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Unsichere Aussichten. Ein Arbeiter baut in einem Werk ein Getriebe zusammen.

© dpa

Schwaches erstes Halbjahr für Maschinenbauer: Was die deutsche Konjunkturschwäche für die EU bedeutet

Im ersten Halbjahr gingen neun Prozent weniger Bestellungen bei den deutschen Maschinenbauern ein als im Vorjahr. Was würde ein Abschwung für die EU bedeuten?

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat bereits im vergangenen April zu erkennen gegeben, dass er die deutschen Wachstumsaussichten skeptisch beurteilt. Eigentlich ging es bei der Pressekonferenz des Präsidenten im Elysée-Palast damals um die Konsequenzen aus den Gelbwesten-Protesten. Aber ganz nebenbei erklärte der französische Staatschef dann auch, dass Deutschland nach seiner Ansicht „am Ende eines Wachstumsmodells“ angelangt sei, das „sehr von den Ungleichgewichten in der Euro-Zone“ profitiert habe.

Macrons Einschätzung hat in erster Linie etwas damit zu tun, dass ihm das Auseinanderdriften der Volkswirtschaften in der Euro-Zone schon seit langem ein Dorn im Auge ist. Fest steht aber auch: Das Schwächeln der deutschen Wirtschaft wird in Frankreich sehr genau beobachtet. Im Nachbarland wird registriert, dass die exportorientierte deutsche Wirtschaft mehr als andere Volkswirtschaften vom Brexit, einem Abschwung in China und einer weiteren Abschottung der US-Ökonomie in der Ära des Präsidenten Donald Trump betroffen sein könnte. So sagte jüngst der Ökonom Rémi Bourgeot vom Pariser Institut für internationale und strategische Beziehungen (IRIS) dem Fernsehsender BFM-TV, dass sich das deutsche Exportmodell bislang für die Nachbarn nachteilig ausgewirkt habe. „Mit dem wirtschaftlichen Abschwung der vergangenen Monate ist es auch zu einem Nachteil für Deutschland selbst geworden“, fügte er hinzu.

Ökonom Gros: Abschwung erleichtert geldpolitische Diskussionen

Daniel Gros, Direktor der Brüsseler Denkfabrik Center für European Policy Studies (CEPS), geht indes davon aus, dass ein Abschwung in Deutschland etwa für die geldpolitische Diskussion in der Euro-Zone "vieles einfacher machen" würde. Bislang habe Deutschland in der Euro-Fiskalpolitik in erster Linie darauf gedrängt, dass andere Mitgliedstaaten zunächst einmal Strukturreformen einleiten müssten. "Diese Spannung scheint sich aufzulösen", sagte Gros dem Tagesspiegel.

Dass ein stotternder Konjunkturmotor in Deutschland auch den Rest der EU ökonomisch abwürge, lässt sich an den Zahlen nach den Angaben von Gros derzeit noch nicht ablesen. In den mittel- und osteuropäischen Ländern Polen, Ungarn und Tschechien, die bei der Zulieferung in der Industrieproduktion für Deutschland eine maßgebliche Rolle spielen, sei "merkwürdigerweise kein Abschwung zu verzeichnen", sagte Gros.

Die Schwierigkeiten insbesondere der Automobilindustrie sind keineswegs nur auf Deutschland beschränkt. Seit Ende des vergangenen Jahres schwächeln die Pkw-Zulassungszahlen sowohl in der Euro-Zone als auch in Großbritannien. Zwar lag EU-weit im Mai nach Angaben des Branchenverbandes Acea die Zahl der Neuzulassungen mit 1,4 Millionen um 0,1 Prozent über dem Vorjahresmonat. Allerdings brach die Zahl der in der EU neu zugelassenen Fahrzeuge im folgenden Monat gleich wieder um 7,8 Prozent ein.

Abkommen mit den Mercosur-Staaten ist noch nicht in trockenen Tüchern

Angesichts der fragilen Situation der europäischen Automobilindustrie richten sich jetzt die Hoffnungen in Brüssel auf das Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur. Ende Juni hatten die EU einerseits sowie Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay auf der anderen Seite eine politische Einigung über das Abkommen erzielt. Die Vereinbarung, die noch nicht in Kraft ist, soll den Südamerikanern unter anderem den Export von Nahrungsmitteln erleichtern, während sich die Europäer einen größeren Markt unter anderem für Maschinen und Chemikalien erhoffen. Die europäische Automobilindustrie setzt darauf, dass sich der Marktanteil in dem Staatenbund dank des Abkommens deutlich nach oben entwickeln wird.

Zum Stolperstein für das Abkommen könnten allerdings die Pariser Klimaziele werden, auf die vor allem Macron großen Wert legt. In dem Abkommen verpflichten sich die Mercosur-Staaten, ihre Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Doch danach sieht es derzeit nicht aus: Im Streit um Angaben zur Abholzung des Regenwaldes hatte die Regierung des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro in der vergangenen Woche den Direktor des Nationalen Instituts für Weltraumforschung (INPE), Ricardo Galvão, entlassen.

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