zwei hohe Staatsämter sind ihm versagt geblieben. Er hätte sie ohne Zweifel beide ausgefüllt“, sagte Merz. 

Weitere Redende waren CDU-Landeschef Manuel Hagel, Oberbürgermeister Marco Steffens (CDU) und Schäubles ältestes Kind, ARD-Programmdirektorin Christine Strobl.

Papa, Du hast uns gezeigt, wie man mit sich im Reinen und würdevoll sterben kann.

Christine Strobl, Tochter von Wolfgang Schäuble

Letztere sprach in einer sehr persönlichen Rede über die letzten Tage ihres Vaters. Nachdem seine Frau Ingeborg ihm gesagt habe, sie wolle ohne ihn nicht leben, habe Schäuble „das Sterben wie so viele Male davor wieder abgeblasen“, sagte Strobl und ergänzte: „Er wollte uns noch einmal ein letztes Weihnachten schenken.“ Es habe einen intensiven familiären Zusammenhalt gegeben.

Christine Strobl, eine Tochter von Wolfgang Schäuble, redet beim Gottesdienst bei der Trauerfeier für ihren Vater.

© dpa/Philipp von Ditfurth

Ihren Vater bezeichnete sie als Vorbild und „Gesamtkunstwerk“, der ihr unter anderem gezeigt habe, wie man wieder aufstehen könne, was mit Willen erreicht werden könne und dass man sich selbst nicht so wichtig nehmen solle.

„Wer so stirbt, der stirbt wohl“

Zuvor hatte Bischöfin Springhart den Gestorbenen in ihrer Traueransprache einen „bodenständigen Schwarzwälder“ und „weitsichtigen Europäer“ genannt. „Es war ihm wichtig, mit dem Enkel zum Hornberger Schießen zu gehen und als das Leben in den Weihnachtstagen von ihm ging, hat er noch einmal sehr lange auf seinen Schwarzwald gesehen.“

Heike Springhart, Landesbischöfin der Evangelischen Landeskirche in Baden, redet beim Gottesdienst für Wolfgang Schäuble.

© dpa/Philipp von Ditfurth

Schäuble sei unerschrocken gewesen – auch angesichts der Endlichkeit des Lebens. Ohne Angst, nach letzten Anrufen bei Freunden, mit dem Violinkonzert von Mozart im Ohr habe er sich auf seine letzte Reise gemacht, so Springhart. „Wer so stirbt, der stirbt wohl.“

Schäuble sei davon überzeugt gewesen, dass Politik Kompromiss sei und sich immer wieder darum bemühen müsse, das Gegenüber zu verstehen.

Als er vor 30 Jahren nach dem Angriff eines psychisch kranken Mannes plötzlich auf den Rollstuhl angewiesen war, habe der Politiker gezeigt, welche Kraft im verletzlichen Leben stecke, sagte die Bischöfin. „Wolfgang Schäuble hat aus einer Kraft gelebt, die größer war als er selbst.“

Hochrangige Trauergäste

Unter den Trauergästen waren Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, der frühere CDU-Chef Armin Laschet, der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU), CDU-Landeschef Manuel Hagel und der frühere luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf dem Weg zur Trauerfeier für Wolfgang Schäuble.

© dpa/Philipp von Ditfurth

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass Ex-Kanzlerin Angela Merkel nicht an der Trauerfeier teilnehmen wird. Beim Staatsakt am 22. Januar in Berlin, mit dem das politische Berlin von Schäuble Abschied nimmt, wird Merkel den Angaben zufolge aber dabei sein.

An diesem Tag wird der Bundestag den von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier angeordneten Trauerstaatsakt im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes ausrichten.

Es werden die Spitzen des deutschen Staates – voran Steinmeier – und Hunderte Gäste aus dem In- und Ausland erwartet. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will dem Trauerstaatsakt ebenfalls beiwohnen. Das bestätigte der französische Élyséepalast.

Parteiübergreifende Anerkennung für langjährigen Bundespolitiker

Schäuble prägte in zahlreichen hochrangigen Ämtern die deutsche Politik – so unterschrieb er den Einigungsvertrag für die Bundesrepublik.

Sein Wirken wurde über die Parteigrenzen gewürdigt. Steinmeier nannte Schäuble einen „Glücksfall für die deutsche Geschichte“.

Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) fand anerkennende Worte: „Kaum ein Politiker hat die jüngste deutsche Geschichte und unsere demokratische Kultur so geprägt wie Wolfgang Schäuble.“ 

Bundeskanzler Olaf Scholz lobte Schäubles Politikstil. „Deutschland verliert einen prägenden Christdemokraten, der gerne stritt und dabei doch nie aus dem Blick verlor, worum es geht in der Politik: das Leben der Bürgerinnen und Bürger besser zu machen“, sagte der SPD-Politiker. (cst, dpa, epd)

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