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Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) gibt bei ihrem Besuch beim Kommando Spezialkräfte (KSK) in Calw ein Statement ab.

© dpa / Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Update

„Überschreiten von roten Linien“: Lambrecht warnt Russland nach Behauptung über „schmutzige Bombe“

Der Kreml hatte behauptet, die Ukraine könnte eine radioaktive „schmutzige Bombe“ einsetzen. Auch die deutsche Verteidigungsministerin wies diesen Vorwurf nun zurück.

| Update:

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat sich nach russischen Regierungsäußerungen über Szenarien mit einer radioaktiven „schmutzigen Bombe“ in der Ukraine tief besorgt gezeigt.

Der Westen müsse geschlossen zum Ausdruck bringen, dass jeder Einsatz derartiger Nuklearwaffen ein „Überschreiten von roten Linien“ wäre, sagte Lambrecht am Montag im baden-württembergischen Calw bei einem Besuch beim Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr. 

„So etwas darf nicht geschehen“, fügte die Verteidigungsministerin hinzu. Sie betonte zugleich, dass solche Drohungen „keine Auswirkungen“ auf die deutsche Unterstützung für die Ukraine hätten. „Wir stehen weiter hinter der Ukraine.“

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Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat gegenüber den europäischen Atommächten Großbritannien und Frankreich behauptet, Kiew plane zur Diskreditierung Moskaus die Zündung einer radioaktiven Bombe.

Die Ukraine und USA hatten den Vorwurf sofort als absurd zurückgewiesen. Die Äußerung Schoigus nährte aber die Befürchtung, Russland könne seinerseits den Einsatz einer derartigen Waffe planen.

Infografik zur „Schmutzigen Bombe“: Konventioneller Sprengstoff soll bei diesen Sprengsätzen dazu dienen, radioaktive Stoffe in der Umwelt zu verteilen.

© Grafik: Tagesspiegel / Infografik • Quelle: AFP, USNRC, CDC • Stand: Oktober 2022

Lambrecht nannte die Äußerungen einen „unerhörten Vorwurf“ gegenüber der Ukraine, für den es „null Anhaltspunkte“ gebe. Es sei wichtig, dass der Westen diese Behauptung „deutlich“ zurückweise und zugleich die Botschaft aussende, dass er weiter hinter der Ukraine stehe, sagte sie. 

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg reagiert

Unterdessen hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Russland dazu aufgefordert, seine „falsche Behauptung“ zu einer nuklear verseuchten Bombe nicht als Vorwand für eine weitere Eskalation des Kriegs gegen die Ukraine zu nutzen.

Die Nato-Verbündeten wiesen Moskaus Aussage zurück, dass die Ukraine den Einsatz einer sogenannten schmutzigen Bombe auf eigenem Gebiet vorbereite, schrieb der Norweger am Montagabend auf Twitter.

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„Russland darf sie nicht als Vorwand für eine Eskalation benutzen.“ Zuvor hatte Stoltenberg eigenen Angaben zufolge mit dem amerikanischen Verteidigungsminister Lloyd Austin und dessen britischen Kollegen Ben Wallace gesprochen. Der Generalsekretär betonte, die Nato-Unterstützung für die Ukraine sei unerschütterlich.

Russischer Verteidigungsminister sprach mit westlichen Kollegen

Schoigu habe „seine Besorgnis über mögliche Provokationen der Ukraine mit Hilfe einer „schmutzigen Bombe“ übermittelt“, teilte das russische Verteidigungsministerium am Sonntag mit. Er sprach demnach mit dem französischen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu und mit dem britischen Minister Ben Wallace. Auch der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar bekam einen Anruf Schoigus.

Aus London hieß es nach dem Telefonat, Wallace habe die Behauptungen zurückgewiesen und gemahnt, solche Vorwürfe sollten nicht als Vorwand für eine weitere Eskalation genutzt werden. Der Verteidigungsminister habe außerdem den Wunsch nach einer Deeskalation betont.

Auch US-Außenminister Antony Blinken wies die Behauptungen zurück. Die russischen Vorwürfe seien falsch, schrieb Blinken am Sonntagabend (Ortszeit) auf Twitter. Er habe darüber mit seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba gesprochen und ihm die weitere Unterstützung der USA zugesagt.

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Als „schmutzige Bombe“ werden konventionelle Sprengsätze bezeichnet, die auch radioaktives Material verstreuen. Die Ukraine hat nach dem Zerfall der Sowjetunion ihre Atomwaffen abgegeben.

