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Die Currywurst gibt es im Bundestag täglich in fünf Variationen.

© DPA

Würste, Steaks und Braten?: Der Bundestag will gesünderes Essen – zumindest ein bisschen

In der Kantine des Deutschen Bundestages kamen bislang vor allem fleischhaltige Gerichte auf die Teller. Nun aber sucht der Bundestag neue Betreiber und fordert mehr Bio-Lebensmittel.

Für Karl Lauterbach ist der Gang in die Kantine des Bundestags schon häufiger mit einer Enttäuschung verbunden gewesen: „Da bin ich so manches Mal entlanggeschlichen, in der Hoffnung, dass ich noch etwas Obst abgreifen kann. Aber nur in den seltensten Fällen hatte ich da Erfolg!“, sagte der Gesundheitsminister unlängst dem Sender „ntv“ und wetterte gegen das Angebot: „Ich habe dort oft den Eindruck gehabt, als ob der Kantinenbetreiber aus München käme. Weil Weißwürste, Senftöpfe und dergleichen, das hat mich nicht angesprochen.“

Nun ist der SPD-Politiker, der seit den 80er Jahren auf Fleisch und Salz verzichtet, dafür aber Schokolade und Wein schätzt, vielleicht nicht der leichteste Gast für eine öffentliche Kantine, doch der Blick ins Menü der Bundestagskantine bestätigt Lauterbachs Eindruck: Täglich gibt es im Parlament, wo rund 8000 Menschen arbeiten, vor allem Würste, Steaks und Braten. In der kommenden Woche etwa Geschnetzeltes, Hähnchen-Nuggets, Tafelspitz, Gulasch, Hackbraten und ein halbes Hähnchen. Vegetarische Kost gibt es – aber deutlich weniger.

Wie berichtet, soll sich das nun ändern. Der bisherige Caterer, die Dussmann Catering, hat zum Jahreswechsel gekündigt, ein neuer Betreiber ist noch nicht gefunden. Nach langer Debatte im Ältestenrat gibt es inzwischen immerhin eine Ausschreibung für die verschiedenen gastronomischen Angebote, die es im Bundestag gibt.

Darin wird für die Kantine und die Cafeteria, die täglich zwischen 900 und 1500 Besucher hat, verlangt, dass es täglich drei vollwertige Tellergerichte gibt, von denen eines vegetarisch oder vegan sein muss. Dies entspricht dem Status Quo. Außerdem soll der Kaffee „ausschließlich aus nachhaltigem Anbau und aus fairem Handel“ sein. Und weiter: „Der Anteil von Bio-Produkten soll mindestens 20 Prozent betragen und während der Vertragslaufzeit kontinuierlich gesteigert werden.“

30
Prozent soll der Bio-Lebensmittel-Anteil im Bedienrestaurant künftig betragen.

Auch für das Bedienrestaurant im Jakob-Kaiser-Haus und die Mitarbeiterkantine im Paul-Löbe-Haus, wo an Spitzentagen 1500 Mittagessen ausgegeben werden, macht die Ausschreibung klare Vorgaben. So soll es auch hier mindestens ein vegetarisches Essen und einen Bio-Lebensmittelanteil von 30 Prozent im Bedienrestaurant und 20 Prozent in der Mitarbeiterkantine geben. Bis zum 3. Mai können sich interessierte Firmen bewerben.

Mit der Ausschreibung sind die Grünen, die sich für einen noch höheren Bio-Anteil und ein verpflichtendes veganes Essen jeden Tag eingesetzt hatten, nur teilweise zufrieden. „Ein Schritt in die richtige Richtung, dennoch hätten wir von den Grünen uns hier noch mehr gewünscht“, bilanziert Anja Reinalter, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag.

So seien die Begriffe „regional“ und „saisonal“ nicht definiert worden und auch eine sukzessive Steigerung des Bio-Anteils hätte sie befürwortet. „Ich selbst beobachte es immer wieder, wie wichtig vegetarische oder vegane Alternativen sind, sodass für jeden etwas dabei ist“, sagt Reinalter.

Der ernährungspolitische Sprecher der Union, Albert Stegemann, ist dagegen zufrieden, dass sich nicht allzu viel ändern soll. „Die Besucher der Bundestagskantine haben die Auswahl und können selbst entscheiden, was sie essen wollen. Dazu gehört auch Fleisch. Diese Selbstverständlichkeit zu wahren, war uns wichtig “, sagt er dem Tagesspiegel. Es müsse nicht alles Bio sein. „Wichtiger sind regionale und saisonale Produkte“, erklärt Stegemann, der selbst Landwirt ist.

Auch Stegemanns Parteichef, Friedrich Merz, hat sich unlängst als Fan der Bundestagskantine geoutet. „Heute gab es noch mal Currywurst“, schrieb Merz Mitte Dezember bei Twitter und postete ein Bild von sich aus dem sogenannten „Lampenladen“ mit einem Teller Pommes und Wurst.

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Wie der Bundesadler und die gläserne Kuppel gehört auch die Currywurst zum Inventar des Bundestages. Jeden Tag gibt es sie in fünf Varianten – mit Chili, mit und ohne Darm, vegetarisch und vegan. Letztere kostet mit 5,70 Euro übrigens einen Euro mehr als die konventionelle Currywurst.

„Was in Kantinen angeboten wird, ist immer ein Spiegel dessen, was der Tischgast will“, sagt Esther Schnur. Die Ernährungswissenschaftlerin arbeitet für die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), die seit 1996 Kantinen zertifiziert, die gesundheitsfördernde Gerichte im Angebot haben. Die Bundestagskantine ist seit dem Jahre 2013 zertifiziert.

Das Zertifikat, das nur 206 weitere Kantinen in Deutschland haben, bedeutet jedoch nur, dass im Angebot mindestens ein Gericht ist, das den Richtlinien der DGE entspricht. „Generell plädieren wir für viel Pflanzliches und wenig Tierisches, damit kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Es ist gesünder für die Menschen und gut für die Umwelt“, sagt Schnur.

Die Ernährungsexperten empfehlen maximal zweimal die Woche Gerichte mit Fleisch, einmal Fisch und zweimal vegetarisch. Mit Blick auf die Speisekarte ist Schnur einigermaßen zufrieden – denn vorschreiben will die Ernährungswissenschaftlerin nichts: „Man kann sich im Bundestag bei richtiger Auswahl gesund ernähren, man kann aber auch jeden Tag Currywurst essen.“

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