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Mit Papa in der Stadt, und dann zahlt der auch den Snack: Das Unterhaltsrecht soll Umstände wie diesen künftig besser berücksichtigen.

© Getty Images/Marko Geber

Pläne von Justizminister Buschmann: Welche Folgen das neue Unterhaltsrecht für Eltern hätte

Papa ist nicht nur alle zwei Wochenenden dran, sondern betreut viel häufiger? Für diese Fälle will Justizminister Marco Buschmann das Unterhaltsrecht reformieren.

Im Koalitionsvertrag hat die Ampelkoalition verabredet, das Unterhaltsrecht für Familien, in denen die Elternteile getrennt leben, zu reformieren. Das Ziel ist, besser zu berücksichtigen, in welchem Umfang Elternteile die Betreuung des Kindes übernehmen – und zwar sowohl vor als auch nach einer Trennung. Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat nun einen konkreten Reformvorschlag vorgelegt.

Was sich für Familien ändern würde und wie die Pläne ankommen: ein Überblick.


Warum soll es überhaupt eine Reform geben?

Gut 15 Jahre ist es her, dass das Unterhaltsrecht zum letzten Mal umfassend modernisiert wurde. Damals wurde beispielsweise geregelt, dass Unterhaltsansprüche aller Kinder – ehelicher wie unehelicher – Vorrang haben vor Unterhaltsansprüchen Erwachsener. Passt die Rechtslage (noch) zur gesellschaftlichen Realität? Das war damals die Grundfrage und ist es heute wieder.

In der jetzigen Debatte geht es um Elternteile, die in Trennung leben, ihre Kinder aber trotzdem deutlich mehr betreuen als im klassischen Modell mit Umgang nur an jedem zweiten Wochenende und in den Ferien. Immer häufiger ist es so, dass zum Beispiel ein getrennt lebender Vater die Betreuung der Kinder zu 30 oder 40 Prozent übernimmt. Ob das bei der Bemessung der Unterhaltszahlungen überhaupt berücksichtigt wird, liegt aber bisher im Ermessen der Familiengerichte.

Buschmann argumentiert, das Unterhaltsrecht müsse mit Blick auf diese Konstellationen dringend reformiert werden. „Für wichtige Lebenssituationen fehlt es an überzeugenden und klaren Vorgaben. Das erzeugt Frust und Streit“, sagt er.


Ab welchem Betreuungsanteil würde das neue Modell greifen?

Relevant würden die neuen Regeln ab einem Betreuungsanteil von 30 Prozent und bis zu einem Anteil von rechnerisch 49 Prozent. Eine solche Aufteilung heißt asymmetrisches Wechselmodell. Innerhalb dieser Spanne wäre egal, wo genau der Prozentwert liegt. Das soll nicht in die Berechnung einfließen.

Gemessen wird der Prozentanteil in der Regel anhand der Übernachtungen. Wird das dem Einzelfall nicht gerecht, zum Beispiel weil ein Elternteil immer nur tagsüber betreuen kann, kann davon aber abgewichen werden.


Wie sehen die Pläne des Ministers aus?

Minister Buschmann möchte ein klar strukturiertes Rechenmodell festlegen, nach dem im asymmetrischen Wechselmodell der Unterhalt berechnet wird. Im folgenden Beispiel wird ausgegangen von einer Mutter, die zu 60 Prozent betreut, und einem Vater, der zu 40 Prozent betreut.

  1. Wie bisher wird der Bedarf des Kindes nach Düsseldorfer Tabelle ermittelt, er richtet sich also nach dem Einkommen beider Elternteile. Das entspricht der Lebenswirklichkeit von nicht-getrennten Eltern: Wo mehr Einkommen da ist, sind auch die Kinder wohlhabender.
  2. Beim Bedarf des Kindes werden pauschal 15 Prozent abgezogen. Das berücksichtigt, dass deutlich mehr Kosten etwa für Nahrung und Hobbys direkt beim Vater gedeckt werden, als wenn dieser das Kind nur deutlich weniger betreuen würde.
  3. Die Leistungsfähigkeit jedes Elternteils, also der Selbstbehalt, wird berücksichtigt. Daraus ergibt sich ein so genannter Haftungsanteil.
  4. Dieser Haftungsanteil wird mit dem Betreuungsanteil verrechnet, der pauschal bei 30 Prozent angesetzt wird.
  5. Auf dieser Basis wird der Kindesunterhalt errechnet, dabei wird auch das Kindergeld auf die beiden Elternteile aufgeteilt.

