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Pressestatement von Annalena Baerbock (Buendnis 90/Die Gruenen), Bundesaussenministerin, und Olaf Scholz (L, SPD), Bundeskanzler, nach einem Besuch des Bundesamt fuer Auswaertige Angelegenheiten.

© dpa/Photothek/Thomas Koehler

Update

Scholz und Baerbock nicht einig: Bundesregierung verzichtet auf Nationalen Sicherheitsrat

Monatelang hatten der Kanzler und die Außenministerin verhandelt. Doch laut Informationen des „Spiegel“ ist die Gründung eines Nationalen Sicherheitsrats nun vom Tisch.

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Ein wichtiges Projekt der Ampel-Regierung ist gescheitert – nicht zuletzt wegen eines Machtkampfs zwischen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Wie der „Spiegel“ berichtete, konnten sich Scholz und Baerbock trotz monatelanger Verhandlungen nicht über den geplanten Nationalen Sicherheitsrat einigen. Demnach habe es zwischen dem Kanzler und der Außenministerin keine Lösung darüber gegeben, wo das neue Gremium angesiedelt wird, wer es führt und wie es besetzt wird. Kanzleramt und Außenressort hätten die Zuständigkeit jeweils bei sich gesehen.

Ursprünglich war geplant, dass Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik ressortübergreifend in Abstimmung mit dem Kanzleramt im Nationalen Sicherheitsrat gebündelt werden sollten. Das neue Gremium hätte in Anlehnung an den „National Security Council“ in den USA dafür sorgen sollen, dass die Bundesregierung in Krisensituationen schneller reagieren kann. Zwar kann die Bundesregierung bei Bedarf den Bundessicherheitsrat einberufen. Dieses Gremium konzentriert sich aber in erster Linie auf die Genehmigung von Rüstungsexporten.

Der Nationale Sicherheitsrat hätte Teil der „Nationalen Sicherheitsstrategie“ sein sollen, welche zurzeit im Auswärtigen Amt erarbeitet wird. Eigentlich hätte das Dokument vor der Münchner Sicherheitskonferenz im vergangenen Monat präsentiert werden sollen. Es soll eine Antwort auf zahlreiche sicherheits- und außenpolitische Fragen skizzieren – von der Cybersicherheit über den Katastrophenschutz bis zum Klimawandel. Doch die Fertigstellung verzögert sich auch deshalb, weil die Bundesländer mitreden wollen. Jetzt ist die Veröffentlichung der Strategie für Ende des Monats geplant. Daneben arbeitet die Bundesregierung an einer China-Strategie. Auch hier liegt die Federführung beim Grünen-geführten Auswärtigen Amt.

Das Aus für den Nationalen Sicherheitsrat zeigt, wie angespannt das Verhältnis zwischen Scholz und Baerbock ist. Insbesondere in der China-Politik kommt es immer wieder zu Reibereien zwischen dem Kanzler und der Außenministerin. Ende des vergangenen Jahres hatte Baerbock unmittelbar vor einer Peking-Reise des Kanzlers erklärt, dass China auch ein Wettbewerber „und in zunehmendem Maße systemischer Rivale“ sei.

Nach den Angaben des „Spiegel“ ist das Außenministerium angesichts des Aus für den Nationalen Sicherheitsrat erleichtert darüber, keine weiteren Kompetenzen an das Kanzleramt abtreten zu müssen, wo etwa zur Europapolitik und hinsichtlich der Unterstützung der Ukraine ohnehin schon die wichtigen Entscheidungen getroffen würden. Ohne den Sicherheitsrat wolle man sich nun auf die vorhandenen sicherheitspolitischen Formate beschränken, zu denen das Sicherheitskabinett aus Ministern und Ministerinnen gehört.

Ein weiterer Streitpunkt war den Angaben zufolge die Festschreibung des Ziels, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Das Ziel wird laut „Spiegel“ im aktuellen Entwurf des vertraulichen Papiers zur Nationalen Sicherheitsstrategie ausdrücklich erwähnt. Die Forderung der Grünen, steigende Ausgaben für Verteidigung an Investitionen in Diplomatie und Entwicklungszusammenarbeit zu koppeln, finde sich aber nicht darin.

Der FDP-Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff sagte dem Tagesspiegel, dass die Nationale Sicherheitsstrategie „in dieser Form den Herausforderungen nicht gerecht“ werde. „Dass sich Kanzleramt und Auswärtiges Amt gegenseitig blockieren, ist angesichts der Zeitenwende nicht zu verstehen, denn es braucht einen Nationalen Sicherheitsrat gerade jetzt dringender denn je“, sagte er.

„Die Bundesregierung ist in das Projekt ‘Nationale Sicherheit’ vollmundig gestartet und scheitert bereits bei Grundsatzfragen“, kritisierte Jürgen Hardt, der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. „Das ist schlechtes Regierungsmanagement vor allem des Kanzleramtes“, sagte Hardt dem Tagesspiegel weiter. Nach den Worten des CDU-Politikers ist ein Nationaler Sicherheitsrat, in dem außen-, verteidigungs- und innenpolitisch die Entscheidungsstränge zwischen den Bundesressorts, aber auch zwischen Bund und Ländern zusammenlaufen, „dringend erforderlich“. Das habe unter anderem die Situation um den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan im August 2021 gezeigt. Damals hatte Deutschland während des schnellen Vormarsches der Taliban Tausende Ortskräfte zurückgelassen.

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