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Eine Polizistin blockiert mit gelbem Absperrband die Straße unterhalb des Hauses von Paul Pelosi, dem Ehemann der Demokratin Nancy Pelosi, in San Francisco.

© Foto: dpa/Eric Risberg

Der Fall Paul Pelosi: In den USA kehrt die Angst vor politischen Anschlägen zurück

Bei der Attacke war der Ehemann der Demokratin Nancy Pelosi schwer verletzt worden. Die Reaktionen der Republikaner fallen gemischt aus. Und Donald Trump schweigt.

Wenige Tage vor den wichtigen Kongress-Zwischenwahlen (Midterms) wachsen in den USA die Sorgen vor politischer Gewalt. Am Freitag, dem Tag, als der Ehemann der demokratischen Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi schwer verletzt wurde, warnten US-Behörden vor einer erhöhten Bedrohung für politische Kandidaten und Politiker, aber auch für Wahlhelfer und Angehörige von Minderheiten.

In einem gemeinsamen Bericht von Heimatschutzministerium, FBI, dem National Counterterrorism Center und der Kapitolspolizei wird von einer Gefahr vor allem durch Einzeltäter gesprochen, die ideologische Gründe als Rechtfertigung anführen könnten, um beispielsweise Wahllokale oder Regierungsgebäude anzugreifen – ähnlich, wie es am 6. Januar 2021 in der Hauptstadt der Fall gewesen war.

Wie bei dem Sturm auf das US-Kapitol, bei dem die Zertifizierung des Wahlsiegs von Joe Biden über Donald Trump verhindert werden sollte, könnte auch dieses Mal die angeblich gestohlene Präsidentschaftswahl von 2020 als Rechtfertigung dienen, heißt es. Im vergangenen Monat seien „gewaltbereite Extremisten“ identifiziert worden, die behaupteten, das Wahlsystem sei „under attack“.

Die Reaktionen nach dem Angriff auf Paul Pelosi zeigen einmal mehr, wie aufgeheizt das gesellschaftliche Klima in den USA ist und wie tief sich die Polarisierung durch die amerikanische Gesellschaft frisst.

Der Ehemann der protokollarisch dritthöchsten Repräsentantin des Landes war am Freitagmorgen, gegen 2.30 Uhr, von einem 42-jährigen Mann attackiert worden, der durch eine Hintertür in das Haus des Paares in San Franciscos Stadtteil Pacific Heights eingedrungen war.

Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und ihr Ehemann Paul Pelosi im Dezember 2019 in Washington.

© Foto: dpa/Kevin Wolf

Medienberichten zufolge war der Angreifer auf der Suche nach der Politikerin und rief mehrfach „Wo ist Nancy?“ – Worte, mit denen gewalttätige Demonstranten am 6. Januar 2021 auch im Kongressgebäude in Washington randalierten. Der 42-Jährige schlug Paul Pelosi mit einem Hammer auf den Kopf und versuchte nach Informationen des Senders CNN auch, ihn zu fesseln, um „auf Nancy“ zu warten. Die Sprecherin hielt sich zu diesem Zeitpunkt in Washington auf.

Ihr 82-jähriger Ehemann musste wegen eines Schädelbruchs und ernster Verletzungen am rechten Arm und den Händen operiert werden. Er befindet sich weiterhin im Krankenhaus, wird sich aber nach Angaben von Nancy Pelosis Büro vollständig erholen.

Wir wissen, dass dies keine Zufallstat war.

William Scott, Polizeichef von San Francisco

Über das Motiv des Täters gibt es noch keine Gewissheit. Der Polizeichef von San Francisco, William Scott, erklärte aber: „Wir wissen, dass dies sei keine Zufallstat war.“

Präsident Biden erklärte, der Angriff habe offenbar Nancy Pelosi gegolten, und er machte die Republikaner, von denen ein Großteil das Ergebnis der Präsidentschaftswahl 2020 leugnet, für das zunehmend raue gesellschaftliche Klima verantwortlich.

Amerikanische Medien haben über den Täter, einen Mann aus der Region, inzwischen einiges zusammengetragen. So soll er in der Vergangenheit im Internet rechtsextreme Ansichten und Verschwörungstheorien unter anderem zur Corona-Pandemie und dem Sturm auf das Kapitol verbreitet haben.

Der „Washington Post“ zufolge schrieb er Blogeinträge, in dener er paranoid wirkte, aber auch solche, in denen er gegen Juden, Schwarze, Demokraten, Medien und Trans-Menschen hetzte. Die Einträge seien inzwischen gelöscht, man habe sie aber einsehen können und in ihnen sei der Name Pelosi nicht aufgetaucht, merkt die Zeitung an.

Die Reaktionen der Republikaner fielen gemischt aus. So meldete sich Kevin McCarthy, der republikanische Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, erst Tage später öffentlich zu Wort. „Das ist falsch“, sagte er in einem Interview mit dem rechten Radiosender Breitbart. Er verurteilte politische Gewalt, egal aus welcher Richtung, und erklärte, diese müsse aufhören.

Kritik zog auch ein konservativer Hoffnungsträger auf sich, der als Kandidat noch Wert daraufgelegt hatte, nicht zu Trump-nah zu wirken: Virginias Gouverneur Glenn Youngkin erweckte bei einem Wahlkampf-Auftritt den Eindruck, als ob er sich über den Angriff lustig mache. „Es gibt keinen Platz für Gewalt, aber wir werden sie (Nancy Pelosi) nach Hause schicken, damit sie bei ihm in Kalifornien sein kann“, sagte Youngkin wenige Stunden nach dem Angriff.

Während rechte Republikaner im Internet Verschwörungstheorien verbreiteten, gab es von Trump auch am Sonntagmorgen (Ortszeit) noch kein Statement. Im rechten Sender Fox News wiederum nannte der Kommentator Leo Terrell den Angriff einen „Weckruf“ für Demokraten und all jene, die zu viel Nachsicht mit Straftätern hätten.

Republikaner haben die steigende Kriminalitätsrate vor allem in von Demokraten regierten Großstädten zu einem Wahlkampfschwerpunkt der Midterms am 8. November gemacht.

In den vergangenen Jahren haben die Drohungen gegen Politiker stark zugenommen. Viele fürchten schon länger, dass die brutale Sprache und die vielen „Fake News“, die selbst von Kongressmitgliedern verbreitet werden, zu tatsächlicher Gewalt führen.

Nicht nur der 6. Januar 2021 hat gezeigt, dass diese Sorgen begründet sind. Dass nun selbst die Sicherheit einer mächtigen Politikerin wie Pelosi nicht ausreichend gewährleistet ist, verunsichert viele weiter. Pelosi, die erste Frau in dieser Position, wird von Republikanern schon seit Jahren dämonisiert.

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