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Bundesbauministerin Klara Geywitz bei einem Rundgang auf der Baustelle des Gewobag-Bauvorhabens Buckower Höfe im Süden des Berliner Stadtteils Neukölln zu einem Rundgang.

© Imago/Snapshot/Florian Boillot

Wohnungsmangel in Deutschland: CDU sieht in Baupolitik der Ampel „Gefahr für sozialen Frieden“

Am Dienstag wird bekannt, wie viele Wohnungen 2022 fertiggestellt worden sind. Wieder dürfte die Koalition ihr Ziel von 400.000 Neubauten verfehlt haben.

Angesichts der sinkenden Zahl von Neubauten attackiert die Opposition die Wohnungsbaupolitik der Ampel-Koalition. „Experten gehen von einem aktuellen jährlichen Bedarf von 500.000 bis 700.000 neuen Wohnungen aus“, sagte die CDU-Baupolitikerin Mechthild Heil dem Tagesspiegel. Im schlimmsten Fall „würde die Ampel-Koalition davon im nächsten Jahr weniger als ein Drittel erreichen“. Dieses Versagen habe das Potenzial, „zu einer großen Gefahr für den sozialen Frieden in Deutschland zu werden“.

Heil forderte verstärkte steuerliche Anreize zum Wohnungsbau. „Wir müssen dafür sorgen, dass Bauland in ausreichender Menge und für bezahlbare Preise zur Verfügung steht“, sagte die CDU-Politikerin: „Familien brauchen auch einen Zuschuss für das Bauen, wie zuvor beim Baukindergeld, nicht nur Zinsverbilligungen.“

Nur 293.393 neue Wohnungen im Jahr 2021

Die Ampel hatte im Koalitionsvertrag 2021 den „Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen“, als Ziel definiert. Am Dienstag will das Statistische Bundesamt die tatsächliche Zahl bekannt machen. Bitter für Bauministerin Klara Geywitz (SPD): Wieder dürfte diese bei unter 400.000 liegen. Im Jahr 2021 wurden in Deutschland 293.393 Wohnungen fertiggestellt. Das waren vier Prozent weniger als 2020. Der 2011 begonnene jährliche Anstieg der Zahl fertiggestellter Wohnungen endete damit 2021.

Neben externen Problemen habe das „chaotische Vorgehen“ der Bundesregierung die Baubranche verunsichert, sagte CDU-Baupolitikerin Heil. „Immer neue Vorschriften“ und vielstimmige Debatten wie die über das Heizungsgesetz störten das Marktklima für den Wohnungsbau. „Bau- und Immobilienwirtschaft brauchen einen starken Impuls und klare Zukunftsperspektiven“, sagte Heil. Die Bauförderung der Ampel-Koalition sei dafür „völlig unzureichend“. Die starre Kopplung der aktuellen Förderung an „extrem hohe (und damit teure) Energieeffizienzstandards verhindert eine Stabilisierung beim Wohnungsbau“.

FDP will „schneller, günstiger, mehr“ bauen

Sandra Weeser (FDP), Vorsitzende des Wohn- und Bauausschusses des Bundestages, spricht von einem „Wohnungsmarkt in einer historisch ungünstigen Lage“. Durch eine Nettozuwanderung von 1,5 Millionen Menschen in einem Jahr steige der Bedarf an Wohnraum rapide an. „Das Credo der Stunde muss heißen: schneller, günstiger und mehr bauen“, sagte die FDP-Politikerin dem Tagesspiegel. Das neue Förderprogramm von insgesamt 14 Milliarden Euro bis 2026 setze Impulse, um den sozialen Wohnungsbau wieder anzukurbeln.

„Angespannte Wohnungsmärkte dürfen nicht durch noch strengere mietpreisregulierende Vorschriften drangsaliert werden“, sagte Weeser: „Das Gerüst an Regeln und Normen droht die Baubranche zu ersticken.“ Es müsse etwa „mehr in die Höhe statt in die Fläche“ gebaut werden.

SPD für digitalen Bauantrag

Bernhard Daldrup, Bau-Obmann der SPD, rechnet für dieses Jahr mit dem Bau von „knapp 280.000 Wohnungen, im nächsten Jahr werden es vermutlich nicht mehr“. Er sprach von einer „Verdreifachung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau“, die dazu führen werden, dem Ziel von bis zu 100.000 sozialgeförderten Wohnungen näherzukommen. „Der digitale Bauantrag muss endlich auf den Weg gebracht, muss deutschlandweit zum Standard werden“, sagte Daldrup. Es gelte, den Fachkräftemangel zu reduzieren.

Grüne für „Nachverdichtung“

Die grüne Baupolitikerin Anja Liebert, plädiert dafür, „die Potenziale im Bestandsausbau und in der Nachverdichtung besser auszuschöpfen“. Eine Novelle des Baugesetzbuches werde Umbau, Dachaufstockungen und Umnutzung bestehender Immobilien in Wohnraum vereinfachen.

„Die zu erwartenden Neubauzahlen für 2023 und wohl auch für 2024 müssen derzeit beständig nach unten angepasst werden“, sagt Roger Beckamp, Obmann der AfD im Bauausschuss.

Mehr Neubau lässt sich aktuell nur durch erheblich stärkere Förderung des öffentlichen Wohnungsbaus erreichen

Caren Lay, Linke

Caren Lay, Sprecherin der Linken für Bau und Mieten, nannte die Baupolitik der Bundesregierung „grandios gescheitert“. Der Neubau sei „fast komplett zum Erliegen gekommen angesichts der Zins- und Baupreisentwicklung. Auch 2023 und 2024 werden die Neubauziele mit Sicherheit gerissen.“

„Mehr Neubau lässt sich aktuell nur durch erheblich stärkere Förderung des öffentlichen Wohnungsbaus erreichen“, sagte die Linken-Abgeordnete. Es könne nicht sein, „dass Häuslebauer die Grunderwerbsteuer bezahlen müssen und Wohnungskonzerne wie Vonovia diese Steuer durch Share Deals umgehen können“. Für den Bau von Sozialwohnungen und für die erste Immobile selbst nutzender Eigentümerinnen solle „keine Grunderwerbssteuer anfallen“.

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