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Bei einer Razzia gegen sogenannte „Reichsbürger“ im Dezember 2022 wurde Heinrich XIII. Prinz Reuß festgenommen.

© dpa / dpa/Boris Roessler

Putschpläne der Reuß-Gruppe: „Reichsbürger“ sollen Beistand aus Russland gesucht haben

Bei einer Razzia im Dezember fand das BKA einem Bericht zufolge Dokumente von Mitgliedern der Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß. Demnach war auch ein Treffen mit dem russischen Konsulat vereinbart.

Der Fall erregte großes Aufsehen: Bei einer groß angelegten Razzia wurden Ende des vergangenen Jahres 25 sogenannte „Reichsbürger“ festgenommen, darunter Heinrich XIII. Prinz Reuß. Der Gruppe wird die Bildung einer terroristischen Vereinigung mit fortgeschrittenen Umsturzplänen zur Last gelegt.

„Die Ermittlungen lassen in den Abgrund einer terroristischen Bedrohung aus dem ,Reichsbürger’-Milieu blicken“, hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach der Polizeiaktion am 7. Dezember gesagt. Demnach seien die mutmaßlichen Extremisten „von gewaltsamen Umsturzfantasien und Verschwörungsideologien getrieben“.

Die Razzia in der Vorweihnachtszeit gilt als eine der größten in der Geschichte der Bundesrepublik, etwa 3000 Beamte durchkämmten Dutzende Objekte in elf Bundesländern. Der sogenannten Patriotischen Union werden Medienberichten zufolge seither 63 Personen als Mitglieder oder Unterstützer zugerechnet.

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An diesem Mittwoch teilte der Bundesgerichtshof (BGH) mit, dass „die Untersuchungshaft gegen 22 dem Milieu der ,Reichsbürger’ zugehörige Beschuldigte fortzudauern hat“.

Dies bedeutet auch, dass die Ermittlungen zum geplanten gewaltsamen Systemumsturz unter Anwendung militärischer Gewalt andauern. Erst Ende Mai hatte es weitere Festnahmen gegeben.

Bislang war bekannt, dass die Einsatzkräfte bei den Durchsuchungen Dutzende – größtenteils legale – Waffen, 420.000 Euro in bar und etwa 50 Kilogramm Gold und Edelmetalle entdeckten. Auch Kontounterlagen der russischen Sberbank fanden die Ermittler.

Nun gibt es weitere Hinweise auf Verbindungen der „Patriotischen Union“ zu Russland. Einem Investigativbericht des MDR zufolge soll die Gruppe im Zuge ihrer Umsturzpläne aktiv den Kontakt zu russischen Regierungsstellen gesucht sowie ein Treffen mit einem russischen Diplomaten vereinbart haben.

BKA findet offenbar vierseitigen E-Mail-Verkehr – ausgedruckt

Zentrales Element der Recherche ist eine E-Mail-Sammlung, auf die BKA-Fahnder offenbar bei einer Durchsuchung im sächsischen Olbernhau aufmerksam wurden. Die Kleinstadt im Erzgebirge war einer der Schwerpunktorte bei der bundesweiten Razzia im Dezember, unter anderen wurde hier der ehemalige AfD-Stadtrat Christian W. festgenommen.

Die Ermittler entdeckten die E-Mails dem Bericht zufolge in Papierform in den Wohn- und Geschäftsräumen des ebenfalls festgenommenen Unternehmers Frank R., vier Seiten soll das gefundene Dokument umfassen.

Dabei handele es sich um den ausgedruckten Mailverkehr zwischen R.s Firma und dem russischen Generalkonsulat in Leipzig, der am 28. November 2022 begonnen haben soll. Also neun Tage vor der Razzia.

Bei der Kontaktaufnahme hätten sich R., W. und ein dritter Mann als „klar prorussisch“ ausgegeben, berichtet der MDR. Demnach habe sich das Trio zunächst als „eine Gruppe von mittelständischen Unternehmern“ bezeichnet, die die Berichterstattung über den Russland-Ukraine-Krieg als einseitig empfindet und daher um ein persönliches Treffen im Generalkonsulat in Leipzig bitte.

Die Antwort folgte dem Bericht zufolge zwei Tage später durch einen hochrangigen Diplomaten, inklusive einer Einladung in die diplomatische Vertretung Russlands für den 8. Dezember. Da es wegen der Razzia am 7. Dezember nicht zu dem Treffen kam, bleiben viele Fragen offen – etwa zu den genauen Absichten der Gruppe.

Auch das Vorgehen der drei Männer erscheint bizarr: Wieso wählten sie den mutmaßlich unverschlüsselten Weg einer E-Mail, um das Konsulat zu kontaktieren? Und weshalb wurde der Austausch ausgedruckt und in Papierform aufbewahrt?

Weitere Verbindungen zu Russland

Der MDR verweist in seinem Bericht darauf, dass das russische Konsulat mehrmals im Fokus der Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen die Gruppe rund um Heinrich XIII. Prinz Reuß gestanden habe.

So werden auch einer Frau namens Vitalia B. gute Verbindungen zur diplomatischen Vertretung in Leipzig nachgesagt – sie soll Heinrich XIII. nahestehen. Die genaue Rolle der Russin innerhalb der „Patriotischen Union“ – etwa, ob sie eine Agentin ist - ist dem Bericht zufolge nebulös.

Fakt ist: Die 40-Jährige zählt für das BKA zu den mutmaßlichen Unterstützern der Reuß-Gruppe, wie die Behörde mitteilt. Sie wurde im Zuge der Razzia im Reußen-Schloss im thüringischen Bad Lobenstein festgenommen.

Sie sei „dringend verdächtig, die Vereinigung insbesondere dadurch unterstützt zu haben, dass sie dem Beschuldigten Heinrich XIII. P. R. bei der Kontaktaufnahme zu Vertretern der Russischen Föderation behilflich war“, schreibt das BKA zum entsprechenden Haftbefehl.

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B. wurde im Zuge der Razzia im Reußen-Schloss im thüringischen Bad Lobenstein festgenommen. Später soll sie dem MDR zufolge in U-Haft beteuert haben, eine „Maria Romanov“ zu sein.

Wie der MDR weiter unter Berufung auf Ermittlungen der Bundesanwaltschaft berichtet, sollen auch andere mutmaßliche Mitglieder der Reuß-Gruppe auf russische Unterstützung gehofft haben.

Demnach seien solche Äußerungen unter anderem Mitte September 2022 bei einem Treffen in einem Hotel nahe dem Reußen-Schloss gefallen – zuvorderst von Mitgliedern des militärischen Arms. Eine tatsächliche Mitarbeit bei den Umsturzplänen der „Reichsbürger“-Gruppierung ist bis heute allerdings nicht nachgewiesen.

Wie der BGH nun erneut feststellte, handelte es sich bei der Gruppierung „hochwahrscheinlich“ um eine terroristische Vereinigung. Demnach sei bei den Beschuldigten der Haftgrund der Fluchtgefahr gegeben, in einigen Fällen auch jener der Schwerkriminalität. (cst)

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