Was bedeutet das neue Modell in Zahlen?

Kalkulieren lässt sich immer nur mit Beispielfällen. Das Bundesjustizministerium hat einen solchen vorgelegt.

Das Beispiel: Elternteil A hat 4000 Euro Einkommen und Elternteil B hat 2000 Euro Einkommen. Das gemeinsame Kind ist sechs Jahre alt, Elternteil B erhält das Kindergeld. Die Eltern praktizieren das asymmetrische Wechselmodell.

Die bisherige Rechtslage: Elternteil A zahlt 558 Euro Unterhalt. Es liegt im Ermessen des Familiengerichts, ob die Summe nach Düsseldorfer Tabelle herabgestuft wird. Falls ja, ergeben sich entweder 518 Euro oder 478 Euro.

Die beabsichtigte Rechtslage: Elternteil A zahlt 427 Euro Unterhalt. Das sind also bis zu 131 Euro Differenz.


Für welche Familien bliebe alles beim Alten?

Nach Angaben des Justizministeriums hat ein Viertel aller Kinder in Deutschland getrennt lebende Eltern. Für zwei Gruppen bleibt aber alles beim Alten: nämlich einerseits für getrennte Paare, die das klassische Residenzmodell praktizieren. Ein Elternteil hat dann Umgang nur an jedem zweiten Wochenende sowie für längere Zeit in den Schulferien. In Sachen Unterhalt soll hier alles bleiben, wie es ist.

Das gilt auch für Eltern, die im Wechselmodell leben und sich die Betreuung genau hälftig aufteilen. Dann werden schon jetzt die Zahlungspflichten beider Eltern miteinander verrechnet und es ergeben sich nur sehr geringe Unterhaltssummen.


Was soll außerdem geändert werden?

Zwei weitere Punkte möchte Minister Buschmann mit der Reform angehen: den Betreuungsunterhalt und die Regeln für den notwendigen Selbstbehalt.

In Zukunft zu zweit? Eine Mutter mit ihrem Kind.
In Zukunft zu zweit? Eine Mutter mit ihrem Kind.

© Mauritius Images/Westend61 /Natalia Deriabina

Betreuungsunterhalt wird nicht für das Kind gezahlt, sondern wenn das andere, getrenntlebende Elternteil im Beruf pausiert oder kürzertritt, um das Kind zu betreuen. In der Regel gibt es Betreuungsunterhalt nur bis zum dritten Geburtstag des Kindes.

Bisher wird in den Details unterschieden zwischen Paaren, die verheiratet waren, und Menschen, die ohne Heirat miteinander ein Kind bekommen haben. Diese Unterschiede sollen beseitigt werden.

Dabei geht es zum Beispiel darum, ob ein Unterhaltsanspruch vererbt werden kann. Auch sollen individuelle Vereinbarungen und Abfindungszahlungen ermöglicht werden.

Außerdem geht es um den Fall, dass das nicht-betreuende Elternteil ein deutlich höheres Einkommen hat als das betreuende. Wenn das Paar unverheiratet, aber dauerhaft zusammengelebt hat, soll das betreuende Elternteil beim Betreuungsunterhalt an diesem höheren Einkommen teilhaben. Das nämlich wäre auch der Fall, wenn das Paar geheiratet hätte.

Außerdem soll der notwendige Selbstbehalt im Detail neu geregelt werden: Künftig soll berücksichtigt werden, dass Wohnkosten regional unterschiedlich hoch ausfallen.


Welche Kritik gibt es an dem Vorschlag?

Nicht überall kommen Buschmanns Ideen gut an. So sagte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken der „Funke-Mediengruppe“, die Reform dürfe nicht zulasten von hauptsächlich erziehenden Müttern gehen.

Ähnlich äußerte sich Sabine Andresen, Präsidentin des Kinderschutzbunds. Sie sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“: „Die einfache Rechnung, je häufiger das Kind betreut wird, desto geringer der Unterhaltsanspruch, sehen wir kritisch.“ Das Gesetz wird noch das übliche parlamentarische Verfahren durchlaufen, wo Bedenken wie diese erwogen werden.

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