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Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) während ihrer Pressekonferenz mit ihrem chinesischen Amtskollegen Qin Gang am vergangenen Freitag in Peking.

© REUTERS/Pool

Strategie verzweifelt gesucht: Die Ampel liegt beim Umgang mit Peking über Kreuz

Zwei Koalitionspartner streiten sich über die künftige Ausrichtung der China-Politik. Die Union sieht sich dabei näher an den Grünen als bei der SPD von Kanzler Scholz.

Partner, Wettbewerber oder systemischer Rivale? In Deutschland geht die Diskussion über die politische Einordnung Chinas weiter. Während innerhalb der Ampel-Koalition vor allem Sozialdemokraten und Grüne über die künftige Ausrichtung der China-Politik streiten, kritisiert die CDU/CSU den SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich.

Welche Linie die Bundesregierung gegenüber China verfolgt, soll letztlich in der geplanten China-Strategie festgehalten werden. Die Präsentation der Strategie wird nicht vor dem Frühsommer erwartet. Dass es mit dem Leitfaden nicht schneller vorangeht, hängt vor allem mit dem innerkoalitionären Streit über den künftigen Umgang mit dem Reich der Mitte zusammen.

Die Federführung für die China-Strategie liegt beim Grünen-geführten Auswärtigen Amt. Vor der Präsentation des Papiers lag es in der Natur der Sache, dass Ressortchefin Annalena Baerbock (Grüne) sich selbst vor Ort ein Bild von der Lage macht.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem chinesischen Amtskollegen Qin Gang in Peking hatte Baerbock die Beschneidung von Menschenrechten in China deutlich kritisiert.

Konservative SPD-Politiker wollen China vor allem als Partner nicht verprellen

Gleichzeitig hatte der konservative Flügel der SPD-Fraktion, der Seeheimer Kreis, vor einer „Anti-China“-Politik gewarnt. In einem Strategiepapier der Seeheimer war die Rolle Chinas als potenzieller Partner herausgestrichen worden – unter anderem bei weltweiten Herausforderungen wie dem Klimawandel und einem drohenden nuklearen Wettrüsten.

Zwar wollen auch die Grünen keine völlige wirtschaftliche Entkopplung von China – im Fachjargon „Decoupling“ genannt. Aber ein „De-risking“ – also eine Minimierung der Risiken – ist nach Meinung der Grünen sehr wohl angezeigt. „China ist Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale zugleich – das anzuerkennen, ist Grundlage einer ernstzunehmenden China-Politik“, sagte Fraktionsvize Andreas Audretsch der Deutschen Presse-Agentur. „In der SPD scheint das in Teilen nach wie vor nicht angekommen zu sein“, fügte er hinzu.

Inbesondere bei der Rolle chinesischer Direktinvestitionen in Deutschland liegen Grüne und Seeheimer über Kreuz. Nach der Ansicht des konservativen Flügels der SPD-Fraktion sollten ausländische Investitionen „nicht unter Generalverdacht gestellt werden“.

Stein des Anstoßes ist der umstrittene Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco bei einer Betreibergesellschaft am Hamburger Hafen, der ein halbes Jahr nach einer Grundsatzentscheidung der Bundesregierung inzwischen schon wieder infrage steht: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) stuft den Containerhafen Tollerort mittlerweile doch als kritische Infrastruktur ein.

Das Papier der Seeheimer beschädigt die Bundesregierung außenpolitisch.

Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion

Aus der Opposition kommt in der China-Diskussion Lob für Baerbock, während die Rolle der SPD kritisch gesehen wird. „Es spricht Bände über die Ampel, dass sie den Streit um die China-Politik öffentlich austrägt“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, dem Tagesspiegel. „Das Papier der Seeheimer beschädigt die Bundesregierung außenpolitisch, während die China-Strategie doch eigentlich intern abgestimmt werden soll“, sagte er weiter.

CDU/CSU loben Baerbock – und kritisieren die SPD

Hardt wirft insbesondere SPD-Fraktionschef Mützenich vor, das Papier nicht verhindert zu haben, „weil es ihm in sein Konzept passt“. Außenministerin Baerbock könne man „hingegen nicht vorwerfen, dass sie ihre China-Visite für parteipolitische Zwecke missbraucht habe“.

Am Dienstag will die CDU/CSU-Fraktion ein eigenes China-Positionspapier beschließen. Laut einem Entwurf des Papiers, über den das „Handelsblatt“ berichtet, wollen CDU und CSU eine „chinapolitische Zeitenwende“ einläuten.

Demnach weisen sie darauf hin, dass die chinesische Staatsführung massiv in Forschung und Innovation investiere, „auch und gerade zu militärischen Zwecken“. „Diese Strategie und den chinesischen Anspruch nach globaler Technologieführerschaft gilt es auch bei anstehenden Investitionen deutscher Industrie in China zu bewerten“, lautet die Schlussfolgerung. 

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