Kuleba spricht von „absurden Lügen“

„Die russischen Lügen über angebliche Pläne der Ukraine, eine ‚schmutzige Bombe‘ zu nutzen, sind so absurd wie sie gefährlich sind“, reagierte Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter. Die Ukraine stehe treu zum Atomwaffensperrvertrag. „Die Russen beschuldigen andere oft dessen, was sie selber planen“, warnte Kuleba in Kiew.

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Laut dem russischen Verteidigungsministerium spitzt sich die Lage in der Ukraine immer stärker auf eine „unkontrollierte Eskalation“ hin zu. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti behauptete, dass Kiew die Fertigstellung einer kleinen taktischen Atombombe faktisch abgeschlossen habe.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba.

© Ukrainian Foreign Ministry press-service/AFP

Die Ukraine sei bereit, diese auf eigenem Boden zu zünden, „um eine starke antirussische Kampagne zu starten, die das Vertrauen zu Moskau untergraben soll“.

Ungewöhnlicherweise sprach Schoigu am Sonntag auch zum zweiten Mal in zwei Tagen mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Es sei um die Lage in der Ukraine gegangen, hieß es. Ein Verweis auf das Atomthema fehlte in der Mitteilung des Verteidigungsministeriums in Moskau.

Austin teilte später mit, er habe jeden Vorwand für eine Eskalation zurückgewiesen. Kommunikation sei aber wertvoll gerade angesichts des „illegalen und durch nichts gerechtfertigten Krieges Russlands gegen die Ukraine“.

Selenskyj berichtet von „Telefonkarussell“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj berichtete unterdessen von einem „Telefonkarussell“ des russischen Verteidigungsministers mit den Ministern der Nato-Staaten Frankreich, Großbritannien, der Türkei und den USA. Die russischen Vorwürfe einer „schmutzigen Bombe“ wies er vehement zurück.

„Wenn jemand in unserem Teil Europas Atomwaffen einsetzen kann, dann ist es das nur einer - und dieser eine hat dem Genossen Schoigu befohlen, dort anzurufen“, sagte Selenskyj unter Anspielung auf Russlands Staatschef Wladimir Putin. Die Welt müsse klarstellen, dass sie nicht bereit sei, diesen „Schmutz“ zu schlucken.

Der russische Präsident Wladimir Putin (l) und Verteidigungsminister Sergej Schoigu nehmen an der Kranzniederlegung am Grab des Unbekannten Soldaten teil. (Archivbild)

© Foto: dpa/Alexander Zemlianichenko

„Wohin Russland auch geht, es hinterlässt Massengräber, Folterlager, zerstörte Städte und Dörfer, vermintes Land, zerstörte Infrastruktur und Naturkatastrophen“, sagte der Präsident. Die Ukraine versuche dagegen, ihren Menschen wieder ein normales Leben zu ermöglichen. „Wo die Ukraine ist, wird kein Leben zerstört.“

Experten schließen Eskalation nicht aus

Strategische Stabilität brauche ein Minimum an Vertrauen und verlässlicher Kommunikation, schrieb der Abrüstungsexperte Jean-Marie Guéhenno auf Twitter. „Wenn der russische Verteidigungsminister seine Kollegen glatt anlügt, ist das unverantwortlich und gefährlich.“ Russland könne das ukrainische Militär nicht stoppen und wende sich deshalb an die Staaten, die Einfluss auf die Ukraine hätten, schrieb der Moskauer Politologe Wladimir Frolow auf Twitter. 

Angesichts der ukrainischen Erfolge in Cherson und der westlichen Unterstützung für Kiew könnte Moskau versucht sein, „etwas zu tun“, meinte der Experte Alexander Gabuev von der US-Denkfabrik Carnegie. Putin werde eine Niederlage nicht hinnehmen. Die eng getakteten Gespräche zwischen Austin und Schoigu nach fünf Monaten Funkstille erregten Besorgnis.

Weniger dramatisch schätzte das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien ISW die Lage ein: Schoigus Äußerungen bereiteten keine russische Operation unter falscher Flagge vor, sie sollten die Nato-Länder einschüchtern und von der Hilfe für Kiew abhalten.

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine läuft seit Monaten nicht so, wie von Moskau geplant. Der Vormarsch geriet zunächst ins Stocken, inzwischen sind die russischen Einheiten sogar teilweise in die Defensive geraten. Vor diesem Hintergrund mehren sich Spekulationen über einen möglichen russischen Einsatz taktischer Atomwaffen gegen das Nachbarland. Moskau bestreitet derartige Absichten.

Am heutigen Montag ist der Einmarsch Russlands in das Nachbarland genau acht Monate her. Für die Ukraine ist es der 243. Tag im Abwehrkampf. (dpa/AFP)

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