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Rund 1000 Schüler:innen gehen auf das OSZ.

© AFP/ODD ANDERSEN

Amokalarm und Klima-Kleber: Doppelte Großlage hält Potsdam in Atem

Am Schulkomplex in der Jägerallee war die Polizei mit Spezialkräften im Einsatz. Das Gebäude wurde durchsucht. An der Langen Brücke lief eine Störaktion der „Letzten Generation“.

Zwei Großlagen haben am Montag in Potsdam die Polizei in Atem gehalten und für ein Verkehrschaos gesorgt. Am Montagmittag um 13.46 Uhr war im Oberstufenzentrum 1 in der Jägerallee Amokalarm ausgelöst worden.

Rund 100 Polizeieinsatzkräfte, darunter das Spezialeinsatzkommando (SEK), rasten zu der Schule, sperrten das Gelände weiträumig ab, brachten Schülerinnen und Schüler größtenteils in Sicherheit und durchsuchten schwerbewaffnet Klassenraum für Klassenraum. Gut drei Stunden später konnte die Polizei Entwarnung geben: Es sei ein Fehlalarm gewesen.

Nahezu zeitgleich haben am Montagnachmittag Klimaschutz-Aktivisten erstmals eine Straße in der Innenstadt von Potsdam blockiert. Acht Mitglieder der Letzten Generation klebten sich nach Angaben der Polizei auf der Langen Brücke an der Fahrbahn oder an anderen Teilnehmern der Protestaktion fest.

Letzte Generation protestiert in Potsdam

© LETZTE GENERATION/LETZTE GENERATION

Nach Angaben von Thomas Simonis, Leiter des Polizeireviers Potsdam, dauerte die Protestaktion auf einer der zentralen Verkehrsachsen der Landeshauptstadt mehr als zwei Stunden - unter anderem, weil einer der Aktivisten aufwendig mit Aceton von der Fahrbahn gelöst werden musste. Simonis zufolge darf die Polizei dieses Mittel nur in Anwesenheit eines Arztes einsetzen. Folge der gesamten Klebe-Aktion war ein langer Stau durch die gesamte Stadt. Blockiert waren die Lange Brücke und wegen des Amokalarms auch die Jägerallee und Teile der Hegelallee.

Zudem sorgte der Klima-Kleber-Einsatz für zusätzliche Anspannung bei der Polizei, die zeitgleich den Amokalarm aufklären musste - und dabei bis die Lage geklärt ist immer davon ausgehen muss, dass es sich um einen Ernstfall handeln könnte. Dabei sind die Polizeikräfte nicht nur personell gefordert gewesen. Es habe durch die Klima-Aktivisten das Risiko bestanden, dass „Rettungskräfte nicht durchkommen“, hatte Beate Kardels, Sprecherin des Polizeipräsidiums in Potsdam, gegenüber der Märkischen Allgemeinen Zeitung gesagt.

Die Klima-Protestierenden allerdings wiesen das zurück - sie hätten sich absichtlich nicht alle festgeklebt, um ein Durchkommen von Rettungsfahrzeugen zu ermöglichen.

Während sich auf vielen Straßen die Autos stauten, boten sich in der Jägerallee teils erschreckende Bilder. SEK-Beamtinnen und -Beamte waren schwerbewaffnet und maskiert auf dem Areal des Oberstufenzentrums im Einsatz. Eine Polizeidrohne kreiste zeitweise über dem Gelände. „Wir haben alles rausgeschickt, was wir haben“, sagte Mario Heinemann, Sprecher des Polizeipräsidiums Potsdam, zu Beginn des Einsatzes.

Einsatzkräfte der Polizei sind im Oberstufenzentrum in der Jägerallee im Einsatz.

© dpa/Paul Zinken

Das Gelände um die Garde-Ulanen-Kaserne, in der sich auch die DKB-Bank befindet, war weiträumig abgesperrt. Etwa eine Stunde nach der Alarmierung wurde das Oberstufenzentrum geräumt. Schülerinnen und Schüler verließen die Schule teils rennend.

