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Am Standort Niamey in Niger wird die Bundeswehr weiterhin Präsenz zeigen.

© dpa/Michael Kappeler

Einsatz in Mali endet: Was von Deutschlands Mission in der Sahelzone übrig bleibt

Ende April wird das Kabinett den Abzug der Bundeswehr aus Mali beschließen. Die Nachfolgemission im Nachbarland Niger ist viel kleiner. Damit könnte der Einfluss Russlands in der Region steigen.

„Welcome to Niami“ – so steht es in schwarz-rot-goldenen Buchstaben auf einem Pappschild im militärischen Flughafenbereich der Hauptstadt des Niger. Die heißt eigentlich Niamey, doch die hier stationierten Bundeswehrsoldaten haben sich einen Spaß erlaubt, weil sie vielleicht lieber in Floridas Freizeitparadies Miami wären. Eine Tischtennisplatte immerhin gibt es im Warteraum.

Bald wird der Standort Niamey zusammen mit einer Art Militärschule etwas näher an der Grenze zu Mali der einzige verbliebene sein, an dem deutsche Truppen noch Präsenz in der krisengeplagten Sahelzone zeigen. Noch läuft der mit Abstand größte Bundeswehreinsatz im Nachbarland, der Abzug bis Ende Mai nächsten Jahres ist aber fertig durchgeplant.

Am 26. April wird das Bundeskabinett das entsprechende Mandat verabschieden, ehe der Bundestag im Mai nach Afghanistan die nächste große Auslandsoperation beenden und rund 1100 Soldatinnen und Soldaten nach Hause holen wird – über das Drehkreuz Niamey.

Anfangs war es nur als vorübergehender Ersatz für den malischen Hauptstadtflughafen Bamako gedacht, weil sich das Militär dort 2021 endgültig an die Macht putschte und es den deutschen Truppen mit verweigerten Überfluggenehmigungen immer schwerer machte. Inzwischen wird längst offen mit Russland kooperiert, ein Zurück gibt es für die deutschen Truppen nicht.

Auch Wahlverschiebung würde nichts mehr ändern

Auch der Ursprungsplan der Bundesregierung, zumindest noch die Rückkehr zur Demokratie mit Wahlen abzuwarten, wird nur eingehalten, wenn sie nach Plan im Frühjahr 2024 stattfinden, wie Nils Schmid als außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion bestätigt: „Auf das Spiel einer neuerlichen Wahlverschiebung könnten wir uns nicht mehr einlassen.“

Über die viel kleinere Nachfolgemission in Niger berät das Parlament schon kommenden Mittwoch. Nur bis zu 60 Bundeswehrkräfte werden dann noch vor Ort sein und die Armee des Landes ausbilden, damit sie als Teil einer neuen EU-Trainingsmission Stabilität in das von dschihadistischen Gruppen beanspruchte Grenzgebiet zu Mali und Burkina Faso bringen kann.

Seit sich die Franzosen, zu deren Unterstützung die Bundeswehr überhaupt erst ihre Truppenpräsenz im Sahel so stark ausbaute, aus dem Anti-Terror-Kampf wie auch aus der UN-Blauhelmmission zurückgezogen haben, hat auch Deutschland seine Ziele in der Sahelregion deutlich herunterschrauben müssen.

An den Gründen dafür hat sich wenig geändert. Durch die Region werden Drogen, Waffen und Menschen Richtung Europa geschmuggelt. „Die sich gegenseitig verschärfenden multidimensionalen Krisen im Sahel“, heißt es zur Begründung für das neue Niger-Mandat, „berühren außen- und sicherheitspolitische Interessen Deutschlands und Europas unmittelbar.“

Es stimmt, wir überlassen Russland in gewisser Weise das Feld.

Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

Vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise drängten Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die damalige Kanzlerin Angela Merkel zuletzt beim G7-Gipfel 2019 auf ein noch stärkeres Sahel-Engagement.

Das befürwortete lange auch die neue Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), weil mit dem russischen Engagement noch ein gewichtiges Argument hinzutrat, nämlich Moskaus Einfluss in Afrika einzudämmen. Letztlich aber setzte sich die Linie von Verteidigungsministerium und Kanzleramt durch, dass die Operation den eigenen Leuten ohne Luftaufklärung nicht mehr zumutbar sei.

„Es stimmt, wir überlassen Russland in gewisser Weise das Feld“, sagt SPD-Mann Schmid. „Die Mission aber nur weiterzuführen, um das zu verhindern, ist zu wenig.“ Gleichwohl bedauert auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) „sehr, dass der Einsatz auf diese Art und Weise ein Ende findet“, wie er erst diese Woche beim Besuch der deutschen Kräfte in Gao sagte: „Wenn wir tun könnten, wofür wir hergekommen sind, würden wir bleiben.“

Jetzt soll es die Entwicklungspolitik richten

Weil Deutschland nach Ansicht der Grünen-Sicherheitspolitikerin Agnieszka Brugger gerade unter der Zivilbevölkerung einen „exzellenten Ruf“ genießt, findet sie es „umso bedauerlicher“, dass „die Probleme mit der malischen Militärregierung und die Kooperation mit den russischen Söldnern dafür sorgen, dass der Auftrag nicht mehr erfüllt werden kann“.

Die Hoffnung darauf, dass dem Interesse an einer friedlicheren Sahelzone trotz des militärischen Mini-Engagements noch Rechnung getragen wird, ruht nun ganz auf der Entwicklungshilfe. Die Botschaft, die die zuständige Ministerin Svenja Schulze (SPD) mit Pistorius vor Ort überbringen wollte, war daher klar: Das Ende des Militäreinsatzes in Mali soll nicht als Ende des Einsatzes für die Region missverstanden werden. Aus der Praxis verfüge man über „Methoden, wie wir auch unter schwierigen Bedingungen arbeiten können“.

Die Zweifel in der Region sind dennoch groß. „Für Minusma wird es sehr schwierig ohne die deutschen Truppen“, sagt Hawa Ahmed Youssouf, die im Auftrag der Vereinten Nationen die zivilgesellschaftlichen Projekte vor Ort betreut. Adäquater Ersatz für sicheres Geleit dorthin ist noch nicht gefunden.

Deutschland ist trotzdem raus aus Mali. Ab Juni 2024 heißt es nur noch: „Welcome to Niami“.

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