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Alles wieder gut in der Ampel?

© dpa/Michael Kappeler

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen: Beim Heizungsgesetz bleiben offene Baustellen

SPD, Grüne und FDP äußern sich zufrieden mit dem Kompromiss beim Heizungsgesetz. Doch es wird auf die Details ankommen – und es dort droht neuer Ärger.

Vor den Kameras präsentierten sich die Ampel-Fraktionschefs als drei zufriedene Gewinner. Ein „Meilenstein für den Klimaschutz“ sei das veränderte Heizungsgesetz, sagt Katharina Dröge (Grüne). „Ich bin sehr zufrieden“, sagte Christian Dürr (FDP) und sprach von „fundamentalen Veränderungen“, die in den Verhandlungen gelungen seien. Rolf Mützenich (SPD) sagte, man könne gar von einem „Paradigmenwechsel“ sprechen.

Maximale Zufriedenheit ausgerechnet beim bislang umstrittensten Gesetzesvorhaben der Ampel-Koalition, über das SPD, Grüne und FDP wochenlang gestritten hatten. Doch abseits der Kameras und Mikrofone beginnt nur wenige Minuten nach dem Durchbruch der Kampf um die Deutungshoheit.

Grüne und FDP verschicken Papiere, in denen sie das zweiseitige „Leitplanken-Papier“ noch einmal auslegen. Denn allen Beteiligten ist klar, dass mit der ersten Lesung des Heizungsgesetzes im Bundestag das Vorhaben noch längst nicht in trockenen Tüchern ist.

Leitplanken sind noch kein fertiges Gesetz.

Irene Mihalic, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen.

„Leitplanken sind noch kein fertiges Gesetz“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, am Mittwochmorgen. Es gehe nun in die parlamentarische Feinarbeit. In ihrer Partei ist die Sorge groß, dass die FDP doch nochmal einen Rückzieher machen könnte. „Das Ding ist noch nicht durch“, sagt eine Abgeordnete.

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In der FDP will man sich nicht drängen lassen. Wann das Gesetz verabschiedet werde, hänge von den Verhandlungen ab, sagt Vize-Fraktionschef Christoph Meyer dem Tagesspiegel. Der Zeitplan bis zur Sommerpause sei nicht gesetzt: „Die Vorfestlegung auf ein Abschlussdatum ist falsch und nicht zielführend.“

Tatsächlich lässt das Verhandlungspapier in den Details Spielraum, den Grüne und FDP unterschiedlich bewerten. Etwa, was mit Gas-Heizungen geschieht, die nach dem 1. Januar 2024 eingebaut werden. Das bleibt nun möglich, wenn noch keine kommunale Wärmeplanung vorliegt. Sollte später aber kein klimaneutrales Gas, also vor allem Wasserstoff, lieferbar sein, müsste die Heizung wieder herausgerissen werden.

Die Ampel versucht, die Menschen an der Nase herumzuführen.

Jan-Marco Luczak, baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.

„Angemessene Übergangsfristen zur Umstellung“ solle es dann geben, heißt es in dem Papier. Doch das interpretieren Grüne und FDP unterschiedlich. Die Liberalen können sich vorstellen, dass die Heizungen erst mit dem Abriss der Gasnetze in den 2030er Jahren abgebaut werden müssen, die Grünen wollen das deutlich zügiger und hoffen, dass Verbraucher erst gar keine Gas-Heizungen mehr kaufen. Nur in „wenigen Fällen“ werde es klimaneutrale Gasnetze geben.

„Die Ampel versucht, die Menschen an der Nase herumzuführen“, kritisiert gar Jan-Marco Luczak, baupolitischer Sprecher der CDU. Schließlich werde es nur in Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohner eine Wärmeplanung geben. Im ländlichen Raum würden die Regeln des Heizungsgesetzes daher flächendecken ab 2024 gelten, warnt Luczak. „Es bahnt sich ein riesiger Etikettenschwindel an“, sagte er dem Tagesspiegel.

Der baupolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Jan-Marco Luczak.

© imago images/Christian Spicker

Unklar bleiben auch die Förderungen. Möglichst passgenau sollten „soziale Härten bis in die Mitte der Gesellschaft“ berücksichtigt werden, heißt es im Beschluss. Die Grünen wollen laut Fraktionspapier Mieter „vor übermäßigen Kosten“ schützen. Die Liberalen betonen, Vermieter erhielten bei Investitionen in eine neue Heizung den Anspruch auf eine weitere Modernisierungsumlage.

Unterschiedliche Reaktionen auf den Kompromiss

Auch beim Thema Pellet-Heizungen, die nun laut Einigung ausnahmslos als klimafreundliche Heizung gilt, haben Grüne und FDP unterschiedliche Schwerpunkte. „Es gibt keinerlei Einschränkungen für Holz-Heizungen oder Biomethan“, freuen sich die Liberalen. Die Grünen betonen, Holz sei ein begrenzter Rohstoff, man wolle „Fehlanreize vermeiden und Nachhaltigkeitskriterien erfüllen“.

Auch außerhalb der Ampel wird der Kompromiss unterschiedlich bewertet: Der Präsident des Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, zeigte sich besorgt angesichts drohender höherer Kosten für Mieter. „Statt die bestehende Modernisierungsumlage endlich sozial gerecht zu reformieren und deutlich abzusenken, soll sogar eine weitere Modernisierungsumlage eingeführt werden.“

Die Energiewirtschaft begrüßte dagegen die Einigung: „Erst wird die Infrastruktur angeschaut, dann wird über das Haus entschieden“, sagte Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). „Es wird nicht mehr verlangt, als leistbar ist.“

Die Deutsche Umwelthilfe sprach wiederum von einem Tiefpunkt für die Klimapolitik der Bundesregierung. „Am schwersten wiegt, dass die Wärmewende bei Bestandsgebäuden auf einen Zeitpunkt nach 2028 und damit auf eine nächste Regierung verschoben wird und das sogar bei einem großen Teil der Neubauten, wo es besonders einfach umsetzbar ist“, kritisierte Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Das letzte Wort um das Heizungsgesetz ist noch lange nicht gesprochen.

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