Die Sicherheitskräfte durchkämmten das Gebäude dann Raum für Raum. Die Türen verriegelten sich bei dem Amokalarm automatisch, so dass ein möglicher Täter nicht in die Räume eindringen könne, so Polizeisprecher Heinemann.

Alarm wurde durch Alarmknopf ausgelöst

Der Alarm sei durch einen Alarmknopf ausgelöst worden, hieß es später. Die Schulleitung habe dann die Polizei alarmiert. Es seien rund 100 Polizeikräfte vor Ort im Einsatz gewesen, neben dem Sondereinsatzkommando (SEK) auch der Wach- und Wechseldienst und Bereitschaftspolizei.

In den ehemaligen Reithallen und Pferdeställen der Garde-Ulanen-Kaserne ist zusammen mit dem Oberstufenzentrum 1 (OSZ 1) neuerdings auch das neu gegründete Gymnasium Bornstedt untergebracht. Es hat derzeit nur eine siebte Klasse. Das OSZ 1 besuchen den Angaben zufolge insgesamt rund 1000 Berufsschülerinnen und -schüler, die jedoch nicht jeden Tag alle vor Ort sind

Ausnahmezustand in der Potsdamer Innenstadt.

© AFP/ODD ANDERSEN

Am Jägertor war der Wärmebus der Feuerwehr für Betroffene einer möglichen Tat vor Ort, dort wärmten sich zeitweise Schülerinnen und Schüler auf, die wegen des Alarms mitten im Sportunterricht ins Freie mussten. In dem Bus wurden die Jugendlichen mit Essen und Getränken versorgt. Am Jägertor war auch ein Sammelpunkt für Eltern eingerichtet, die auf ihre Kinder warteten.

Ein Polizist führt die Schüler aus dem Gebäude des Oberstufenzentrums.

© AFP/ODD ANDERSEN

Klimaaktivisten protestieren auf der Langen Brücke

Auf der Langen Brücke lösten unterdessen speziell dafür ausgebildete Bereitschaftspolizisten die Klima-Kleber von der Fahrbahn und voneinander. Gegen alle acht Aktivisten im Alter von 18 bis 63 Jahren wurden Strafanzeigen gestellt und Platzverweise ausgesprochen. Die Gruppe entfernte sich daraufhin vom Ort des Geschehens. Die Versammlung war nicht angemeldet.

Der Einsatz war nach rund zwei Stunden beendet. Die Blockade in Potsdam war Teil einer bundesweiten Störaktion. Die Aktivisten forderten nach eigenen Angaben von der Bundesregierung die Einberufung eines Gesellschaftsrates als Notfallsitzung der Bevölkerung. Dieser solle angemessene Schutzmaßnahmen gegen den Klimakollaps auf den Weg bringen.

Acht Aktivisten der „Letzten Generation“ blockierten am Montag in Potsdam den Verkehr.

© IMAGO/aal.photo/IMAGO/JONAS GEHRING

Der Wahlkreis von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) umfasst auch Potsdam. Zudem lebt er in Brandenburgs Landeshauptstadt. Für Dienstag lädt die „Letzte Generation“ zu einer Krisensitzung ins Freiland-Jugendzentrum an der Friedrich-Engels-Straße 22 in Potsdam ein.

Am Freitag sind zum nächsten internationalen Klimastreiktag nach Angaben von „Fridays for Future“ auch in Brandenburg Proteste geplant. Zu Aktionen werde unter anderem in Potsdam, Eberswalde, Cottbus, Frankfurt an der Oder, Neuruppin, Wittenberge und Senftenberg aufgerufen, hieß es. Gerade die Haltung von Brandenburgs Landesregierung zum Kohleausstieg sei für junge Brandenburgerinnen und Brandenburger „Grund für Wut“. Als eine der letzten blockiere sie mit ihren Plänen den Kohleausstieg bis spätestens 2030.

Die „Letzte Generation“ hatte in Potsdam bereits im Oktober für Aufregung gesorgt. Eine Frau und ein Mann hatten im Museum Barberini Kartoffelbrei auf das mit Schutzglas versehene Gemälde „Getreideschober“ von Claude Monet (1840 - 1926) geschüttet. (mit dpa/epd)

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