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Gegen den Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, gibt es weitere Vorwürfe.

© Imago/Smith

Update

Neue Vorwürfe gegen Freie-Wähler-Chef: Aiwanger soll Schulordner mit rassistischer Beschimpfung besessen haben

In der Affäre um Aiwanger gibt es eine weitere Anschuldigung. Einem Bericht zufolge wird diese durch eine eidesstattliche Versicherung untermauert. Zudem macht Söder Druck.

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Die sogenannte Flugblatt-Affäre um den stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten und Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, zieht weitere Kreise. Nach den Vorwürfen, Aiwanger habe als 17-jähriger Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst und verbreitet, beschuldigt ihn nun eine damalige Mitschülerin des Rassismus. Dies berichtet der „Spiegel“.

Demnach soll Aiwanger während seiner Gymnasialzeit Ende der 80-er Jahre einen Schulordner mit in den Unterricht gebracht haben, auf dessen Innenseite eine rassistische Beschimpfung dunkelhäutiger Menschen gestanden habe. Das soll die frühere Mitschülerin in einer eidesstattlichen Versicherung bezeugt haben, die dem Magazin eigenen Angaben zufolge vorliegen soll.

Aiwanger selbst äußerte sich demnach nicht zu dem Vorwurf. Eine Anfrage des Magazins mit der Bitte um Stellungnahme ließ der Politiker am Donnerstag unbeantwortet, heißt es in dem Bericht weiter.

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Aiwanger soll die Wehrmacht verteidigt haben

Wie das Magazin unter Berufung auf eigene Recherchen weiter berichtet, sollen mehrere ehemalige Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte Aiwanger als stramm konservativ bis rechtsradikal in Erinnerung haben. Demnach habe er die Wehrmacht verteidigt und ausgeführt, sie habe sich „ehrenhaft verhalten“, zitiert das Blatt einen früheren Mitschüler.

Ein anderer Mitschüler hatte dem Bayerischen Rundfunk gesagt, beim Betreten des Klassenzimmers habe Aiwanger ab und zu „einen Hitlergruß gezeigt“.

Aiwanger hatte am Samstag schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten das antisemitische Flugblatt geschrieben zu haben, über das die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Wochenendausgabe berichtet hatte.

Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien „ein oder wenige Exemplare“ in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf gestand Aiwangers älterer Bruder Helmut ein, das Pamphlet geschrieben zu haben.

Am Donnerstag entschuldigte sich Aiwanger erstmals öffentlich. In Bezug auf die Vorwürfe blieb er bei der bisherigen Darstellung - insbesondere, dass er das Flugblatt nicht verfasst habe und dass er sich nicht erinnern könne, als Schüler den Hitlergruß gezeigt zu haben.

Söder fordert zeitnah Antworten auf seine Fragen an Aiwanger

Gleichzeitig ging der Freie-Wähler-Chef zum Gegenangriff über, beklagte eine politische Kampagne gegen ihn und seine Partei.

„Ich bereue zutiefst, wenn ich durch mein Verhalten in Bezug auf das in Rede stehende Pamphlet oder weitere Vorwürfe gegen mich aus der Jugendzeit Gefühle verletzt habe“, sagte Aiwanger. „Meine aufrichtige Entschuldigung gilt zuvorderst allen Opfern des NS-Regimes, deren Hinterbliebenen und allen Beteiligten und der wertvollen Erinnerungsarbeit.“ Von einem möglichen Rücktritt war keine Rede.

Die Affäre um Aiwanger erschüttert Bayern mitten im Wahlkampf. Am 8. Oktober wird ein neuer Landtag gewählt, Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich früh auf die Fortsetzung einer „bürgerlichen Koalition“ mit den Freien Wählern festgelegt.

Söder bezeichnete die Entschuldigung Aiwangers am Freitag als überfällig, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete. Gleichzeitig erhöhte er den zeitlichen Druck auf den Freie-Wähler-Chef, die 25 an ihn gestellten Fragen nun rasch schriftlich zu beantworten. „Am besten noch heute“, wie Söder am Rande eines Termins im mittelfränkischen Bechhofen sagte.

„Die Entschuldigung gestern war dringend notwendig. Es bleiben aber noch viele Fragen offen“, sagte Söder. „Für mich ist wichtig, dass die 25 Fragen jetzt umfassend und glaubwürdig beantwortet werden, und zwar zeitnah. Und zeitnah heißt am besten noch heute, im Laufe des Tages.“ Eine förmliche Frist setzte er Aiwanger damit allerdings weiterhin nicht.

Aiwanger kündigte an, die 25 Fragen möglichst bis Freitagabend schriftlich beantworten zu wollen. „Wenn die Forderung lautet, bis heute Abend, dann werden wir versuchen, bis heute Abend zu liefern“, sagte der Freie-Wähler-Chef der Deutschen Presse-Agentur in München. Er fügte hinzu: „Ich will mir hier keinen Vorwurf machen lassen.“

Erst nach Beurteilung der Antworten will Söder eine abschließende Entscheidung treffen, wie es weitergeht: ob er Aiwanger gut einen Monat vor der Landtagswahl entlässt oder nicht. „Ob es am Ende alles ausreicht, wird man erst nach der Beantwortung der Fragen entscheiden“, sagte der CSU-Chef.

Doch die Mehrheit der Deutschen ist sich sicher: Söder wird auch nach der Wahl mit den Freien Wählern koalieren. In einer repräsentativen Civey-Umfrage für die „Welt“ gehen 56 Prozent der Befragten davon aus, dass es auch nach der Bayern-Wahl eine Koalition aus CSU und Freien Wählern geben wird. Dass Söder sich doch noch an die Grünen binden will, halten nur zehn Prozent für wahrscheinlich. Zwölf Prozent der Deutschen vermuten eine Koalition mit der AfD, sieben Prozent mit der SPD.

Aiwanger verteidigt sich erneut

In der Flugblatt-Affäre hat sich Hubert Aiwanger bei einem Bierzeltauftritt in Niederbayern einmal mehr verteidigt. „Jawohl, auch ich habe in meiner Jugend Scheiß’ gemacht. Jawohl, ich habe auch Mist gemacht“, sagte er am Freitag der dpa zufolge beim Karpfhamer Fest in Bad Griesbach (Landkreis Passau).

Und weiter: „Das Flugblatt war scheußlich, das ist nicht wegzudiskutieren.“ Er finde es aber nicht in Ordnung, jemanden später in seinem Leben mit Dingen, die 35 bis 40 Jahre zurückliegen, zu konfrontieren „bis zu seiner beruflichen Existenzvernichtung“.

Es gebe viele Dinge, die man im Nachhinein nicht mehr machen würde. Aber man müsse einem Menschen auch zubilligen, im Leben gescheiter zu werden. Er sprach erneut von einer von langer Hand geplanten Schmutzkampagne gegen ihn, „vielleicht, um die Grünen in die Landesregierung zu bringen“. 

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